Konkrete Summen außen vor
Klinik Kirchen: Mainz bekräftigt seinen Förderwillen
Neben der inhaltlichen Auseinandersetzung über die geplante Übernahme des Kirchener Krankenhauses durch die Diakonie hatte der Kreistag Altenkirchen vor der Aussprache den seltenen Fall der Klärung einer möglichen Befangenheit zu klären.
Markus Kratzer

Nach der Zustimmung des Kreistages zur Übernahme des Krankenhauses Kirchen durch die Diakonie geht der Blick nach Mainz: Wie viel Geld macht das Land dafür locker? Und dann gab es in der Sitzung noch eine nicht alltägliche Befangenheitsdebatte...

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Der CDU-Kreisvorsitzende Matthias Reuber hat in der Kreistagssitzung, in der der politische Weg für eine Übernahme des Kirchener Krankenhauses durch die Diakonie in Südwestfalen freigemacht wurde, die ehemalige Gesundheitsministerin Sabine Bätzing-Lichtenthäler aufgefordert, sich bei ihrem Nachfolger für eine größtmögliche Förderung stark zu machen. Aber was ist überhaupt möglich? Die 90 Prozent, die lange über dem Müschenbacher Feld kreisten, als es noch um den Bau eines neuen Krankenhauses ging? Gegenüber unserer Zeitung verweist die heutige SPD-Landeschefin und Fraktionsvorsitzende im Landtag auf ein Schreiben von Gesundheitsminister Clemens Hoch vom 2. Juni, in dem dieser dazu Stellung bezogen hat – ohne aber auch hier konkrete Summen zu nennen.

„Die Diakonie in Südwestfalen steht mit dem Ministerium bezüglich geplanter Investitionsvorhaben im Austausch. Ich kann ich Ihnen mitteilen, dass kurzfristig notwendige Investitionen, insbesondere in der IT, schnell gefördert werden können“, schreibt der SPD-Politiker. Eine Modernisierung und bauliche Anpassung sei im Rahmen der Krankenhausinvestitionsfinanzierung grundsätzlich förderfähig. Hierzu seien die Planungen auf Basis eines idealisierten Raum-und Funktionsprogramms mit dem Ministerium abzustimmen. „Eine höchstmögliche Förderung von 90 Prozent der förderfähigen Kosten wird dort angestrebt, wo dies rechtlich auch möglich ist“, wird Hoch weiter zitiert.

„Eine höchstmögliche Förderung von 90 Prozent der förderfähigen Kosten wird dort angestrebt, wo dies rechtlich auch möglich ist.“
Gesundheitsminister Clemens Hoch (SPD) in einem Schreiben vom 2. Juni zu einer möglichen Förderung am Klinikstandort Kirchen

Für belastbare Zusagen über die Leistungsgruppen, die das Kirchener Krankenhaus künftig vorhält, hatte sich Anna Neuhof, Chefin der Grünen-Kreistagsfraktion, in der Sitzung stark gemacht. Auch hier verweist Bätzing-Lichtenthäler auf das Schreiben des Gesundheitsministers, das auch Landrat Peter Enders vorliege. „Wir können für die Zeit ab 2027 noch keine Leistungsgruppen verbindlich zusagen. Ich habe dem neuen Träger aber bereits schriftlich in Aussicht gestellt, dass wir den Versorgungsauftrag in der bisherigen Form fortführen und auf den neuen Träger übertragen werden“, so Hochs Aussage.

Es wird also wohl noch eine Zeit dauern, bis abschließend Klarheit herrscht, wie das medizinische Angebot in Kirchen aussehen kann. Zumal jetzt auch erst der Insolvenzverwalter das zwischen Kreis und potenziellem neuen Träger ausgehandelte Vertragswerk abklopfen muss. Die Kreistagssitzung, in der der Landrat den eventuell „wichtigsten und weitreichendsten Beschluss der vergangenen Jahrzehnte“ verortet, machte aber noch in einem anderen, sehr viel formalen Punkt von sich reden. Im Vorfeld der Aussprache ging es darum, ob das Kreistagsmitglied Ralf Käppele von der gleichnamigen Wählergruppe, ebenso wie der Diakonie-Geschäftsführer Josef Rosenbauer (CDU) und Kirchens Stadtbürgermeister Andreas Hundhausen (SPD), wegen Befangenheit kein Rederecht erhält und auch nicht abstimmen darf. Käppele vertrat hier eine andere Auffassung als die Zentralabteilung der Verwaltung.

„Armani-Anzug und Lederkoffer stand über Jeans und fundierter fachlicher Analyse.“
Der Altenkirchener Jurist Ralf Käppele wirft der Kreispolitik vor, dem DRK zu lange vertraut zu haben.

Justiziar Norbert Schmauck, der von einem Fall sprach, wie er seit Mitte der 1990er-Jahre erst zum zweiten Mal vorkomme, erläuterte das Prozedere. Zunächst durfte Käppele unter Ausschluss der Öffentlichkeit seine Argumente vorbringen, warum er sich nicht für befangen hält. Dann musste auch der Altenkirchener Rechtsanwalt den Sitzungssaal verlassen. Nach der Abstimmung des Kreistages wurde dann wieder die Öffentlichkeit hergestellt und die Entscheidung ohne Angabe von Gründen verkündet: Das Gremium sah die Befangenheit mehrheitlich als gegeben, was Käppele sichtlich enttäuscht zurückließ. „Ich habe bei der Wahl mehr als 4400 Stimmen erhalten und darf meine Wähler jetzt nicht vertreten“, sagte er gegenüber unserer Zeitung.

Seine Rede – das Manuskript liegt unserer Redaktion vor – war längst geschrieben, wie er weiter ausführte. Darin bedauert er, dass eine Rekommunalisierung als Alternative zu einer Übernahme durch einen Träger als Option nicht befürwortet worden sei. Hart geht er mit dem insolventen Träger, der DRK-Krankenhausgesellschaft als Betreiber der Krankenhäuser Altenkirchen-Hachenburg und Kirchen ins Gericht. Zu lange habe der Kreis auf Aussagen des Trägers und seines Aufsichtsratsvorsitzenden Manuel Gonzalez vertraut, warnende Stimmen ignoriert. „Armani-Anzug und Lederkoffer stand über Jeans und fundierter fachlicher Analyse“, schreibt Käppele.

Insbesondere trauert der Jurist der Schließung der Klinik in der Kreisstadt nach. „Wenn es zutrifft, dass die Diakonie im zweiten Insolvenzverfahren ein Angebot für die Häuser in Altenkirchen, Kirchen und Hachenburg abgegeben hat, hätten wir in Altenkirchen noch oder wieder ein Krankenhaus. In dieser Konstellation wäre der Standort in Hachenburg zumindest reduziert worden, Fachrichtungen wären aus wirtschaftlichen Gründen wieder in Altenkirchen verortet worden. Hierfür spricht nicht zuletzt die bauliche Qualität am Standort Altenkirchen“, heißt es im Redemanuskript.

Darin bekräftigt Käppele aber auch seine Bereitschaft, der Diakonie einen Vertrauensvorschuss entgegenzubringen. „Den Worten des dortigen Geschäftsführers in der Kreisausschusssitzung mögen Taten am Standort Altenkirchen folgen“, so sein Wunsch.

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