Was weniger mit einem Angriff auf die körperliche Unversehrtheit des Kämmerers und seines Mitarbeiters Alexander Bewer zu tun hatte als vielmehr mit den prognostizierten Zahlen zum Kreishaushalt 2025.
Denn auch, wenn es sich erst einmal nur um eine „Wasserstandsmeldung“ handele und sich täglich noch Veränderungen ergeben könnten, wie Schwan betont, drohe dem Kreis im kommenden Etat ein sattes zweistelliges Millionendefizit: Mit einem Minus von 13,9 Millionen könnte der Ergebnishaushalt abschließen. Beim Finanzhaushalt läuft es auf einen Fehlbetrag von 12,8 Millionen Euro hinaus, so die sich zum Wochenbeginn abzeichnende Prognose.
„Wir können vor diesen Zahlen nicht die Augen verschließen. Wir fahren den Sozialstaat an die Wand, und die Leidtragenden werden die Kommunen sein“, bilanzierte Landrat Peter Enders das vorläufige Rechenergebnis. Konkrete Eckdaten sollen dem Kreisausschuss dann am 18. November vorlegt werden.
46 Prozent stehen im Raum
Warum es die Kommunen treffen wird, liegt auf der Hand. Denn eine neuerliche Erhöhung der Kreisumlage (eine der Haupteinnahmequellen des Kreises) wird sich angesichts der prekären Lage nicht vermeiden lassen. Daran lässt Marc Schwan keinen Zweifel. Ein Anheben der Umlage von aktuell 43 auf bis zu 46 Prozent, was in etwa dem landesweiten Durchschnitt entspricht, ist nach Ansicht des Finanzexperten aber nur ein Schritt, um die Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion (ADD) davon zu überzeugen, den Haushalt für das kommende Jahr zu genehmigen. Denn die Mehreinnahmen von rund 5 Millionen Euro können das zu erwartende Defizit nur zu einem Teil ausgleichen.
Am 2. Dezember sind Vertreter des Kreises bei der ADD in Trier, um das Zahlenwerk vorzustellen und im günstigsten Fall mit einer Genehmigung der Mittelbehörde im Gepäck die Heimreise nach Altenkirchen antreten zu können. Denn, auch das macht Schwan unmissverständlich klar: Ein nicht genehmigter Haushaltsplan hätte massive Auswirkungen auf die Handlungsfähigkeit des Kreises.
Freiwillige Leistungen auf dem Prüfstand
Doch was kann man der ADD darüber hinaus „anbieten“, damit diese die Ampel auf Grün stellt? Das Finanzreferat sieht es als zwingend notwendig an, dass der Kreis freiwillige Leistungen nicht ausweitet. Das kann zum Beispiel die kulturellen Einrichtungen betreffen, aber auch Bereiche wie die regionale Kreisentwicklung oder die Wirtschaftsförderung. Auch eine allgemeine Haushaltssperre ist mit im Körbchen ebenso wie eine Begrenzung der Investitionen auf Maßnahmen, die die Leistungsfähigkeit des Kreises nicht belasten, auf bereits begonnene Vorhaben oder auf sachlich und zeitlich besonders wichtige Maßnahmen, die eine Förderung von mindestens 60 Prozent erfahren.
Und wie sieht es mit neuen Schulden aus? Hier hebt Marc Schwan den warnenden Zeigefinger. „Inzwischen tun uns die zwischenzeitlich angestiegenen Zinssätze richtig weh“, betont er. Zum anderen verweist er auf eine geänderte Gemeindeordnung, die Kommunen verpflichtet, seit Januar 2024 aufgenommene Kredite zur Liquiditätssicherung spätestens 36 Monate nach Ablauf des Haushaltsjahres, für das sie aufgenommen worden sind, vollständig zu tilgen.
Pflichtaufgaben nehmen zu
Doch wie konnte es so weit kommen, dass die Haushaltslage sich derart verschärft hat? Enders und auch Schwan werden nicht müde zu betonen, dass die Probleme nicht hausgemacht sind und viele Landkreise sich mit dieser Situation auseinandersetzen müssen. „Wir bekommen von Bund und Land immer mehr Pflichtaufgaben, die uns in der Summe finanziell überfordern“, so der Landrat, der vor rund drei Wochen schon einmal Alarm geschlagen hatte. Damals schon hatte er Forderungen der kommunalen Spitzenverbände unterstützt, dass sich das Land unter anderem an ungedeckten Ausgaben in den Bereichen Soziales und Jugend mit originären Landesmitteln außerhalb des Kommunalen Finanzausgleichs beteiligt.
Es ist vor allem der Wegfall der Sonderzahlung für Flüchtlinge (7,3 der insgesamt 9,3 Millionen Euro verblieben in der Kasse des Kreises), es sind gestiegene Personalkostenerstattungen in den Kitas und wachsende Ausgaben bei der Eingliederungshilfe, der Jugendhilfe, bei Asylbewerberleistungen und auch bei den Leistungen der Grundsicherung, die laut Finanzbericht 2024 mit insgesamt zusätzlich rund 6,7 Millionen Euro negativ zu Buche schlagen.
Viel Arbeit also noch für Kämmerer Schwan und das Finanzreferat, damit der Kreistag am 16. Dezember über das Zahlenwerk für 2025 final abstimmen kann. Dann haben auch die Kommunen Gewissheit, was finanziell auf sie zukommt. Und letztlich, dazu muss man auch kein Prophet sein, wird auch der Bürger nächstes Jahr tiefer in die Tasche greifen müssen – eine höhere Grundsteuer lässt grüßen.