Die RZ hat nachgefragt: Obwohl es gesetzlich möglich ist, verweisen viele Pharmazeuten im AK-Land auf die Hausärzte
Nach Beschluss des Bundestages: Eher keine Grippeschutzimpfung in Apotheken an Sieg und Wied
Eine Reihe von Apothekern im AK-Land sind zwar grundsätzlich bereit, gegen Grippe zu impfen, doch viele sind zurückhaltend. Foto: David Inderlied/dpa
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Kreis Altenkirchen. Im Juni ist ein Gesetz in Kraft getreten, das grundsätzlich auch Apothekern ermöglicht, die Grippeschutzimpfung vorzunehmen.  Der neue Beschluss des Bundestages sieht nun eine sogenannte „Regelversorgung“ vor. Damit wird eine Impfung in der Apotheke für alle Personen, die das 18. Lebensjahr vollendet haben, bundesweit durchführbar. Doch wie sieht es in den Apotheken im AK-Land aus?

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„Ich habe zwar zwei Kollegen, die Grippeimpfungen verabreichen dürfen, aber wir bieten das derzeit nicht aktiv an“, sagt Albert Rehm, der in Altenkirchen drei Apotheken betreibt: die Apotheke Rehm im Ärztehaus am Krankenhaus, die Sonnen-Apotheke in der Wiedstraße und die Hubertus-Apotheke in der Kölner Straße. Hauptgrund für die Entscheidung ist laut Rehm der fehlende Bedarf. „Wir sind hier nicht auf dem platten Land. Es gibt noch genügend Hausärzte. Denen würden wir ja letztlich Konkurrenz machen“, erklärt er.

Zudem halte er es für richtig, wenn Patienten über Themen wie Vorerkrankungen vor der Impfung mit einem Mediziner sprechen würden. Zudem werde die Grippeimpfung in seinen Apotheken auch kaum nachgefragt. Lediglich an eine telefonische Anfrage kann er sich erinnern. Ein weiterer Punkt, den Rehm nennt: „Die ganze Abrechnerei ist auch noch nicht in trockenen Tüchern.“ Geld lasse sich mit den Impfungen wohl ohnehin nicht verdienen, aber trotzdem würde er sich nicht grundsätzlich verweigern. „Wenn es einen echten Bedarf geben würde, hätten wir schnell etwas auf die Beine gestellt“, betont Albert Rehm.

Auch in der Bären-Apotheke in der Viktoriastraße in Betzdorf werden aktuell noch keine Grippeschutzimpfungen angeboten. „Aus räumlichen und personellen Gründen ist das bei uns nicht möglich“, erklärt Michael Rohner, Leiter der Bären-Apotheke, den Grund. Grundsätzlich spreche für ihn aber nichts dagegen, dass auch in Apotheken geimpft werden kann. In städtischen Regionen wie etwa Betzdorf oder Kirchen sehe er aber nicht den Bedarf dafür, da es auch noch Ärzte vor Ort gibt. „Mit denen müsste man sich auch lokal vorher absprechen“, meint Rohner. In sehr ländlichen Regionen, in denen nicht unmittelbar ein Hausarzt erreichbar sei, sei diese Möglichkeit durchaus eine Option.

In der Brunnenapotheke in der Raiffeisenstraße in Flammersfeld gibt es den Piks zur Grippeschutzimpfung ebenfalls nicht. „Dafür fehlt es mir einfach an zeitlichen und personellen Kapazitäten und Räumlichkeiten“, sagt Inhaber Wolfram Kremers. Die Idee, diese Möglichkeit anzubieten, findet er grundsätzlich nicht falsch. „Gerade auf dem Land und beim Ärztemangel könnte dies für die Bevölkerung hilfreich sein.

Apotheker sieht auch Sicherheitsrisiko

Trotzdem sieht Kremers hier auch ein Sicherheitsrisiko. „Eine Impfung gehört in die Hände von Ärzten, die ihre Patienten kennen. Ich müsste eine Anamnese machen und eine Befragung zu Vorerkrankungen vornehmen, das gibt einfach meine Zeit nicht her.“ Auch eine entsprechende zertifizierte Fortbildung würde Zeit und Personal binden, das gerade im Alltag der Apotheke gebraucht wird. Und deshalb will sich Kremers an das Motto „Schuster, bleib bei deinen Leisten“ halten. „Bei uns können die Impfstoffe gerne eingekauft werden, wir haben diese auch vorrätig.“

Impfnachfrage in Hamm ist gut

Bei der Raiffeisenapotheke in der Lindenallee in Hamm wird sowohl gegen Covid geimpft als auch gegen die normale, saisonale Grippe. Die Nachfrage sei gut, es gebe eigentlich jede Woche mehrere Impfungen, so Erna Knöpfle von der Raiffeisenapotheke. Oft wird die Grippeimpfung bei einer Covid-Impfung ebenfalls angeboten. „Manchmal fragen die Kunden aber auch gezielt nach der Grippeimpfung“, so die Apothekenmitarbeiterin. Der Vorteil sei, dass man keine lästigen Wartezeiten habe wie etwa beim Hausarzt. „Die Kunden machen einen Termin aus und kommen dann auch gleich dran.“

Bei der Grippeimpfung können die Geimpften auch gleich wieder gehen, bei der Covid-Impfung müssen sie noch eine Zeit lang zur Beobachtung bleiben. Vorher wird bei allen Impfungen ein Fragebogen ausgefüllt, den der Apotheker mit den Interessenten für eine Impfung durchgeht. Darin würden dann solche Dinge wie allgemeiner Gesundheitszustand, Medikamenteneinnahme oder mögliche Allergien abgeklärt.

Auf den Notfall vorbereiten

In der Druidenapotheke in der Bahnhofstraße in Kirchen, die gleich gegenüber des DRK-Krankenhauses liegt, sagt Inhaber und Apotheker Stefan Link: „Wir bereiten uns darauf vor, aber wir bieten es noch nicht an, weil die Infrastruktur in Kirchen und Umgebung durch die heimischen Hausärzte noch gegeben ist. Aber wir bereiten uns für den Notfall vor: Es geht ja auch darum, dass wir auch Corona-Impfungen durchführen sollen.

Momentan ist aber nicht von einem Krisenfall auszugehen, der das notwendig machen würde. Ich habe vor, die entsprechenden Seminare dafür zu besuchen, um für den Fall der Fälle gewappnet zu sein.“ Link sagt, ihm sei in der VG Kirchen auch keine Apotheke bekannt, die eine Impfung anbieten möchte. „Ich bin auch der Meinung, dass dies in erster Linie eine ärztliche Leistung ist, die auch bei den Ärzten bleiben sollte – solange das von denen auch geleistet werden kann.“ Aber man werde die Ärzte, wenn es darauf ankommt, auch nicht im Stich lassen: „Wir haben ein gutes Verhältnis zu den Ärzten, und wenn es hart auf hart kommt, sind wir natürlich bereit zu helfen.“

Auch die Gertruden-Apotheke in Kirchen wird in Zukunft nicht gegen Grippe impfen. „Die AOK hat bei uns angefragt“, sagt die Leiterin Claudia Mell der Rhein-Zeitung. Doch man habe sich dagegen entschieden. So gebe es mit dem DRK-Krankenhaus und mehreren Hausärzten in der unmittelbaren Nähe genug impfende Ärzte. „Und das Impfen ist eine medizinische Dienstleistung, die in ärztliche Hand gehört“, sagt Mell. Und auch eine Fernfortbildung könne die Apotheker nicht auf jeden medizinischen Notfall vorbereiten. Was etwa, wenn es nach der Impfung zu Kreislaufproblemen komme oder gar zu einem anaphylaktischen Schock. Da sei es gut, wenn ein Arzt nach der Impfung professionell helfen könne.

Die Nachfrage nach Grippeschutzimpfungen sei zwar da, sagt Apothekerin Massomeh Mildner von der Olymp-Apotheke in der Nisterstraße in Wissen, aber sie selbst könne keine solchen Impfungen anbieten. Grund: Aufgrund des Fachkräftemangels, der auch die Pharmaziebranche sehr stark betreffe, sei es ihr nicht möglich gewesen, die entsprechenden Fortbildungen zu besuchen, da sie dafür ohne eine ausgebildete Vertretungskraft ihre Apotheke zeitweise hätte schließen müssen, das gehe nun mal nicht. Wenn Kunden sich erkundigten, verweise sie auf die anderen ortsansässigen Apotheker.

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