CDU im AK-Land diskutiert
Kitas im Land und ihr hürdenreicher Zukunftsweg
Auf dem Podium diskutierten (von links) die beiden Landtagsabgeordneten Matthias Reuber und Jenny Groß, Bürgermeister Berno Neuhoff, Marina Schramm (Kita St. Katharina Schönstein), Tanja Weger (Kita Lummerland Wissen) und MdL Michael Wäschenbach.
Elmar Hering

Wie muss die Zukunft der Kindertagesstätten gestaltet werden, damit in der viel zitierten frühkindlichen Bildung tatsächlich die Mädchen und Jungen im Mittelpunkt stehen? Um diese und weitere Fragen ging es bei einer Podiumsdiskussion in Wissen.

„Bildung von Anfang an.“ Mit diesem Slogan wirbt das Land Rheinland-Pfalz für sich. Doch wenn diejenigen zu Wort kommen, die tagtäglich in den Kitas für die frühkindliche Bildung verantwortlich zeichnen, dann fällt das Urteil wenig positiv aus: „Miserabel gemacht!“

Gemeint ist das 2021 in Kraft getretene Kita-Zukunftsgesetz. Mit ihm und den Herausforderungen, denen sich heimische Kindertagesstätten und deren Träger stellen müssen, befasste sich eine Podiumsdiskussion im Kulturwerk in Wissen. Ein Jahr vor der nächsten Landtagswahl waren rund 150 Interessierte, vor allem Erzieherinnen aus Kitas im AK-Land, der Einladung der Kreis-CDU gefolgt. Kreisvorsitzender Matthias Reuber konnte auf dem Podium nicht nur seine Landtagskollegen Jenny Groß und Michael Wäschenbach sowie Wissens Bürgermeister Berno Neuhoff begrüßen, sondern auch die beiden erfahrenen Fachfrauen Marina Schramm (Leiterin der Kita St. Katharina in Wissen-Schönstein) und Tanja Weger (stellvertretende Leiterin der Kita Lummerland in Wissen). Anstelle eines persönlichen Impulsvortrages komplettierte der kurzfristig verhinderte CDU-Fraktions- und Landesvorsitzende Gordon Schnieder per Videobotschaft die christdemokratische Riege.

Gut gefüllt war der Saal des Kulturwerks bei der Diskussionsveranstaltung der CDU zur Situation der heimischen Kindertagesstätten.
Elmar Hering

„Der Austausch ist wichtig“, gab Reuber eingangs die Stoßrichtung vor. Jede Menge Input aus erster Hand lieferten Marina Schramm und Tanja Weger mit ihrer Präsentation, der sie eine klare Stellungnahme vorausschickten: Da es primär um die Arbeitssituation der Erzieherinnen und Erzieher, um die Kinder, deren Familien und auch um die Träger gehe, rückten Überlegungen in den Hintergrund, sozusagen für die CDU in den Ring zu steigen. Die beiden Pädagoginnen streiften kurz Auswirkungen des Kita-Gesetzes in der täglichen Praxis – von der steigenden Arbeitsbelastung über Ungleichgewichte im Personalschlüssel (zum Beispiel Kleinkinder unter zwei Jahren betreffend) bis zu Bürokratiezuwachs und dem Instrument des Sozialraumbudgets, mit dessen Hilfe im Kreis Altenkirchen zwar neue Stellen für Netzwerkerinnen und Kita-Sozialarbeiterinnen geschaffen wurden, während aber andererseits Zusatzkräfte weggefallen sind. Einzelnen Vorstellungen des Gesetzes erteilten Schramm und Weger eine klare Absage, so halten sie etwa den Kita-Beirat, der dem Elternbeirat übergeordnet sein soll, für „Zeitverschwendung“ und absolut verzichtbar.

Die beiden Erzieherinnen beließen es aber nicht nur bei ihrer Mängelliste, vielmehr formulierten sie auch Ideen für einen guten Kitabetrieb. Dazu zählen, um nur einige zu nennen: kleinere Gruppen, keine vollständige Anrechnung von Nichtfachkräften im Stellenschlüssel, Personalberechnung unter Einbeziehung aller Altersgruppen, verbindliche Zeiten für Teamsitzungen und Fortbildungen. Generell wünschten sie sich ein besseres Ansehen „dieser wichtigen, zukunftsweisenden Aufgabe.“ Angesprochen wurde auch das pädagogisch nicht unumstrittene Thema Mensa, also der ab 2028 zu erfüllende Rechtsanspruch auf eine Ganztagsbetreuung mit warmem Mittagessen. Marina Schramm: „Ein absoluter Rückschritt wäre es, wenn wird dann wieder an der Durchreiche stehen und Essen ausgeben.“

„Die Kita scheint zu einem Wünsch-dir-was-Ort zu verkommen.“
Erzieherin Tanja Weger

Jenny Groß, bildungspolitische Sprecherin ihrer Fraktion im Mainzer Landtag, richtete ihre Kritik auch an die Eltern, denn an vielen Stellen sei eine Art Servicementalität in Bezug auf die Kitas nicht zu übersehen. Dem Land hielt sie vor, dass Rheinland-Pfalz bei den Sprachförderkräften einen Sonderweg gehe, und ihr Kollege Reuber unterstrich, am Geld scheitere es nicht, da im Landeshaushalt ausreichend Mittel vorhanden seien, die an anderen Stellen nicht abgerufen würden.

Vehement äußerte sich Bürgermeister Neuhoff: Er forderte auskömmliche Finanzierung, weniger Bürokratie, mehr Vertrauen, pauschale Förderung sowie Abschaffung einer Zwischenebene (zum Beispiel Landesamt) und überzogener baulicher Vorschriften. Angesichts eines jährlichen Finanzaufwandes von 1,6 Millionen Euro in der VG Wissen sprach er von einem „Gesetz auf dem Rücken der Kommunen“.

Die Fragerunde entwickelte sich enorm vielschichtig. Unter anderem tauchte das Thema Inklusion auf, verbunden mit dem Hinweis auf fehlende Entlastungen. „Die Idee der Inklusion ist im Prinzip gut“, sagte MdL Wäschenbach, „aber für die Umsetzung braucht es Personal und Räume.“ Bemängelt wurde zudem, dass die Bewilligung der Integrationskräfte zu lange dauere. Die von anderen Erzieherinnen und Erziehern beschriebene Palette der Probleme reichte von den zunehmenden Spezialanforderungen an die Hauswirtschaft (Sonderwünsche und Diäten beim Essen) bis zu den Schwierigkeiten der Praxisanleiter, den Auszubildenden gerecht zu werden, da dies nur unzureichend im Stellenschlüssel berücksichtigt werde.

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