Modellkommune im Westerwald
Jüdisches Erbe kann in Hamm digital erlebt werden
Mit der Idee für einen digitalen Rundweg zur jüdischen Geschichte setzte sich die Ortsgemeinde Hamm beim Förderprojekt KuLaDig als eine von sechs Modellkommunen im Land in diesem Jahr durch und kann die Idee nun mit tatkräftiger Unterstützung seitens des KuLaDig-RLP-Projektteams umsetzen. Dafür trafen sich jetzt Angehörige des Arbeitskreises für jüdische Geschichte in Hamm, von der Tourist Information und Mitglieder des Projektteams in Hamm.
Sonja Roos

Die Ortsgemeinde Hamm hat mit der Idee zu einem digitalen Rundweg zur Erinnerung an die Opfer der Shoah im Ort an einer Ausschreibung des Projekts Kultur.Landschaft.Digital-RLP teilgenommen und wurde als eine von sechs Modellkommunen ausgewählt. 

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KuLaDig RLP – ein sperriger Name für ein hoch spannendes Projekt, bei dem auch kleine Kommunen in Rheinland-Pfalz die Möglichkeit haben, ihr kulturelles Erbe digital aufbereiten zu lassen. Hamm gehört jetzt zu den 62 Modellkommunen im Land, die in den Genuss der Unterstützung und Förderung durch dieses Projekt kommen.

Die Abkürzung steht dabei für „Kultur, Landschaft und Digital“. Das Forschungs-, Modell- und Förderprojekt wird seit 2019 vom rheinland-pfälzischen Innenministerium finanziert und federführend vom Institut für Kulturwissenschaft der Universität Koblenz durchgeführt. Im Rahmen des Projekts werden ausgewählte Objekte digital wie multimedial aufbereitet, damit verbundene Geschichten sichtbar und vielseitig nutzbar gemacht werden.

Hamm ist eine von sechs Modellkommunen im siebten Projektjahr

Für die Ausschreibung für das Jahr 2025 war das Leitthema „Lebenswege der Geschichte: Biografische Spurensuche“ ausgelobt worden. Unter den vielen Bewerbungen stach Hamm mit der Idee hervor, einen Rundweg zu den Stolpersteinen im Ort anzubieten, der mit QR-Codes und anderen digitalen Elementen aufbereitet werden soll, damit er möglichst vielseitig und für viele Altersstufen über die Geschichte der Hämmscher Juden informiert.

Zum Projektstart waren nun Michael Klemm, Florian Weber und Khada Fischer von der Universität Koblenz zusammen mit Christine Brehm vom KuLaDig-Kompetenzzentrum der Struktur- und Genehmigungsdirektion Süd in Neustadt an der Weinstraße nach Hamm gekommen, um bei einem Rundgang Ideen und Potenziale vor Ort auszuloten.

Große Erwartungen an das Projekt

Der Arbeitskreis für jüdische Geschichte in Hamm hatte dafür seine Hausaufgaben sehr gut erledigt und stellte seine Gedanken und Wünsche zu dem Thema in passender Kulisse im Hammer Kulturhaus vor. Das Gebäude ist Einheimischen auch als Haus David geläufig und spielt in der Projektidee ebenfalls eine wichtige Rolle. Karlernst Stosch vom Arbeitskreis betonte in seiner Begrüßung, er setze große Hoffnungen und Erwartungen in das Projekt, das für ihn „immense Möglichkeiten biete“.

Projektleiter Michael Klemm stellte im Anschluss fest, dass er bislang noch nie so hoch im Norden von Rheinland-Pfalz gewesen sei und man bei der Auswahl der Modellkommunen nicht nur auf die kulturelle, sondern auch auf die geografische Breite geachtet habe.

Route wird mit vielen Informationen angereichert

Klemm betonte, dass es zwar ein digitales Projekt, aber damit nicht gleichbedeutend ein Internetprojekt sei: „Die Leute sollen schon vor Ort sein und hier den digitalen Mehrwert erleben.“ Angetan war er von der Idee der Hämmscher, nicht nur die Stolpersteine in die Route aufzunehmen, sondern auch Häuser, in denen jüdische Familien lebten, die aber bereits vor dem Holocaust ihr Hab und Gut veräußerten und ins Ausland flohen. Mehr als 20 Häuser sind es, zum Teil mit, zum Teil ohne Stolpersteine, zum Teil noch nicht mal mehr in Gebäudeform, sondern nur noch historisch verortet, aber dafür mit alten Bildern und entsprechenden Informationen zu den einstigen Besitzern untermauert.

Eine Route entlang dieser Häuser könnte zum Beispiel mit QR-Codes angereichert werden, mit kurzen Texten und Fotografien, von denen der Arbeitskreis dank der unermüdlichen, jahrzehntelangen Recherche von Horst Moog ausreichend besitzt. Aufgewertet werden könnte das Ganze noch mit auditiven Informationen wie kleinen Podcasts oder Quizzen, sodass dann jeder nach seinem Geschmack und seinem Zeitkonto die jüdische Geschichte Hamms erleben könnte.

Die Banalität des Bösen greifbar machen

Im Dialog mit Florian Weber kam noch der Gedanke auf, Familienbilder in die digitale Präsentation einzubauen, aus denen man Mitglieder herausnehmen kann, die den Holocaust nicht überlebten. Es sei die Banalität des Bösen, die das Thema oft am greifbarsten mache. Angestrebt sei eine einfache Umsetzung dieses sehr komplexen, historischen Zusammenhangs.

Nach diesem ersten Brainstorming führten die Mitglieder des Arbeitskreises gemeinsam mit Emilienne Markus von der Hammer Tourist-Information die Gäste noch durch den Ort zu wichtigen Punkten wie dem jüdischen Friedhof, dem Synagogenplatz und dem Raiffeisenmuseum.

Was genau ist KuLaDig RLP?

Jede noch so kleine Kommune hat ihr spezielles kulturelles Erbe, das lokale Identität stiftet. Ziel des Forschungs-, Förder- und Modellprojekts „Digitale Erfassung und Präsentation von Kulturlandschaften in Rheinland-Pfalz (KuLaDig-RLP)“ ist es, die kulturelle Vielfalt in Rheinland-Pfalz systematisch zu erfassen und durch digitale wie multimediale Aufbereitung ausgewählter Objekte sichtbar und im Alltag vielseitig nutzbar zu machen, für Einheimische wie Außenstehende. Von 2019 bis 2024 wurde das Projekt vom rheinland-pfälzischen Innenministerium mit rund 370.000 Euro sowie von der Universität Koblenz(-Landau) mit einer halben Mitarbeiterstelle finanziell gefördert. Mit nun 284.000 Euro für die Jahre 2025 und 2026 hat das MdI die jährliche Fördersumme nochmals deutlich erhöht. Das Landesprojekt kooperiert mit etlichen Institutionen in Politik, Verwaltung, Wirtschaft und Wissenschaft und integriert Forschung wie Transfer in universitäre Lehre. 

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