Kreisausschuss billigt "Schlüssiges Konzept" - Kreistag hat letztes Wort
Kreisausschuss Altenkirchen stimmt zu: Unterkunftskosten werden an höhere Bruttokaltmiete angepasst
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Symbolfoto: dpa/Jan Woitas

Jan Woitas. picture alliance / dpa

Im AK-Land gibt es rund 18.500 Mietwohnungen. Jede vierte wird durch die öffentliche Hand (Verbandsgemeinden oder Jobcenter) finanziert, weil deren Bewohner Leistungen nach den Sozialgesetzbüchern II und XII in Anspruch nehmen können. Doch welche Unterkunftskosten sind angemessen?

Mit diesem Thema hat sich der Kreisausschuss in seiner jüngsten Sitzung beschäftigt und (bei drei Enthaltungen) eine Empfehlung ausgesprochen, ab dem 1. Januar 2024 neue Obergrenzen für Bruttokaltmieten als „abstrakt angemessen“ anzuerkennen. Das letzte Wort hat am kommenden Montag der Kreistag. Dessen Zustimmung dürfte aber als sicher gelten.

Zwei Vergleichsräume

Aber was heißt das in der Praxis? Besagte Obergrenzen steigen im Vergleichsraum I (West), der die Verbandsgemeinden Altenkirchen-Flammersfeld und Hamm umfasst, für einen Ein-Personen-Haushalt von 390 auf 430 Euro, für einen Zwei-Personen-Haushalt von 460 auf 500 Euro sowie für einen Drei-Personen-Haushalt von 530 auf 630 Euro monatlich.

Im Vergleichsraum II (Ost), der die Verbandsgemeinden Betzdorf-Gebhardshain, Daaden-Herdorf, Kirchen und Wissen abdeckt, werden die Obergrenzen wie folgt angehoben: Von 390 auf 440 Euro im Ein-Personen-Haushalt, von 450 auf 480 Euro im Zwei-Personen-Haushalt und von 530 auf 600 Euro im Drei-Personen-Haushalt. Kreiseinheitlich steigt die Marke im Vier-Personen-Haushalt von 590 auf 650 Euro, im Fünf-Personen-Haushalt auf 780 Euro (von 670 Euro im Raum I beziehungsweise von 690 Euro im Raum II).

Kalte Nebenkosten: Alles außer Heizung und Warmwasser

Der Begriff Bruttokaltmiete bezeichnet dabei die Grundmiete sowie die sogenannten kalten Nebenkosten. Grob gesagt sind das alle Nebenkosten außer Heizung und Warmwasser. „Es handelt sich hierbei um ‚Bis-zu-Werte‘“, wie Heiner Kölzer, Chef des hiesigen Jobcenters, dem Kreishausschuss erläuterte. Er rechnet durch die Anhebung im kommenden Jahr mit Brutto-Mehrkosten von 10 bis 12 Prozent, was einer Summe von 1,3 Millionen Euro entspreche. Ein Teil dieser Kosten werde dabei vom Bund übernommen.

Doch auf welcher rechtlichen Grundlage basiert der Schritt? Als Träger existenzsichernder Leistungen hat das Bundessozialgericht die Landkreise verpflichtet, ein „schlüssiges Konzept“ zur Ermittlung angemessener Unterkunftskosten für Wohnungen einfachen Standards in vergleichbaren Gebieten zu ermitteln. Diesen „Auftrag“ hat der Kreis erneut, zuletzt vor zwei Jahren, an die Bonner Firma „Empirica“ weitergereicht, die die Unterkunftskosten aufgrund öffentlich inserierter Vermietungsangebote zwischen dem dritten Quartal 2021 und dem zweiten Quartal 2023 unter die Lupe genommen hat.

Schlüssig oder praxisfern?

„Das schlüssige Konzept ist zwar in sich schlüssig, aber ob es schlüssig im Sinne von praxistauglich ist, darf bezweifelt werden“, formulierte Fraktionssprecherin Anna Neuhof die Bedenken bei den Grünen und begründete deren Enthaltung mit weiterem Abstimmungsbedarf in der Fraktion. Vor allem bezweifelte sie, dass es an entsprechendem Wohnraum mangele – Bedenken, die Kölzer nicht teilte.

SPD-Fraktionschef Bernd Becker kritisierte, dass die Unterscheidung zwischen zwei Vergleichsräumen keine Differenzierung zwischen Mittelzentren und dem „ganz flachen“ Land erlaube. Hier führte der Jobcenter-Chef rechtliche Hürden an, die ein solches Vorgehen nicht erlaubten. „So war unser erstes Konzept verfasst, das vom Landessozialgericht verworfen wurde. Busenhausen und Harbach können wir nicht über einen Kamm scheren“, so Kölzer.

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