Tiroler Grauvieh und Hinterwälder sind laut Siemes die kleinsten in Deutschland ansässigen Kuhrassen. Überwiegend werden sie in den Hochlagen der Alpen und des Schwarzwalds für den Naturschutz eingesetzt. Auch die Tiere in Merkelbach sollen diesen Zweck erfüllen. „Sie halten das Gras kurz und düngen es gleichzeitig. Das langsame Abfressen der Wiesen ist auch für den Insektenschutz viel besser als maschinelles Mähen“, betonen die Landwirtin und der Ortschef.
Wie ein Schäfer zieht Carola Siemes in den Sommermonaten mit ihrer kleinen Kuhherde, zu der aktuell noch ein Fleckvieh gehört, durch die Landschaft rund um Merkelbach. Mit mobilen, durch Solarenergie betriebenen Stromzäunen kann sie nahezu überall kleine Weiden entstehen lassen. Wenn Wanderer dort vorbeikommen, wird sie nicht selten von diesen auf ihre kleinen Rassen angesprochen. „Die Leute möchten dann gerne wissen, was das für Tiere sind und woher sie kommen“, berichtet Siemes. Besonders freut sie sich aber darüber, dass ihre 15-jährige Enkelin Finja Bräuer ihre Leidenschaft und Begeisterung für die kleinrassigen Kühe teilt. „So erlernt sie schon früh den natürlichen Umgang mit Tieren“, so die Großmutter. Beide haben sich kürzlich für den Tassilo-Tröscher-Preis des Vereins Agrarsoziale Gesellschaft beworben: Carola Siemes in der Sparte Erwachsene, Finja Bräuer in der erstmals separat ausgeschriebenen Kategorie Jugend. Der Wettbewerb findet alle zwei Jahre statt. Ausgezeichnet werden dabei innovative Projekte und Initiativen, die das Leben der Menschen auf dem Land bereichern und erleichtern, „kurz gesagt: ihre Lebenssituation verbessern“, wie es auf der Homepage des Vereins heißt. „Als wir die Ausschreibung für den Preis in der Bauernzeitung gelesen haben, haben wir uns sofort beworben“, sind Großmutter und Enkelin ganz euphorisch. Im Juli, so hat man ihnen angekündigt, wird sich eine Jury ihr Projekt in Merkelbach vor Ort anschauen. „Es wäre schon toll, wenn wir bei dem Wettbewerb Erfolg hätten“, sagen Finja und ihre Oma. Verständlich, immerhin ist der Preis in der Erwachsenenkategorie mit 6000 Euro und in der Jugendsparte mit 3000 Euro dotiert.
Merkelbachs Ortsbürgermeister Schneider ist glücklich, dass es noch Landwirte in seiner Gemeinde gibt. Der Hof von Familie Siemes ist allerdings der letzte mitten im Ort – und da soll er laut Schneider auch bleiben, weil dies für ihn ein schönes Zeichen für eine ländlich geprägte Region ist. Und dazu gehören für ihn eben auch die Streuobstwiesen, auf denen Äpfel, Birnen, Kirschen, Zwetschgen und Mirabellen wachsen – allerdings nur alte Sorten, die hier erhalten werden sollen. Wer Interesse an den Früchten hat, kann sich bei der Gemeinde zum Pflücken anmelden. Nadja Hoffmann-Heidrich