Windkraft auf dem Hümmerich
Ist Vogelschutz ausreichend berücksichtigt?
Ganz im Osten des Wissener Stadtgebietes erhebt sich der Hümmerich. Auf dem bewaldeten Hügel will die Altus renewables GmbH, vormals Altus AG, zwei Windräder aufstellen (erste Pläne vor gut acht Jahren sahen noch drei Anlagen vor).
Elmar Hering

Rund zehn Monate nach einem ersten, grundsätzlich positiven Urteil zur Windkraftnutzung auf dem Hümmerich bei Wissen muss sich das Oberverwaltungsgericht Koblenz erneut mit einer Klage in dieser Angelegenheit befassen.

Die im Westerwaldkreis ansässige Naturschutzinitiative (NI) klagt vor dem Oberverwaltungsgericht Koblenz gegen die Genehmigung von zwei Windenergieanlagen auf dem Hümmerich bei Wissen (zwischen Mittelhof, Gebhardshain und Dauersberg). Das geht aus einer Pressemitteilung hervor. Beklagte ist somit die Kreisverwaltung in Altenkirchen.

Für dieses juristische Verfahren rechnet sich die NI gute Chancen aus und führt vor allem artenschutzrechtliche Aspekte an. Aus dem Kreishaus heißt es auf Anfrage unserer Zeitung lediglich, man werde sich inhaltlich nicht äußern: „Die Auffassung der Kreisverwaltung Altenkirchen in der Sache ’Windkraft Hümmerich’ ist im laufenden Verfahren und zuletzt nochmals vor dem Kreisrechtsausschuss ausführlich dargelegt und begründet worden. Es liegt nun am Oberverwaltungsgericht, diese Auffassung zu bewerten.“

Der Rotmilan gehört wie alle heimischen Greifvögel zu den streng geschützten Vogelarten.
Harry Neumann

Die NI zeichnet in ihrer Mitteilung den Weg zur Klageeinreichung kurz chronologisch nach. Demnach hatte sie ursprünglich Widerspruch bei der Genehmigungsbehörde eingelegt, dieser war allerdings nach dem Erörterungstermin Anfang Dezember vom Kreisrechtsausschuss des Kreises Altenkirchen zurückgewiesen worden.

Weiter heißt es: „Da diese Genehmigung in einem europäischen Schutzgebiet bundesweite Bedeutung hat und wir große Erfolgsaussichten sehen, haben wir am 3. Januar beim Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz in Koblenz (OVG) Klage gegen die Genehmigung eingereicht.“ Die von der Genehmigungsbehörde des Kreises angeordneten Abschaltzeiten der Windräder seien für den Rotmilan in einem europäischen Vogelschutzgebiet mit nur sechs Wochen viel zu kurz und genügten nicht den naturschutzfachlichen Anforderungen und den aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnissen. „Wir können es nicht zulassen, dass europaweit geschützte Arten noch nicht einmal in europäischen Vogelschutzgebieten ausreichend geschützt werden sollen. Die Genehmigungsbehörde kommt ihrer Verpflichtung zum Artenschutz nicht nach“, erklärte Harry Neumann, Landesvorsitzender der NI.

Das OVG Rheinland-Pfalz hatte die Genehmigungsbehörde im vergangenen Februar ausdrücklich verpflichtet, die Nebenbestimmungen so zu gestalten, dass die Beeinträchtigungen des Vogelschutzgebietes unter die Schwelle der Erheblichkeit sinken. Dies sei aber in der erfolgten Genehmigung nicht der Fall, so die NI.

Kriterium der Abschaltzeiten

„Auch die für den Schwarzstorch völlig unzureichenden Vermeidungsmaßnahmen können wir nicht akzeptieren. Der Schwarzstorch ist eine störempfindliche Art, für den der erhebliche Eingriff in seinen Lebensraum vergrämend wirkt“, betonte Biologe Immo Vollmer, Naturschutzreferent der NI.

Nach Ansicht der Naturschutzinitiative führen beide Anlagen während der gesamten Aufenthaltszeit des Rotmilans zu einem signifikanten höheren Tötungsrisiko. Hinzu komme, dass der Schutz des Lebensraumes nach der FFH-Richtlinie (Flora-Fauna-Habitat) in erheblicher Weise verletzt werde. Das Projekt, so wie es genehmigt wurde, führe zu erheblichen Beeinträchtigungen des Vogelschutzgebiets Westerwald. Die Naturschützer kritisieren, dass die Nebenbestimmungen des angegriffenen Bescheides nicht dazu geeignet seien, erhebliche Beeinträchtigungen des Vogelschutzgebiets zu vermeiden, etwa aufgrund des Verlustes potenzieller Habitatflächen für den Schwarzstorch. Und für den Rotmilan seien die vorgesehenen Abschaltzeiten nicht ausreichend, um eine erhebliche Beeinträchtigung des Vogelschutzgebiets sowie die erhöhte Tötungsgefahr zu vermeiden. „Wir sehen nicht, dass die Genehmigung die Rechtsauffassung des OVG fehlerfrei umgesetzt hat. Vielmehr wird durch die Genehmigung das Verbot, das Vogelschutzgebiet zu beeinträchtigen, verletzt. Diese erheblichen Mängel des Genehmigungsbescheides durch den Kreis Altenkirchen können wir nicht klaglos hinnehmen“, so Neumann und Vollmer.

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