92-Jährige aus Bad Neuenahr findet im Hotelpark "Der Westerwald Treff" vorübergehend eine Bleibe
Nach der Ahrflut im Wiedtal gestrandet: 92-Jährige aus Bad Neuenahr findet in Oberlahr eine Bleibe
Nach der Hochwasserkatastrophe wurde Ingeborg Kutsch (rechts) aus Bad Neuenahr in den Hotelpark „Der Westerwald Treff“ gebracht. Hotelchefin Tanja Ehlscheid-Schelzke (links) nahm die Seniorin gerne auf.
Beate Christ

Wie viele andere Menschen auch, wird Ingeborg Kutsch die Nacht vom 14. auf den 15. Juli 2021 wohl nie wieder vergessen. Ganz genau kann die 92-Jährige aus Bad Neuenahr erzählen, wie sie die Ahrflut erlebt hat, wie sie vom Technischen Hilfswerk (THW) aus ihrer Wohnung geholt wurde und wie sie letztendlich Zuflucht im Oberlahrer Hotelpark „Der Westerwald Treff“ fand.

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Nach der Hochwasserkatastrophe wurde Ingeborg Kutsch (rechts) aus Bad Neuenahr in den Hotelpark „Der Westerwald Treff“ gebracht. Hotelchefin Tanja Ehlscheid-Schelzke (links) nahm die Seniorin gerne auf.
Beate Christ

Dort wohnt die Seniorin bis heute und wartet darauf, dass sie irgendwann wieder in ihre eigene Wohnung nach Bad Neuenahr zurück kann. Wann das sein wird, kann sie noch nicht genau sagen. Ihre Vermieterin hält sie auf dem Laufenden. Doch sie muss sich glücklicherweise keine Sorgen darum machen, dass sie ihr vorübergehendes Zuhause verlassen muss. „Selbst wenn die Wohnung in Bad Neuenahr jetzt schon wieder bewohnbar wäre, Frau Kutsch kann auf jeden Fall über Weihnachten und Silvester bei uns bleiben“, sagt Hotelchefin Tanja Ehlscheid-Schelzke.

Insgesamt neun Personen wurden nach der Flutnacht in ihrem Hotel untergebracht. Derzeit waren dort nur 5 Zimmer frei, diese aber zur Verfügung zu stellen, war für Ehlscheid-Schelzke eine Selbstverständlichkeit. „Das war mein Beitrag, Hilfe zu leisten“, sagt sie.

„Einige von ihnen konnten schon nach drei oder vier Tagen bei Verwandten unterkommen, eine Familie blieb für sechs Wochen“, erinnert sich Ehlscheid-Schelzke. Ingeborg Kutsch aber konnte nicht zurück, außer einer über 80-jährigen Nichte hat sie keine Angehörigen mehr. Doch sie hatte Glück im Unglück. Denn im Oberlahrer Hotelpark nahm sich Tanja Ehlscheid-Schelzke und deren gesamtes Team der Seniorin an.

„Außer meiner Kleidung, die ich trug, meinen Medikamenten und dem Personalausweis hatte ich doch nichts bei mir“, sagt Ingeborg Kutsch. Ganze fünf Minuten hatten ihr die Helfer vom THW damals gegeben, um das Notwendigste einzupacken. Vom Nachbarhaus, das einzustürzen drohte, ging zu viel Gefahr aus. Und so wurde Ingeborg Kutsch am Abend nach der verheerenden Überflutung mit vielen anderen Nachbarn auf eine Anhöhe im Ahrtal in Sicherheit gebracht.

Von dort aus wurden die Menschen auf Busse verteilt. So kam die Seniorin erst einmal nach Neuwied in eine Halle, von dort aus wurden die Flutopfer in verschiedene Hotels gebracht. „Ich war so froh, endlich ein Dach über dem Kopf zu bekommen“, erinnert sich Ingeborg Kutsch. Und sie ist dankbar, dass sie das Unglück überlebt hat. Oft muss sie an ihre 95-jährige Nachbarin denken, die in den Wassermassen ihr Leben verloren hat.

Welch große Hilfsbereitschaft nach all dem ihr anschließend in Oberlahr entgegenbracht wurde, kann sie immer noch nicht fassen. „Frau Ehlscheid-Schelzke kümmerte sich darum, dass ein Arzt mir meine Medikamente verschrieb und stellte mir ein behindertengerechtes Zimmer zur Verfügung. Und alle Angestellten sind so aufmerksam und hilfsbereit. Ich weiß gar nicht, wie mir geschieht“, sagt Ingeborg Kutsch.

Und: „Ich bete jeden Abend zum lieben Gott und bedanke mich, dass ich hier so gut betreut werde.“ So wurde ihr schließlich auch der Weg in ein Seniorenheim erspart. Die Seniorin, die gebürtig aus Ostberlin stammt, lange in Bochum lebte und seit 1986 in Bad Neuenahr beheimatet ist, fühlt sich in Oberlahr wohl, wie in einer großen Familie. Und schon jetzt weiß sie: „Wenn ich wieder in meiner Wohnung leben kann, komme ich auf jeden Fall im Sommer hierher, um Urlaub zu machen.“ Den Westerwald oder gar Oberlahr kannte sie vorher nicht.

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