Einen Tag nach dem Fund der Leiche der zwölfjährigen Luise aus Freudenberg finden sich kaum Hinweise in dem Friesenhagener Waldstück rund um die Stelle der grausigen Entdeckung. Lediglich unzählige Schuhabdrücke und Reifenspuren im Schlamm lassen das Aufgebot an Beamten erahnen, das hier, rund 350 Meter von der nordrhein-westfälischen Grenze und dem Freudenberger Ortsteil Hohenhain entfernt, auf die Tote stieß. Am Montag wurde dann auch klar: Das Mädchen ist einem Gewaltverbrechen zum Opfer gefallen.
Umso heftigere Wellen wirft der Tod der kleinen Luise, die seit Samstagabend als vermisst galt. So ist auch im Landkreis Altenkirchen die Nachricht vom Tod des Mädchens mit Bestürzung und Erschütterung aufgenommen worden.
Große Trauer in der Region
„Im Namen aller Menschen im Kreis Altenkirchen möchte ich den Angehörigen mein tiefes Mitgefühl und aufrichtiges Beileid aussprechen – auch wenn es in solchen Stunden eigentlich keine Worte gibt, um den Schmerz richtig zu beschreiben“, heißt es in einer ersten Stellungnahme von Landrat Peter Enders.
Viel zu früh sei hier ein Leben zu Ende gegangen. „Ich möchte daher alle Mitbürgerinnen und Mitbürger bitten, Luise und ihre Familie in ihre Gebete einzuschließen oder ihrer in einer anderen Form zu gedenken“, so Enders weiter.
Im Foyer des Kreishauses wurde als kleines Symbol der Anteilnahme eine Trauerkerze entzündet. Zugleich drückte der Landrat seine Erwartungshaltung aus, dass es bei den Ermittlungen zur Todesursache eine gute grenzüberschreitende Zusammenarbeit der nordrhein-westfälischen und rheinland-pfälzischen Behörden gibt.
Am Sonntagabend wurde es schreckliche Gewissheit: Das seit Samstagabend vermisste Mädchen aus Freudenberg ist tot. Nach intensiver Suche hatten Polizisten den Leichnam der Zwölfjährigen in einem Waldstück entdeckt.Polizei bestätigt Tod vermisster Zwölfjähriger: Staatsanwaltschaft geht von einem Verbrechen aus
Betroffen zeigte sich auch Andreas Hundhausen, Bürgermeister der Verbandsgemeinde Kirchen: „Was in Hohenhain passiert ist, macht mich fassungslos und traurig. Es fehlen einem dazu schlichtweg die passenden Worte, wenn ein junger Mensch aus dem Leben gerissen wird“, sagt er gegenüber unserer Zeitung. „Ich wünsche – auch im Namen aller Bürgerinnen und Bürger der Verbandsgemeinde Kirchen – allen Beteiligten, insbesondere Luises Familie, viel Kraft für die kommende Zeit“, so der Rathauschef.
Natürlich hat der Leichenfund auch die Ortsgemeinde Friesenhagen erschüttert. Die Flaggen hängen vor dem Verwaltungsgebäude auf Anordnung von Ortsbürgermeister Norbert Klaes seit Montag auf halbmast. An der Verschiebung der für Donnerstag anberaumten Einwohnerversammlung führt für ihn aufgrund der aktuellen Entwicklung kein Weg vorbei, wie er unserer Zeitung erklärt.
Der Ortsbürgermeister zeigt sich selbst schockiert und irritiert: „Ich habe immer gedacht, das passiert nur in Städten.“ Bis zuletzt, bis zur Nachricht über den Leichenfund, habe er noch die Hoffnung gehabt, dass das Mädchen lebend gefunden werde. Eigentlich könne man die Tat nicht in Worte fassen, sagt der Ortschef und startet dann doch einen Versuch: Mit „traurig, hilflos, bestürzt“ fasst er die Gemütslage in Friesenhagen zusammen. Seine Gedanken seien nun bei der Familie und den Freunden des Mädchens.
Klaes gibt der Fundort der Leiche zu denken, der in entgegengesetzter Richtung zu der Strecke liegt, den Luise eigentlich auf dem Weg zu ihrem Elternhaus hätte nehmen müssen. Der Radweg in der Nähe sei zwar bei gutem Wetter tagsüber von Radfahrern und Wanderern frequentiert, aber das Gegenteil sei bei den derzeitigen Witterungsverhältnissen in den Abendstunden der Fall.
Zwölfjährige kam durch ein Gewaltverbrechen ums Leben
Es bleiben Fragen: Wo traf Luise auf den Menschen, der sie getötet hat? Wie hat sich die grausame Tat ereignet? Ist der Fundort auch der Tatort? Bisher ist bekannt, dass die durchgeführten Ermittlungen den Verdacht bestätigt haben, dass das Mädchen Opfer eines Tötungsdeliktes geworden ist. So formulierte es der Sprecher der Staatsanwaltschaft in Koblenz. Eine Gewalttat wird demnach bestätigt, für ein Sexualdelikt gebe es bislang keine Hinweise.
Genaueres sollen die Obduktionsergebnisse offenbaren, mit denen für heute gerechnet wird. „Die Ermittlungen laufen auf Hochtouren“, sagte der Sprecher weiter. Mehr wollte er aus ermittlungstaktischen Gründen nicht preisgeben. Doch am späten Montagnachmittag gab es dann seitens der Ermittlungsbehörde doch den Hinweis, dass man in diesem Fall nicht im Dunkeln tappe, sondern konkrete Spuren verfolge.
Was gesichert ist: Die zwölfjährige Luise war zuletzt am Samstag gegen 17.30 Uhr in Freudenberg gesehen worden, als sie sich nach dem Besuch einer Freundin auf den Heimweg machte. Als das Mädchen nicht nach Hause kam, begann noch am Abend die Suche mit starken Kräften von Polizei und Feuerwehr. Auch Flächensuchhunde und auf Personen spezialisierte Mantrailer-Hunde kamen zum Einsatz. In der Nacht überflog ein Hubschrauber mit einer Wärmebildkamera das Gebiet.
Nachdem die ganze Nacht hindurch gesucht worden war, kamen nach dpa-Informationen am Sonntagvormittag noch Kräfte einer Einsatzhundertschaft der Kölner Bereitschaftspolizei hinzu. Kurz vor 14 Uhr wurde dann der Fund des Leichnams berichtet.
Doch nicht nur im Kreis Altenkirchen wühlt das Schicksal des Mädchens die Menschen auf – auch in dessen Heimatstadt Freudenberg. Dort denkt ein Mann laut nach: „Was, wenn das meine Tochter wäre? Was würde ich machen?“ An der Gesamtschule in Freudenberg, die Luise besuchte, herrscht zumindest von außen auf den ersten Blick normaler Schulbetrieb. Kinder tollen auf dem Schulhof herum, werden von Lehrern ermahnt, nicht vom Gelände zu laufen.
In der Schule fand am Montag Unterricht statt, es gab Gesprächsangebote von Psychologen an die Mitschüler, wie ein Sprecher der Bezirksregierung sagte. Das gelte besonders für die Klasse der getöteten Zwölfjährigen. Noch am Sonntagabend hatte es eine Trauerandacht in der Stadt gegeben.
Auch die Bürgermeisterin von Freudenberg, Nicole Reschke, zeigte sich über die Geschehnisse erschüttert. Auch sie ließ die Flaggen in der Stadt am Montag auf halbmast setzen.
Im Fall des am Wochenende getöteten zwölf Jahre alten Mädchens – Luise war ihr Name – aus Freudenberg tappen die Ermittler offenbar nicht im Dunkeln. „Wir verfolgen konkrete Spuren“, sagte Mario Mannweiler von der zuständigen Staatsanwaltschaft Koblenz am Montagnachmittag.Im Fall des getöteten Mädchens aus Freudenberg: „Wir verfolgen konkrete Spuren“