Open Arts Festival in Forst
Kultur zwischen zwei Länder- und drei Kreisgrenzen
Im Vorjahr war das Konzert der Kölsch-Rocker von Kasalla eines der Höhepunkte des Open Arts festivals im Forster Ortteil Wäldchen. In diesem Jahr erwartet die Zuschauer zwar kein so großer Name, dafür aber ausgewählte Veranstaltungen mit anspruchsvollen Musikern und Performances.
Sonja Roos

Bereits zum vierten Mal findet die Festivalreihe Open Arts in Forst statt. Wir sprachen mit Initiator Daniel Diestelkamp über die Mammutaufgabe, logistisch und inhaltlich so eine anspruchsvolle Veranstaltungsreihe auf die Beine zu stellen. 

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Am 28. Mai beginnt im Forster Ortsteil Wäldchen zum vierten Mal mit der Eröffnungsveranstaltung (ab 18 Uhr) das Open Arts Festival. Das hat unsere Zeitung zum Anlass genommen, um mit Initiator Daniel Diestelkamp zu sprechen.

Was hat Sie 2021 bewogen, mit dem Open Arts Festival loszulegen?

Schon in der Vergangenheit hatten wir mit Veranstaltungsreihen, teils auch recht erfolgreich, unser Glück versucht. In den Nuller-Jahren mit einer Reihe „Hammer Kulturtage“ und „Hammer Kulturwerkstatt“. Die Fortführung scheitere unter anderem an parteipolitischen Streitigkeiten im damaligen VG-Rat in Hamm. Weitere Versuche, auch über den „Kultursommer“ waren künstlerisch ambitioniert und hochwertig besetzt, brachten aber nicht genug Publikum. Am Ende haben wir meistens draufgezahlt. Mit den „Neustart-Kultur-Programm“ während und nach der Pandemie eröffnete sich aber eine Möglichkeit, mit einem gut ausgestatteten Etat inklusive Investitionsmaßnahmen, zum Beispiel für die Errichtung der Open-Air-Bühne, breitgestreut eine Basis im Drei-Kreise-Eck aufzubauen. Mit dem Titel „open arts“ verband sich schließlich nicht nur die Öffnung der Künste nach der Pandemie, sondern auch inhaltlich der interdisziplinäre künstlerische und ganzheitliche Ansatz, den wir in unseren soziokulturellen und kulturpädagogischen Projekten seit über zwanzig Jahren verfolgen. Tatsächlich waren wir am 2. Juni 2021 die ersten im Kreis Altenkirchen, die mit einer Kulturveranstaltung in Anwesenheit der drei anliegenden Gemeindebürgermeister mit der Eröffnung von „open arts“ die Kultur wieder zurückbrachten.

Wie hat sich das Festival seither entwickelt?

Das Festival hat an Profil gewonnen und ist mittlerweile in einem größeren Umkreis – sogar bis nach Berlin ins Kulturstaatsministerium – bekannt, sowohl als soziokulturelle Programmreihe mit Angeboten für alle Generationen und in verschiedenen gesellschaftsrelevanten Themen, wie auch als Anbieter im Bereich Neuer Musik/Avantgarde. Dass wir dann die Kölsch-Rock-Gruppe Kasalla für das jährliche „Gartenkonzert“ gewinnen konnten, machte das Festival auch in der Breite der Bevölkerung weit über die Grenzen bekannt, vor allem aber im nächsten Umfeld ungemein beliebt, da es mit der besonderen ländlichen Atmosphäre mit dem traumhaften Ambiente kein vergleichbares Angebot für eine so beliebte Band weit und breit gibt. Aber ein Stück weit ist auch die Euphorie der ersten Tage verloren gegangen, etwa im Bezug auf die grenzüberschreitende Zusammenarbeit und Unterstützung. Gerade sind wir aber dabei, neue Schritte in der Vernetzung zu beschreiten. So sind in der ersten Woche des Festivals zwei Veranstaltungen auch Teil des „Stadt.Land.Fluss“-Festivals, ein sehr ehrgeiziges und sinnvolles Projekt! Auch die Zusammenarbeit mit dem Kulturbüro Haus Felsenkeller ist ein wichtiger Baustein.

Daniel Diestelkamp, selbst Musiker und Komponist, leitet mit seiner Frau Dorothé Ruth Marzinzi das Kunsthaus Wäldchen in Forst. Die beiden etablierten 2021 die Festivalreihe Open Arts.
Sami Fayed

Wie schwer ist es, einen so breit gefächerten Veranstaltungsmarathon auf die Beine zu stellen?

Da gibt es eine Reihe von Faktoren, die dazu beitragen, die Arbeit wirklich als Mammutaufgabe definieren zu müssen. Es beginnt mit der Projektförderung. Fördertöpfe in Deutschland sind immer noch sehr konservativ in Fächerkanons sortiert. Da gibt es dann die Fördertöpfe für Konzerte in der „freien Szene“. Da dürfen dann aber keine Workshops oder Performances oder Mixed-Veranstaltungen unter Beteiligung von Kunst und Lyrik, auftauchen. Dann gibt es die großen Festivalfördertöpfe, die aber überwiegend für den Pop-Bereich aufgestellt sind. Dann müssen Künstlerkontakte gepflegt und aufgebaut werden, Werbung und Öffentlichkeitsarbeit sind eine Riesenaufgabe, um in zwei Bundesländern und drei Kreisen präsent zu sein. Drei unterschiedliche Antragsverfahren für Plakathängung, unterschiedliche Fristen für Ankündigungen in Mitteilungsblättern und Info-Foren, und so weiter. Viele Kräfte, auch ehrenamtlich unter anderem über unseren Verein, sind an diesem Projekt beteiligt. Für einen Außenstehenden ist schwer zu erkennen, wie viel Arbeit darin steckt, wie viele Anträge gestellt werden müssen, wie viel bedacht, organisiert und investiert werden muss. Wir sind aber in der Aufgabenverteilung mittlerweile sehr gut aufgestellt, sodass wir auch mit jedem Jahr etwas besser werden…

Fühlen Sie sich als Kulturschaffender ausreichend unterstützt von der Politik/der Öffentlichkeit/den Menschen in der Region?

Im Großen und Ganzen fühlen wir uns unterstützt, vor allem durch die rührigen Vertreter der VG Hamm samt ihrem Bürgermeister Dietmar Henrich, aber auch durch unsere Ortsgemeinde Forst, die logistisch viel tut. Der Kreis könnte zweifellos mehr tun. Schon allein finanziell müsste da mehr kommen. Die große Politik hilft auch. Im letzten Herbst waren beide Bundestagsabgeordnete der großen Parteien zu Besuch beziehungsweise zeigten sich auch rührig mit Anschreiben an die Kulturstaatsministerin. Beide Politiker sind nun aber unglücklicherweise nicht mehr im Bundestag vertreten. Auf Landesebene erleben wir viel Unterstützung durch die SPD-Fraktion, vertreten durch die Fraktionsvorsitzende Sabine Bätzing-Lichtenthäler sowie auch durch den Landtagspräsidenten Hendrik Hering. Die Menschen, die nach den Veranstaltungen bei uns schwärmen, leisten ihren Teil durchs Weitersagen. Wir sind uns allerdings sicher, dass in dem großen Umfeld der drei Kreise noch viele Menschen nicht von uns oder von unserem großartigen Ambiente und der Qualität der Veranstaltungen wissen. Und da sind viele Menschen noch versteckt, die genau so etwas auf dem Land suchen.

In diesem Jahr sind weniger Veranstaltungen in der Planung, warum?

Das hat im wesentlichen zwei Gründe. Der Frankfurter Komponist Gerhard Müller-Hornbach samt seiner kongenialen Partnerin und Ehefrau, die Cellistin Susanne Müller-Hornbach, mit denen wir je im September die Reihe OpenArtsWerkFabrik „Cello plus…“ durchführen, sind in diesem Jahr auf einer Europa-Tour und fallen aus. So fällt der September aus. Zudem haben wir in diesem Jahr das sehr ehrgeizige und logistisch aufwendige Vorhaben „Klangnacht“, das im Grunde genommen mehrere Veranstaltungen in einem unterbringt. Als wir von den angefragten Künstlern und Künstlerinnen grünes Licht bekamen, war klar, dass wir nicht noch sehr viel mehr andere Events unterbringen wollten. Wir wollen auch einfach einmal den Versuch machen, die Events zu bündeln und nicht zu viel zu machen. Ob das in den nächsten Jahren so bleibt oder ob dann wieder mehr Veranstaltungen im Paket sind, ist aber offen. Ausgeschlossen ist auch nicht, dass wir in diesem Jahr noch, unabhängig aber ergänzend zum Festival eine Sommerfilmreihe auf der Open-Air-Bühne anbieten werden.

Worauf freuen Sie sich persönlich am meisten bei den kommenden Open Arts?

Natürlich liegt mir jede Veranstaltung am Herzen, da ja auch je ein anderer Schwerpunkt und eine andere Zielgruppe/Generation angesprochen ist. Am meisten gespannt bin ich aber auf die „Klangnacht“ und eine große Vorfreude verbindet sich für mich mit dem Auftritt der französischen Schlagzeugerin Camille Emaille, die mich im wahrsten Sinne des Wortes bei ihrem Konzert bei den Leipziger Jazztagen 2023 vom Hocker gerissen hat.

Was erwartet die Besucher bei der Auftaktveranstaltung?

Wie in den letzten Jahren gibt es zum „Opening“ mit drei kürzeren Auftritten ein Wandern durch das Kunsthaus und am Ende, wenn das Wetter mitspielt, auf die „Open-Air Bühne“. Das Publikum ist nicht nur eingeladen, die Orte auch der weiteren Events kennenzulernen, sondern sie kommen in den kurzweiligen Genuss des ganzen Spektrums des Festivals. Drei Duos decken dabei stilistisch die Idee von open arts ab. Als Gastgeber eröffnen wir, Dorothé R. Marzinzik und ich, mit eigenen Kompositionen, in die fünf Grundschüler textlich mit eingebunden sind. Ein Duo aus Köln mit Stimme und Klarinette führt experimentell fort und als lokale Vertreter und Vertreterin schließen das Hämmscher (Breitscheider) Folk-Duo Joannes Mayr und Ingrid Mayr-Feilke mit einigen Liedern an. Wie immer ist der Eintritt frei.

Das gesamte Programm findet man unter www.kunsthaus-waeldchen.de

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