Suche nach dem Tatort, an dem die zwölfjährige Luise ermordet wurde, ist schwer zu vergessen
Mord an Luise wirkt nach: Spuren, die nicht verschwinden
Die Polizeitrupps hinterließen deutliche Spuren in dem Wald nahe der Landesgrenze, wo Luise mit 75 Messerstichen ermordet worden ist.
Daniel-D. Pirker

Nahezu jeder Termin, jede Begegnung, jedes Gespräch hinterlässt Spuren bei einem Reporter, erweitert den Horizont, lässt einen hinterfragen, idealerweise sich selbst. Und – glücklicherweise seltener – kann man nicht vermeiden, dass einen der Job aufwühlt, manchmal erst Tage oder Wochen später. Genauso ging es unseren Reporter Daniel-D. Pirker vergangenen März.

Wenn man Gefühle ausklammert, handelte es sich um einen Premium-Termin Mitte März. Ich wurde entsendet, mir ein Bild vor Ort zu machen von einer Tat, die den Emotionshaushalt ganz Deutschlands ins Ungleichgewicht werfen sollte: der Mord an der zwölfjährigen Luise aus Freudenberg durch die Hand zweier Mitschülerinnen. Am Ende der Straße in Freudenberg, die zu dem Waldweg nahe der Grenze zu Friesenhagen führt, wo das Mädchen mit 75 Stichen erstochen wurde, treffe ich auf einen Reporter der Welt-Gruppe, der mir immerhin helfen kann, den Fundort der Leiche grob einzugrenzen.

Kaum betrete ich den matschigen Waldboden, merke ich schnell, dass ich gar nicht auf den Tipp angewiesen war: Die Wege sind gesät von Schuhsohlenabdrücken. Die Polizisten haben bei der Suche nach dem Mädchen und späteren Sicherung des Tatorts ganze Arbeit geleistet. Leider hat man uns nicht in den Journalistik-Kursen beigebracht, wie solche Spuren zu lesen sind.

Das geistige Auge rekonsturiert den Tathergang

Doch mein Drang, herauszufinden, was wo passiert ist, ist stark. Doch das nützt mir wenig. Mit dem Blick nach unten fixiert, irre ich gefühlte Stunden in dem Waldstück umher. Am Ende des Weges auf Friesenhagener Seite nutze ich die Gelegenheit, endlich wieder Handyempfang zu haben und informiere meinen Redaktionsleiter über den Abbruch der Mission. Aber dann kommt mir ein alter, knorriger Wanderer entgegen. Er bringt mich auf die richtige Fährte. Ich kann mir irgendwann recht sicher sein: Hier muss es gewesen sein. Allerdings hält das „Erfolgserlebnis“ nicht lange an. Beim Begutachten der Fotos, rekonstruiert mein geistiges Auge den Tathergang.

Die professionelle Grenze wird überrannt von Emotionen und möglichen Szenen, die sich in dem Waldstück abgespielt haben könnten. Die Wanderschuhe befreie ich erst Wochen später von dem Dreck dieses Tages. Mir fällt lange gar nicht auf, dass ich sie selbst bei Ratssitzungen trage. Bewusst wird mir dies erst, als die bundesweite Medienberichterstattung über den Mord an Luise langsam abbebt. Der digitale Ordner mit den Fotos von diesem Reportereinsatz verstaubt lange Zeit auf meinen Rechner. Erst heute, als es gilt, ein passendes Bild für diesen Artikel zu finden, öffne ich ihn wieder.

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