Immer, wenn ich einsam bin, zieht es mich zum Feuer hin: Till Lindemann, Texter und Sänger der deutschen Kultband Rammstein, beschreibt in dem Lied „Hilf mir“ den mentalen Zustand einer Pyromanin.
Auch Dennis A. (Name von der Redaktion geändert) aus Wissen erklärt der Polizei nach seiner Verhaftung, dass er die Feuer in seinem Heimatort deshalb gelegt habe, weil er den Anblick von Flammen liebe.
Am Betzdorfer Amtsgericht indes lässt der 32-Jährige am Mittwoch durch seinen Verteidiger klarstellen, dass er keineswegs pyromanisch veranlagt sei. Und trotzdem lassen sich die Rammstein-Verse auf Dennis A. anwenden:
Sein Anwalt konstatierte, dass A. im November 2019 mit seinem Leben unzufrieden gewesen sei. Dass er regelmäßig Schnaps und Bier in hohen Mengen getrunken sowie ausgiebig gekifft habe, habe die Situation nicht gerade verbessert: „Er war halt sehr frustriert. So hat er seine Unzufriedenheit zum Ausdruck gebracht.“ Ein Geständnis also, gleich zu Verhandlungsbeginn.
A. habe durch sein Verhalten Verletzungen von Personen billigend in Kauf genommen
Im November 2019 schlägt sich Dennis A. mehrere Nächte in Wissen um die Ohren. Er spaziert betrunken durch die kühle Nacht, und immer, wenn er Mülleimer, Mülltonnen oder Müllcontainer passiert, überkommt ihn der Drang, sie in Brand zu stecken.
Und so kommt es in dieser Zeit zu zwei größeren Bränden am Norma, zu einem Brand bei Venezia Grill und Pizzeria und zu einem Brand an einem Einfamilienhaus.
Seine Vorgehensweise ist immer dieselbe: A. kramt in den Tonnen nach brennbarem Material, zückt sein Feuerzeug – und „Feuer frei!“ Die Flammen schwärzen ganze Hauswände, zersprengen Glastüren, beschädigen Fahrräder, schmelzen die Tonnen zu einer giftigen Plastikmasse zusammen, die gefährliche Rauchwolken in die Fenster der angrenzenden Wohnhäuser weht.
Angeklagt ist A. wegen gefährlicher Brandstiftung. Er habe durch sein Verhalten billigend in Kauf genommen, dass Personen verletzt werden könnten. Ferner muss sich A. wegen Besitzes von Marihuana verantworten – und, weil er in einer Nacht seine Zerstörungswut auch am Wissener Bahnhof ausgelebt hatte.
Glücklicherweise waren bei allen Bränden entweder Feuerwehrleute oder Polizisten schnell zur Stelle. Die Feuerwehr musste teilweise Leute aus angrenzenden Wohnungen aus den Betten klingeln: Verdacht auf Rauchvergiftung. Doch blieb dieser Verdacht unbestätigt.
Als A. zweimal als erster Passant am Ort des Brandes war, wird ein Feuerwehrmann misstrauisch
Allerdings entstanden Sachschäden in Höhe von mehreren Tausend Euro. Dass die Flammen auf angrenzende Häuser hätten übergehen können – auf diese Idee war Dennis A. gar nicht gekommen: „Ich dachte, die Tonnen brennen ab – und das war es dann. Dass Gebäude brennen – das habe ich nicht gewollt.“
Tatsächlich hatte Dennis A. nach einer Brandlegung selbst die Feuerwehr gerufen. Warum? „Weil das Feuer dann doch zu groß wurde“, so der Angeklagte.
Als die Feuerwehr eintrifft, steht der Wissener mit einer Fluppe im Mundwinkel vor seinem „Werk“ – und gafft. Beim nächsten Feuerwehreinsatz, noch in derselben Nacht, ist A. wieder „ganz zufällig“ der erste Passant vor Ort.
Ein Feuerwehrmann wird misstrauisch, macht die Polizei auf A. aufmerksam. Am Ende ist es dann aber ein Überwachungsvideo, das A. überführt.
Übrigens: In einer Brandnacht wurde ein Abiturient ganz unverhofft zum Helden. Der sympathische Wissener traf Dennis A. an der Tanke, gab dem 32-Jährigen sogar ein Bier aus. „Auf dem Weg zurück sah ich dann, dass bei der Pizzeria Venezia Mülltonnen in Flammen stehen“, so der junge Mann. Weil er kein Handy dabei hat, hält er mit A. ein Auto an, ruft die Feuerwehr.
„Eine Frau hat mir einen Feuerlöscher in die Hand gedrückt“, erinnert er sich. Und so habe er in Sachen Löschung erste Vorarbeit geleistet. Tatsächlich bestätigt ein Polizist: „Hätte er nicht so früh gelöscht, dann wären die Familien in den Wohnhäusern in Lebensgefahr gewesen.“
Die Verhandlung soll am 23. Juni fortgesetzt werden. Die Rhein-Zeitung wird weiter berichten.