Spätestens seit der Corona-Zeit drängt sich das Gefühl auf, dass es eine Zunahme solcher Vorfälle gibt. Dem stehen allerdings die offiziellen Berichte aus den Kreishäusern entgegen. Ungefähr gleichbleibend ist demnach im Westerwaldkreis „die Zahl an erfassten beziehungsweise bekannten illegalen Abfallablagerungen“, während die Kollegen der Kreisverwaltung in Altenkirchen ein wenig differenzieren: „Die Mengen stagnieren eher, aber da mehr Ablagerungen gemeldet werden, hat man den Eindruck, es sei mehr geworden.“
Von Sperrmüll bis Altöl
Zunehmend nutzen die Bürger spezielle Abfall-Apps, um ihre Entdeckungen zu melden. Zwar führen die Verwaltungen und Abfallbehörden keine belastbaren Statistiken, doch dürften in der Summe pro Jahr weit mehr als 200 wilde Müllablagerungen in beiden Landkreisen zusammenkommen. Die Bandbreite dessen, was die Täter heimlich entsorgen, ist enorm: Altfahrzeuge, Altreifen, Sperr- und Hausmüll landen ebenso in Feld, Wald und Flur wie Bauschutt und Grünabfälle. Hinzu kommen Behälter gefüllt mit Betriebsstoffen wie etwa altem Motoröl sowie gelegentlich Dämmstoffe.
Dabei gibt es für all das geregelte Entsorgungswege, ohne dass irgendwelche Zusatzkosten entstehen. Was von den Fahrzeugen des Abfallwirtschaftsbetriebes nicht ohnehin regelmäßig zu Hause abgeholt wird, kann auf den Deponien beziehungsweise Wertstoffhöfen abgegeben werden. Aber selbst dort, wo zum Beispiel Altglascontainer stehen, türmt sich der illegal entsorgte Müll (auch Glas); nicht anders sieht es zuweilen bei Altkleidercontainern aus. Und selbst auf Friedhofsparkplätzen und an Hochbehältern fühlt sich mancher heimliche Müllkutscher unbeobachtet.
Welche Motivation mag also dahinter stecken? Ausreden gibt es bestimmt viele: keine Zeit, keine Lagermöglichkeit, Abholung verpasst, Öffnungszeiten unpassend, Wege zu lang. Letztlich spricht daraus purer Egoismus.
Die ordnungsgemäße Entsorgung des wilden Mülls bleibt am Ende beim jeweiligen Grundstückseigentümer hängen. Zumeist sind das die Ortsgemeinden. Oder wie in einem aktuellen Fall die Verbandsgemeindewerke Hachenburg, weil Unbekannte am Hochbehälter Kroppach Bauabfälle, Farbkanister und Plastikmüll abgelagert hatten.
Als Größenordnung nennt zum Beispiel die Verbandsgemeindeverwaltung in Wirges 20 bis 30 Fälle pro Jahr. Wenn das betreffende Grundstück einer Ortsgemeinde gehört, so heißt es von dort weiter, erhält im Westerwaldkreis bei solchen Vorkommnissen die zuständige VG-Verwaltung einen Entsorgungsgutschein von der Abfallbehörde des Kreises.
Abfallbetriebe springen ein
Auch im Kreis Altenkirchen funktioniert die Entsorgung dann unentgeltlich über den Abfallwirtschaftsbetrieb. Hohe Kosten entstünden der Verbandsgemeinde daher nicht, heißt es etwa aus der VG-Verwaltung Altenkirchen-Flammersfeld, trotzdem falle zur Ermittlung von Verursachern und für den Abtransport der Abfälle entsprechender Personal- und Verwaltungsaufwand an. Und auch wenn der Abfallwirtschaftsbetrieb die Entsorgungskosten übernimmt, trifft dies nachgelagert alle Gebührenzahler. Wer als Verursacher ermittelt werden kann, dem drohen ein empfindliches Bußgeld- und ein abfallrechtliches Verfahren (zuständig ist jeweils die Kreisverwaltung). Schwerwiegende Verstöße gegen das Kreislaufwirtschaftsgesetz können zuweilen richtig saftige Bußgelder nach sich ziehen; strafrechtliche relevante Umweltdelikte werden in der Regel an die Staatsanwaltschaft Koblenz weitergeleitet. Aber, so heißt es etwa aus der Montabaurer Kreisverwaltung: „Ein Großteil der Verursacher bleibt leider unentdeckt. Trotz intensiver Ermittlungen ist es nicht immer möglich, eindeutige Beweise zur späteren Ahndung zu sichern.“
Lassen sich Orte, an denen regelmäßig illegal Müll entsorgt wird, nicht einfach per Kamera überwachen? Solche Überlegungen scheitern bislang am Datenschutz, wie die VG-Verwaltung Altenkirchen-Flammersfeld mitteilt, allerdings heißt es von dort auch: „In dieser Angelegenheit stehen wir weiterhin in engem Kontakt mit dem Landesdatenschutzbeauftragten.“
Derweil versuchen die Kommunen mit verschiedenen Mitteln, die Unsitte der wilden Müllablagerungen einzudämmen. Dazu gehören regelmäßige Veröffentlichungen und Zeugenaufrufe ebenso wie die bekannte „Aktion Saubere Landschaft“.