Ein Geheimnis ist es nicht, dass der Kreis mit seiner Westerwaldbus GmbH (Webu) ein sattes Minus einfährt. Dass der Öffentliche Personennahverkehr (ÖPNV) im AK-Land ausgeweitet wird, war politischer Mehrheitswille, auch wenn jedem klar war, dass ein Mehr an Angebot auch ein Mehr an Kosten verursacht – und am Ende sicher keine „schwarze Null“ aus dem Bus aussteigt. Doch wie viel Verlust lässt sich angesichts einer noch immer angespannten Haushaltslage im Kreis Altenkirchen verkraften?
Eine Frage, die die Liberalen im Kreistag, die immer schon mit einer Portion Skepsis die Unternehmerrolle des Kreises auf der Straße begleitet haben, ins Zentrum einer Anfrage an die Kreisverwaltung und Landrat Peter Enders stellen.„Die FDP-Fraktion im Kreistag hat sowohl die Gründung als auch die Ausweitung der Aktivitäten der Westerwaldbus GmbH sehr kritisch begleitet“, heißt es in dem von Fraktionschef Udo Piske unterzeichneten Schreiben, das unserer Zeitung vorliegt.
Zum einen sehe man in der wirtschaftlichen Betätigung des Kreises im Betrieb eines großen Busunternehmens, ein großes Risiko, zum anderen, würden durch diese Tätigkeit, funktionierende selbstständige Busbetriebe, die auch mit ihren Steuerzahlungen die Aktivitäten des Kreises erst möglich machten, geschwächt, argumentieren die Freidemokraten. Denn aufgrund der aktuellen Arbeitsmarktsituation könnten Mitarbeiter nur bei anderen Unternehmen abgeworben werden.
„All das führt zu einer Spirale, an deren Ende die Westerwaldbus GmbH alle Linienbündel, die der Kreis Altenkirchen ausschreibt, bewirtschaften wird. Bei einem Fehlbetrag im ersten Jahr von 7,4 Millionen Euro steigert sich dieser nunmehr auf 10 Millionen Euro für den gesamten ÖPNV im Kreis Altenkirchen“, führt Piske aus.
Bei den derzeitigen extrem gestiegenen Dieselpreisen sei absehbar, dass der Verlust weiter steige. Das Ganze sei auch nicht mehr vertretbar mit der Forderung des Landes Rheinland-Pfalz, ÖPNV auch auf dem Land „im Rahmen der finanziellen Möglichkeiten der Kreise“ anzubieten, da die finanziellen Möglichkeiten, jedenfalls im Kreis Altenkirchen absehbar erschöpft seien, so die FDP.
Die Westerwaldbus GmbH trete als reiner Dienstleister im Auftrag des Kreises und nach Maßgabe des Verkehrsverbundes Rhein-Mosel (VRM) auf. Dieser sei eine bestehende Kooperation zwischen den Landkreisen und der Stadt Koblenz als Aufgabenträger im ÖPNV sowie den Verkehrsunternehmen im Verbundraum und gebe auch dem Kreis Altenkirchen konkret vor, in welcher Art und Weise, die Linien zu bedienen seien.
„Bei nahezu 28.000 Euro Verlust pro Tag muss es erlaubt sein, das ÖPNV-Konzept des Kreises Altenkirchen zu hinterfragen. Unterstellt man, dass der nicht infrage zu stellende Schülerverkehr vielleicht die Hälfte des Fehlbetrages ausmacht, so könnten für den Betrag von 14.000 Euro im gesamten Kreis Altenkirchen pro Tag 24 Stunden rund 60 Taxen 7000 Kilometer fahren“, rechnet Udo Piske vor. Dieses Beispiel zeige, um welche Dimension es sich bei dem Verlust tatsächlich handele.
Mit fünf Fragen an Kreisverwaltung und Landrat wollen die Liberalen das Thema vertiefen:
Wie verteilt sich der Verlust von 10 Millionen Euro auf die sieben Linienbündel, von denen die Westerwaldbus GmbH drei betreibt?
Wie viel Umsatz wird mit der klassischen ÖPNV Personenbeförderung ohne Schülerbeförderung pro Jahr erzielt, aufgeteilt wiederum auf die sieben Linienbündel?
Wie hoch sind die jährlichen Kosten für die klassische ÖPNV Personenbeförderung, ohne Schülerverkehre, aufgeteilt wiederum auf die sieben Linienbündel?
Durch Vorgaben des VRM in der Routenplanung entstehen alleine bei der Webu 30 Prozent Leerfahrten, 800.000 Kilometer im Jahr. Hinzu kommen außerdem die geringen Fahrgastzahlen auf vielen Linien, in denen nur einige Personen im Bus sitzen. Wie ist das mit dem Klimaschutzkonzept des Kreises zu vereinbaren?
Gibt es vertraglich kein Mitspracherecht der Webu oder des Kreises bei den Aktivitäten des Verkehrsverbundes, etwa bei der Routenplanung oder der Tarifstruktur? Markus Kratzer