Krankenhäuser im AK-Land vor schwierigen Zeiten: Betriebsrat Bruch nimmt Träger in Schutz
Klinik-Aus in Altenkirchen: DRK rechnet mit 30 Kündigungen – Betriebsrat verteidigt Einschnitte
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Das Aus für den Krankenhaus-Standort Altenkirchen ist besiegelt. Der Gesamtbetriebsratsvorsitzende Eberhard Bruch verteidigt die schmerzhaften Einschnitte.
Archiv Heinz-Günter Augst. Heinz-Günter Augst

Die Krankenhäuser im Kreis Altenkirchen steht vor schwierigen Zeiten. Bald wird der Standort in der Kreisstadt der Vergangenheit angehören. Und im Kirchener Krankenhaus wird die Neurologie geschlossen. Der Gesamtbetriebsratsvorsitzende nimmt das DRK in Schutz –  und die Politik in die Pflicht.

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Die Einschnitte an den DRK-Krankenhäusern in Altenkirchen und Kirchen könnten 30 Beschäftigte an beiden Standorten ihren Job kosten. Diese Zahl an Kündigungen steht laut Eberhard Bruch, Gesamtbetriebsratschef der DRK-Krankenhausgesellschaft Rheinland-Pfalz, im Raum. Fakt ist, dass die Ärzte der neurologischen Abteilung in Kirchen alle entlassen werden, da es in den anderen Häusern des Trägers schlicht keine neurologische Abteilung gibt, in der man die Fachmediziner hätte weiterbeschäftigen können. Und für insgesamt 59 der zusammengefassten Vollzeitstellen in Altenkirchen und Kirchen soll es Versetzungsangebote geben. An dieser Zahl könne sich allerdings noch oben oder unten noch etwas ändern, so Bruch.

Die neuesten Hiobsbotschaften für den Altenkirchener Krankenhausstandort sowie der Kirchener Klinik haben eine Welle der Kritik angeschoben. Adressat ist die DRK-Trägergesellschaft Süd-West, zu der die beiden Einrichtungen gehören. Doch Betriebsratschef Bruch will hier nichts von Schuldzuweisungen wissen. Er nimmt im Gespräch mit unserer Zeitung den Träger eindeutig in Schutz und begründet die jüngsten Entscheidungen als alternativlos.

Eberhard Bruch, Gesamtbetriebsratchef der DRK-Krankenhausgesellschaft Rheinland-Pfalz
Astrid Sauermann

Überrascht sei er weniger gewesen über die schlechten Nachrichten. Was ihn stattdessen verblüfft habe, war, „dass man gezwungen war, die Maßnahmen in dieser Geschwindigkeit durchzuführen“, also die Schließung der Neurologie im Kirchener Krankenhaus und das faktische Aus für den Altenkirchener Klinikstandort, wo lediglich die Kinder- und Jugendpsychiatrie fortbestehen und ein Medizinisches Versorgungszentrum (MVZ) etabliert werden soll. Schließlich sei bekannt gewesen, dass die betroffenen Abteilungen defizitär sind, so der Interessenvertreter für rund 2500 Beschäftigte.

Er bestätigt, dass mit ausschlaggebend für die Entscheidung war, dass schlicht Patienten und damit Einnahmequellen ausgeblieben sind. „Aber das ist nicht der Grund, warum man schließt“, stellt Bruch klar. Es seien Zahlungen vom Kostenträger ausgeblieben, die fest eingeplant gewesen seien. Die Alternative wäre laut Bruch gewesen, in acht Wochen alle Standorte der Krankenhausgesellschaft Rheinland-Pfalz zu schließen – die Häuser in Altenkirchen, Hachenburg, Kirchen, Neuwied und Alzey betreibt.

Kritik an Landeregierung

Vor diesem Hintergrund ärgert er sich über die aus seiner Sicht „nicht adressatengerechte Zuweisung von Schuld“ und „scheinbare Betroffenheit“ der Politik. „Die Einzigen, die hier einen Grund haben, aufzuschreien, sind die Beschäftigten, weil die jetzt die Suppe auslöffeln müssen, die die Politik ihnen eingebrockt hat“, so Bruch. Explizit nimmt er hier die Landesregierung in die Verantwortung. Nach dem Bekanntwerden der Krankenhausinsolvenzen in Rheinland-Pfalz hätte sie ihre Strategie überdenken müssen. „Jetzt mit dem Finger auf das DRK zu zeigen, ist eine Unverschämtheit.“

Und auch die Kreispolitik nimmt Bruch ins Visier. Unter anderem hatte Landrat Peter Enders die jüngsten Einschnitte deutlich kritisiert. Dem hält Bruch entgegen: „Ich kann doch nicht davon ausgehen, dass ich mir Wünsche und Forderungen von jemand anderen finanzieren lasse.“ Und genau darauf hätten Gespräche abgezielt: dass man eine Zwischenfinanzierung für einen Übergang umsetzen kann, bis man weiß, wohin die Reise bezüglich der vom Bund angekündigten Krankenhausstrukturreform hingehen soll.

Bis es hier Klarheit gebe, sei es politischer Wille, den Krankenhausmarkt zu bereinigen, wie sich Bruch sicher ist. Für ihn ist klar: „Wenn man nicht seit zehn Jahren Öl ins Feuer gießen würde und eine Einhaus-Lösung für Altenkirchen und Hachenburg nicht zerredet hätte, wäre diese Situation in dieser Form nicht entstanden.“ In dem Zusammenhang kritisiert Bruch die Kreis- und Kommunalpolitik dafür, dass sie aus seiner Sicht, nicht nur die Bevölkerung verunsichere, sondern auch die Belegschaften der Klinikstandorte Altenkirchen und Hachenburg gegeneinander aufgebracht habe. Und den neuerlichen Vorstoß von Landrat Enders, der sich dafür ausgesprochen hatte, dass ein Westerwaldklinikum entgegen der ursprünglichen Pläne im Kreis Altenkirchen gebaut werden müsse, tut Bruch als Kirchturmdenken ab.

Zu viele Unwägbarkeiten bestünden derzeit, die Diskussion sei völlig überflüssig. Das DRK nimmt er dabei in Schutz und verweist auf die Einschätzungen der vom Betriebsrat im Zuge der Insolvenz beauftragten Berater. Sie hätten die jüngsten Entscheidungen als alternativlos eingestuft. Bei der Umsetzung gelte das Motto: Je schneller, desto besser. Für die Beschäftigten wäre es aus seiner Sicht sogar besser gewesen, wenn die Schritte schon vor drei bis vier Monaten vollzogen worden wären. Denn die Maßnahmen sollten bewirken, die Arbeitsplätze in den noch vorhandenen Strukturen zu sichern.

Ursprünglich anderes Konzept

Bruch räumt ein, dass das ursprüngliche Konzept ein anderes gewesen sei. Gleichzeitig weist er darauf hin, dass die Pläne schon von Natur aus nicht in Stein gemeißelt sein könnten. Immer wieder seien Anpassungen nötig. Landrat Enders hatte auch gefordert, verstärkt den Blick Richtung Siegerland zu richten, also eine trägerübergreifende Lösung anzustreben. Für Bruch steht allerdings angesichts der von der Politik angestoßenen strukturellen Veränderungen, mit denen die Kliniken in Nordrhein-Westfalen zu kämpfen hätten, fest: „Was die Siegener Krankenhausbetreiber als allerletztes brauchen, sind 12.000 bis 13.000 Patienten aus dem Kirchener Krankenhaus.“

Kooperationen über die Landesgrenze hinweg will der Arbeitnehmervertreter hingegen nicht ausschließen. Derzeit liefen laut ihm bereits Gespräche mit den Siegener Kliniken. Die seien allein schon deswegen geboten, um die Ausbildung von Ärzten sicherzustellen, da nicht mehr jede Krankenhausgesellschaft die komplette Bandbreite an medizinischen Abteilungen anbietet.

Hoffnung kann Bruch bezüglich des Kirchener Krankenhauses machen. In der Abdominalchirurgie (beispielsweise Operationen am Darm der Galle) bestünden keine Probleme. Den Personalengpass bei den Oberärzten in der Gastroenterologie (Behandlungen von Erkrankungen des Magen-Darm-Trakts sowie der verbundenen Organe) bestätigt der Gesamtbetriebsratsvorsitzende. Doch er sei zuversichtlich, dass dieser kurzfristig kompensiert werden könne

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