Als im Dörfchen abendliche Ruhe einkehrt, das 19-Uhr-Geläut von der nahen Klosterkirche herüberklingt und die Gespräche langsam verstummen, da setzt Volker Höh zum ersten Gitarrenstück an. Und plötzlich entsteht im kleinen Hofcafé „Heinzelmännchen“ eine fast sakrale und dennoch warme Atmosphäre. Das hätte Teresa von Avila sicher gefallen. Denn in diesem gemütlich beleuchteten Raum hat sich ein kleines, feines Publikum eingefunden, das unbedingt mehr wissen möchte über das Wirken der berühmten spanischen Karmelitin, Kirchenlehrerin, Mystikerin, Schriftstellerin und Heiligen. Beste Voraussetzungen also für eine verheißungsvolle Begegnung mit dieser vielseitigen und hochbegabten Persönlichkeit.
Vom Weg zu und mit Gott zu sprechen, das war Teresa bis ins damals hohe Alter von 64 Jahren ein Herzensanliegen. Und da die Nonne, die im 16. Jahrhundert wirkte, natürlich nicht mehr selbst aktiv werden konnte, erwiesen sich die Rezitatorin Birte Bornemann und der Musiker Volker Höh als würdige Vertreter. Zwar fand die Veranstaltung im Rahmen der „23. Westerwälder Literaturtage“ statt, das Duo hatte unter dem Titel „Zwischen Rebhuhn und Fasten“ aber eine Dramaturgie jenseits der üblichen Lesungsformate vorbereitet.
Musikalisch-literarischer Dialog
In einem berührenden musikalisch-literarischen Dialog entführten die beiden Künstler in die Welt der Teresa von Avila, und es wurde eine Veranstaltung von sehr privatem Charakter. Birte Bornemann nämlich sprach zu Teresa, ihrer „Lieblingsheiligen“, wie zu einer geschätzten Freundin und verband deren praxisnahen, manchmal auch recht rustikalen Erkenntnisse mit einer Reise durch das von Mut und Entschlossenheit, aber auch von Selbstzweifeln, Krankheit und Konfrontationen geprägte Leben der Nonne. Mit ihrer weichen, gesanglichen, aber durchaus nachdrücklichen Stimme vermittelte die Rezitatorin dem aufmerksamen Publikum, welche „Strahlkraft“ nach wie vor von Teresa von Avila und ihrer Botschaft ausgeht.
Viele zum Schmunzeln und Nachsinnen anregende Bonmots, Impulse und Ratschläge nahm das Publikum an diesem Abend mit, denn Teresa war mit ihrer Freude an Musik und Tanz, an gutem Essen und fröhlichen Runden zum einen eine „Heilige zum Anfassen“. Zum anderen fühlten die Zuhörer mit, wenn von der selbst auferlegten klösterlichen Strenge und dem inneren Ringen auf der Suche nach Gott die Rede war.
Sie lernten, was es mit Teresas Idee von der „Seelenburg“ mit ihren „Wohnungen“ auf sich hatte und erfuhren, dass nur der innere Raum heilig und das Gebet ein wichtiges Instrument ist. Leichter gesagt als getan. „Äußere Ruhe zu finden ist schon schwer, wie kann man dann die innere finden?“, fragten sich Teresa und Birte Bornemann gleichermaßen. Eine hochaktuelle Beobachtung, wie das Kopfnicken der Besucher bestätigte.
Tapas in der Pause
Der gelungene Exkurs in Teresa von Avilas geistiges und praktisches Handeln wurde aber erst durch die herrliche Musik von Volker Höh zum Gesamtkunstwerk. Hier von „musikalischer Umrahmung“ zu sprechen, würde der Leistung des Instrumentalisten bei Weitem nicht gerecht. Der Gitarrist, der auch das historische Vorgängerinstrument Vihuela mitgebracht hatte, beschenkte das Publikum vielmehr mit einem eingeflochtenen Konzert aus rassigen spanischen Stücken und Werken aus der Lebensphase Teresas und fand auf diese Weise das rechte Maß, um die Veranstaltung nicht in der tiefen Vergangenheit versinken zu lassen. Einen dritten, nicht unwesentlichen Beitrag leistete das Team vom Hofcafé. In der Pause und zum Ausklang genossen die Besucher die köstlichen Tapas aus Kathrin Brücks kreativer Frische-Küche, die im Kartenpreis inbegriffen waren.
Wer diesen Abend miterleben durfte, der fühlte sich gestärkt, getröstet und auch ermutigt, sich von den Herausforderungen der Gegenwart nicht verängstigen zu lassen und stattdessen auf die innere Stimme und die Führung Gottes zu vertrauen. Oder um es mit Teresa von Avila zu sagen: „Wer Gott hat, dem fehlt nichts. Gott allein ist genug.“