Der Dominoeffekt scheint unvermeidlich. Weil dem Kreis mit Blick auf den Haushalt 2025 Millionen fehlen, steigt auch im kommenden Jahr die Kreisumlage. Dadurch sind auch die Kommunen gezwungen, mehr Einnahmen zu generieren – vorrangig bei den Steuerhebesetzen. Heißt in letzter Konsequenz: Die Geldbörsen zücken müssen die Bürger.
„Wir fahren den Sozialstaat gesetzgeberisch an die Wand“, kommentierte Landrat Peter Enders die Eckdaten des kommenden Etats, die den Mitgliedern des Kreisausschusses am späten Montagnachmittag präsentiert wurden. Wenn in einem Haushalt von einer Viertel Milliarde Euro mit Masse nur Pflichtaufgaben zu erfüllen seien, sei der Spielraum „gleich null“, so der Chef des Kreishauses in seiner Kritik, die auf gesetzgeberische Vorgaben aus Berlin und Mainz abzielt.
„Wir fahren den Sozialstaat gesetzgeberisch an die Wand.“
Landrat Peter Enders
Doch was kommt auf den Kreis und damit letztlich auch auf seine Bewohner im kommenden Jahr zu? Kreiskämmerer Marc Schwan, der mit seinem Mitarbeiter Alexander Bewer die Leitpfosten des kommenden Etats einschlug, machte keinen Hehl daraus, dass die Kreisumlage (eine der Haupteinnahmequellen im Haushalt) um 2,5 Prozentpunkte auf 45,5 Prozent steigen muss. Mit diesem Vorschlag der Verwaltung will man in das Haushaltsgespräch mit der Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion (ADD) ziehen, auf dass die Behörde letztlich das Zahlenwerk absegnet. „Mit einem Plus von 2,5 Punkten haben wir gute Chancen, dass der Haushalt genehmigt wird“, zeigte sich Schwan optimistisch. Eine solche Anhebung würde dem Kreis Mehreinnahmen von 4,3 Millionen Euro bescheren – was die monetäre Situation im AK-Land zwar verbessert, aber längst kein Grund für Jubelgesänge ist. Denn die Anhebung in die Haushaltsplanung eingerechnet, beläuft sich laut Schwan das Minus im Jahresergebnis des Ergebnishaushaltes auf mehr als 7,1 Millionen Euro, die Unterdeckung im Finanzhaushalt auf rund 5,84 Millionen Euro.
Wie stark letztlich die Gemeinden „bluten“ müssen, zeigt der Blick auf die Abschöpfung der Umlagegrundlagen. Denn dort schlagen ja auch die Verbandsgemeindeumlage und etwaige Sonderumlagen zu Buche. „Die Kommunen kommen an ihre Belastungsgrenze“, rechnet Schwan vor. Insbesondere in der Verbandsgemeinde Wissen würde die Steuerertragshoheit auf mehr als 96 Prozent klettern – ein kritischer Wert. Hinzu kommt, so der Kämmerer, eine Veränderung bei der Schlüsselzuweisung A, die in der Summe auf ein Minus von mehr als 1,5 Millionen Euro hinausläuft. Besonders hart, so Schwan, treffe dies die Verbandsgemeinden Altenkirchen-Flammersfeld und Hamm.

Doch worin liegen die Hauptursachen für die finanzielle Schieflage? Es ist vor allem der Wegfall der Sonderzahlung für Flüchtlinge, der im Kreisetat ein Loch von rund 7,1 Millionen Euro reißen. Höhere Aufwendungen bei der Eingliederungshilfe (2,4 Millionen Euro) und der Jugendhilfe (2,3 Millionen Euro) sowie beim Personalaufwand (2 Millionen Euro) vergrößern das Minus. Und noch eines bringt Schwan mit nur einem Satz auf den (wunden) Punkt: „Im Kreis fehlt es an Steuerkraft.“
Aber gibt es weitere Maßnahmen, mit denen der Kreis die ADD davon überzeugen will, den Etat zu genehmigen und auch keine allgemeine Haushaltssperre zu fordern? Neben einer höheren Kreisumlage geht es laut dem Kämmerer vor allem darum, die freiwilligen Leistungen nicht auszuweiten. So schlägt die Verwaltung vor, die Gebühren für die Kreismusikschule zu erhöhen. „Wir haben die Sportförderung noch nicht rausgenommen“, gibt der Finanzexperte seiner Hoffnung Ausdruck, dass die Mittelbehörde in diesem Bereich nichts einkassiert.
„Im Kreis fehlt es an Steuerkraft.“
Kämmerer Marc Schwan
Aktuell wird der Haushaltsentwurf jetzt mit den Fraktionen erörtert. Der erweitere Kreisvorstand will sich am Montag, 9. Dezember, unmittelbar vor der zweiten Etatberatung des Kreisausschusses, mit der Problematik beschäftigen. Sind alle Hürden aus dem Weg geräumt, könnte der Haushalt 2025 vom Kreistag am Montag, 16. Dezember, beschlossen werden.