Wissener Werktage
Lebens(ein)blicke mit Tiefgang und Poesie
Mehr als zwei Stunden Wohlfühlatmosphäre mit Liedern mit Tiefgang und der Botschaft "nicht alles auf den ersten Blick zu bewerten", präsentiert mit sanft- humorvoller Ironie, das war das, was die Liedmacherin Lucy van Kuhl gemeinsam mit dem Violoncellisten Nenad Uskokovic und dem Schlagzeuger Lorenzo Riessler sehr zum Vergnügen der Gäste ins Wissener Kulturwerks brachte.
Thomas Hoffmann

Derzeit feiert die Wissener Eigenart mit tollen Livebands und Gastauftritten ihr 25-jähriges Bestehen. Dass die Werktage auch einmal den Charakter eines angenehmen Wohnzimmerkonzertes annehmen können, zeigte sich jüngst.

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Es waren Lebenseinblicke mit Tiefgang und viel Poesie, aber auch mit einer ordentlichen Portion Humor und Ironie, die die Liedmacherin Lucy van Kuhl im Rahmen der Reihe „Werktage“ der Wissener Eigenart gemeinsam mit ihrer „Es-Chord-Band“ im Foyer des Wissener Kulturwerks gewährte.

„Das hier ist eine tolle Wohnzimmeratmosphäre und Sie alle sind ausgewählte Gäste“, sagte die Künstlerin mit humorvollem Blick auf die überschaubare Anzahl von etwa 30 Besuchern. Diese allerdings erlebten in der Folge ein wunderbares Konzert, denn Lucy van Kuhl entführte ebenso gekonnt wie oftmals poetisch in menschliche Befindlichkeiten, wobei sie den Fokus „Auf den zweiten Blick“ legte.

Der „zweite Blick“ ist wichtig

Das war gleichzeitig der Name ihres Programms. Fernab von Oberflächlichkeiten und Plattitüden füllte sie diesen mit viel Leben und Sinn. So etwa bei dem Lied “Haus in der Provence„, bei dem sie vor dem Singen zu ihren Gästen sagte: „Ich habe ein Haus in der Provence“. Der Neidfaktor, den die Kölner Künstlerin kurz charakterisierte, verwandelte sich im Nu ins Gegenteil, als sie am Piano in die Tasten griff und viele humorvolle Gegebenheiten besang, etwa, dass man bei Besitz einer solchen „Traumimmobilie“ sehr schnell sehr viele neue Freunde hat, die dann auch gerne zum Besuch ins südöstliche Frankreich kommen und dabei die Idylle ins Gegenteil verkehren: Ein toter Kater, vegane Seife, die irrtümlich als Tofu verzehrt wird, und weitere skurrile Begebenheiten machten das scheinbare Traumleben sehr schnell und sehr zum Vergnügen der Gäste zum Albtraum.

Das war er: „der zweite Blick“. So auch im folgenden Song “Detox“, der sich humorvoll mit einer Radikaldiät befasste, und empfahl, nur das zu essen, was einem nicht schmeckt: „Trinken ist das A und O, Wasser hat null Kalorien, wer braucht denn schon Bordeaux“, war nur eine von zahlreichen Liedzeilen, mit denen Lucy van Kuhl erneut für heitere Stimmung sorgte. Aber aufgepasst: Zum Schluss wurde die Detox-Kur kurzerhand in eine Botox-Kur umgewandelt, um die aufgrund der Mangelernährung auftretenden Falten zu glätten.

Die Kölner Musikerin Lucy van Kuhl wurde begleitet von Nenad Uskokovic (Violoncello, rechts) und Lorenzo Riessler (Schlagzeug).
Thomas Hoffmann

Eine Goldene Hochzeit, bei der das Paar merkt, dass es eigentlich nicht zusammen passt (Dolchstoßfantasien inbegriffen), thematisierte Lucy van Kuhl ebenso wie die einsetzende Einsamkeit, wenn der Partner nicht mehr da ist und Liebe, die mit der Zeit nachlässt. Allzu Menschliches also, verpackt in sanfte Ironie, hochkarätig und einfühlsam präsentiert in Gesang und Pianospiel – Qualitätsattribute, die auch für Schlagzeuger Lorenzo Riessler und Violoncellist Nenad Uskokovic gelten, denn gemeinsam verwandelten die drei Künstler das Kulturwerkfoyer für mehr als zwei Stunden in einen Wohlfühlraum: sehr zum Vergnügen für alle, die bei diesem Konzert dabei waren.

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