Reaktion auf Urteil des Bundessozialgerichts - Künftig keine Honorarkräfte mehr an der Kreismusikschule
Musikschule des Landkreises Altenkirchen: Rentenpunkte für Klavier- und Gitarrenlehrer
An der Kreismusikschule soll es künftig nur noch tarifliche Arbeitsverhältnisse geben. Foto: Elmar Hering
Elmar Hering

Kreis Altenkirchen. Arbeitsrechtlich werden an der Musikschule des Kreises Altenkirchen bald neue Töne angeschlagen. Vereinfacht gesagt, können bisherige Honorarkräfte fest angestellt werden. Als Reaktion auf das sogenannte Herrenberg-Urteil hat der Kreistag dazu jüngst einstimmig grünes Licht gegeben, auch wenn dadurch höhere Kosten auf die Kommune zukommen.

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„Wir sind dankbar und froh, dass sich der Kreistag ohne zu zweifeln positioniert hat“, sagt Musikschulleiter Dimitri Melnik. Laut Beschluss des Kreistags sollen die Honorarverträge im Umfang von 5,46 Vollzeit-Äquivalenten in tarifliche Arbeitsverhältnisse umgewandelt werden. Bei momentan 31 Honorarkräften (im aktuellen Stellenplan 7,46 Vollzeit-Äquivalente) erwächst daraus die spannende Frage, wie sich diese knapp fünfeinhalb Stellen auf die mehr als zwei Dutzend Köpfe verteilen lassen.

Laut Dimitri Melnik und Stefanie Neuhoff, zuständige Referatsleiterin für Musikschule, Kreisvolkshochschule und Bergbaumuseum, sollen in dieser Woche erste Gespräche mit der Personalabteilung geführt werden. Zudem müsse in jedem Einzelfall geschaut werden, welche Möglichkeiten es für die infrage kommenden Lehrerinnen und Lehrern gebe. Minijobs wären eine vorstellbare Variante. Zuzüglich gibt es derzeit 16 Lehrende, die bereits fest an der Kreismusikschule angestellt sind.

Als vor 23 Jahren in Altenkirchen mit dem Modell der Honorarkräfte begonnen wurde, geschah dies im Wesentlichen aus Kostengründen. Gleichwohl, so betont Melnik, hätten die freien Mitarbeiter der Kreismusikschule tatsächlich stets ihre Freiheiten gehabt, etwa im Hinblick auf Zeiteinteilung und unterrichtsbegleitende Tätigkeiten.

Musikausbildung ist sehr begehrt

Aktuell zählt die Kreismusikschule etwa 1800 Schüler, die jüngsten davon sind ungefähr eineinhalb Jahre alt, der Älteste ist 86. Altersmäßig bilden die Grundschüler die größte Gruppe. Weitere 300 Interessenten stehen auf der Warteliste. Unterrichtet wird nicht nur am Hauptsitz in Altenkirchen sowie in Wissen und Betzdorf, sondern auch andernorts – zwischen Friesenhagen, Friedewald und Horhausen sind die Musikschullehrer in unterschiedlichen Ausprägungen aktiv. „Für die Schüler ändert sich nichts“, stellt der Einrichtungsleiter klar.

Melnik und Neuhoff unterstreichen ihr positives Echo: „Wir freuen uns riesig. Dieser Beschluss des Kreistages ist der Beweis, dass die Kreismusikschule und ihre Arbeit geschätzt werden.“ Den Effekt sieht der Leiter der Einrichtung auch jenseits der Notenblätter: „Diese politische Vorgabe bedeutet nicht nur einen enormen Gewinn an Sicherheit für diejenigen, die professionell arbeiten, sondern sie steigert gleichermaßen auch die Attraktivität dieses Berufes und der Kreismusikschule, letztlich somit des ganzen Kreises.“

Durch die vergrößerte Tarifmannschaft rechnet der Kreis im laufenden Jahr mit Mehrkosten von etwa 50.000 Euro. In den Folgejahren, so schätzen Melnik und Neuhoff, dürfte der Mehrbedarf bei jeweils etwa 200.000 Euro liegen. Wie sich dieses Geld möglichst weitgehend wieder reinholen lässt, muss noch verhandelt werden. Dazu wird die Kreismusikschule Vorschläge erarbeiten.

Auch eine Frage der Kostenübernahme

Da es sich um ein Urteil auf Bundesebene handelt, ist Altenkirchen kein Einzelfall, und eine Forderung vieler rheinland-pfälzischer Kommunen besteht darin, das Land möge sich stärker an den Kosten beteiligen – im Raum steht der Wunsch nach einer Drittelung (ein Drittel Land, ein Drittel Kommune, ein Drittel Beiträge). Für die hiesige Kreismusikschule deckt der Landeszuschuss gegenwärtig nur knapp sechs Prozent der Gesamtaufwendungen ab. Ob auch die Elternbeiträge steigen, ist nach Aussage des Musikschulleiters noch offen: „Wenn, dann maßvoll. Auf jeden Fall nicht zum kommenden Schuljahr.“

Auch der Deutsche Musikrat, unter dessen Dach viele Musikschulen organisiert sind, begrüßt die Klarstellung des Bundessozialgerichtes. Im benachbarten Westerwaldkreis arbeitet die öffentliche Musikschule ganz ohne Honorarkräfte.

Das “Herrenberg"-Urteil des Bundessozialgerichtes

Das „Herrenberg“-Urteil des Bundessozialgerichts ist nach der Stadt Herrenberg bei Stuttgart benannt, denn auf die Klage einer dort arbeitenden Klavierpädagogin wurde festgelegt, ab wann eine Musikschullehrkraft in ihrer Institution eingegliedert ist und damit automatisch Anspruch auf umfassende soziale Absicherung hat. Gemäß dem vom Gericht entwickelten Kriterienkatalog haben in der Praxis fast alle regelmäßig unterrichtenden Musik- und Kunstschulpädagogen diesen umfassenden sozialversicherungsrechtlichen Anspruch. Betroffen sind auch private Musikschulen. Wer dagegen verstößt, riskiert nicht nur Nachforderungen der Sozialversicherungen. elm

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