Nach dem sehr gelungenen Auftakt mit der britischen Kultband Colosseum erlebten die Werktage der Wissener Eigenart, die in diesem Jahr ihr Jubiläum zum 25-jährigen Bestehen feiert, eine prima Fortsetzung mit dem Kölner Ensemble „Stunk unplugged“.
Mit brillantem Witz sorgten die Schauspieler, Komödianten, Satiriker und Musiker im Wissener Kulturwerk für mehr als zweieinhalb Stunden Zwerchfellattacken – mit Höhepunkten aus 41 Jahren Stunksitzung.

Schon der Beginn war zugleich eine Reise in die Vergangenheit und ein Beweis dafür, dass Probleme und Herausforderungen von vor mehr als 20 Jahren auch heute noch uneingeschränkt bestehen: „Wer kann sich erinnern, wer im Jahre 2003 Gesundheitsministerin war?“, fragte Keyboarder und Moderator Gilly Affeo ins Publikum und lieferte die Antwort gleich mit: „Ulla Schmidt“. Die Auswüchse, die dann auf der Bühne präsentiert wurden, sorgten für anhaltende Lacher, denn das Motto hieß: Selbermachen, auch bei OPs, und so wurden im Stile eines „Obi-Fachmarktes für Heimchirurgie“ (Gilly Alfeo) den Hobbychirurgen zahlreiche Angebote unterbreitet– wie etwa 100 Liter Spenderblut mit praktischem Einführset oder die „Bypassoperation für Jedermann“. Der Vorteil (insbesondere für die Anbieter): Verstarb der Patient, war eine „unsachgemäße“ Handhabung schuld“.
„Ich glaube, Sie haben das zum ersten Mal gemacht, ich sehe so etwas“, sagte die zuständige Krankenschwester unter dem Lachen der Zuschauer. Aber auch eine hochschwangere Frau, die gemeinsam mit ihrem Mann zur Entbindung gekommen war, kam in den Genuss des modernen, auf Effizienz ausgerichteten Systems: „Hose runter, Kind raus, Hose rauf“, das war das, was der zuständige Arzt dem Paar, das in die „Selbstentbindungsstation“ verwiesen wurde, mit auf den Weg gab.

Urkomisch und bisweilen bis zur Zwerchfellschmerzgrenze satirisch auch die folgenden Darbietungen, wie etwa das Thema Ausländer, einmal mehr ein gesellschaftspolitisch ernster Hintergrund, serviert mit lockerem Humor: Dies offenbarte sich auf einem (imaginären) Fußballfeld in Köln, als ein Trainer seine „Jungs“ zu sportlichen Höchstleistungen animierte: „Hassan, wenn du jetzt nicht sofort den Ball abgibst, hast du morgen Ramadan“, war dabei eine ebenso motivierende Drohung wie: „Wenn du nicht abgibst, wirst du abgeschoben nach Düsseldorf.“ Eine Mutter, die ihren Sohn Severin im Verein anmelden wollte, fragte besorgt: „Sind das alles Ausländer?“, worauf der Trainer antwortete: „Nee, die sind von hier“ – noch heute ist der Sketch brandaktuell, obwohl er aus dem Jahr 1995 stammt.
Aber auch internationale und deutsche Politiker und Parteien wurden ins satirische Visier genommen, von Trump über Putin und Friedrich Merz („69-jähriger Berufsanfänger„) bis hin zur FDP reichte die Palette: Letztere hatte sich als “Anonymes liberales Terrorkommando Gelbe-Armee-Fraktion„ zum Ziel gesetzt, mit Waffengewalt die derzeitigen Zustände zu ändern: „Wir haben alle eine Ausbildung mit kriminellem Hintergrund – eine Banklehre“, sagte eine der auf der Bühne agierenden Aktivistinnen unter dem Lachen der Gäste.
Gags in Strophen
Viel Humor gab es auch bei der Livemusik von Gilly Alfeo, Josef Piek und Chris de Wueb, die etwa als „letzte Kamelle“ ihr trauriges Schicksal angesichts immer üppiger werdender Rosenmontagsgeschenke beklagten oder als Radfahrer unter fröhlichen Swing-Rhythmen in Köln unterwegs waren: „Da schneidet dich ein Idiot, zum ersten Mal bist du fast tot.“
Auch die Überlegungen zur Wehrpflicht erhielten angesichts der Schwierigkeiten, in geburtenschwachen Zeiten genug Rekruten zu finden, ganz neue Ansätze im Kulturwerk: „Wir brauchen Sie, Sie brauchen uns, auch Senioren sind herzlich willkommen, denn bewegliche Ziele sind besser als Pappkameraden“, verkündete ein General von der Bühne. Einmal mehr eine Aussage, die für anhaltende Lacher an einem Abend sorgte, der viele Schlaglichter auf gesellschaftliche und politische Gegebenheiten warf und vor allem eines nicht schonte: die Zwerchfelle der Gäste.