Betzdorf
Hund vor laufender Kamera geprügelt: Unbekannte in Wohnung des Betzdorfer Tierquälers eingebrochen

Betzdorf - Bislang war es bei Gewaltandrohungen im Internet geblieben. Doch nun ist aus virtueller Kriminalität tatsächlich reale geworden: Unbekannte Täter sind in die Wohnung des Mannes aus der Verbandsgemeinde Betzdorf eingebrochen, der als mutmaßlicher Tierquäler mittlerweile bundesweit eine zweifelhafte Bekanntheit erlangt hat.

Lesezeit 3 Minuten

Von unserem Redakteur Marcelo Peerenboom

Wie berichtet, war auf den Internetportalen von Facebook und Youtube ein Video aufgetaucht, das den 20-Jährigen dabei zeigt, wie er auf einen Welpen einschlägt. Daraufhin war im Internet ein Sturm der Entrüstung losgebrochen, der weder Maß noch Ziel kannte.

Was die bislang unbekannten Einbrecher in der Wohnung des Mannes wollten, kann auch Norbert Skalski, Leiter der Polizeiinspektion Betzdorf, bislang nicht sagen. Auch ob etwas gestohlen wurde, ist noch nicht bekannt. „Wir konnten mit dem 20-jährigen Tatverdächtigen bislang noch nicht sprechen.“ Laut Skalski hält sich der Mann derzeit auch nicht an seinem Wohnort auf.

Öffentliche Aufrufe zur Gewalt

Das ist sicher auch besser so. Nicht auszumalen, was passiert wäre, wenn die Einbrecher tatsächlich auf den Mann gestoßen wären. Im Internet haben etliche Personen den vollen Namen sowie auch die Privatadresse verbreitet. Die öffentlichen Aufrufe zu Gewalt gegen den 20-Jährigen, der sich beim Quälen seines kleinen Hundes selbst gefilmt hatte, haben immer noch kein Ende genommen. Ständig tauchen auf Facebook neue Seiten auf, die in Windeseile von Tausenden kommentiert und mit „Gefällt mir“ versehen werden. Die meisten davon wünschen dem Mann alles Schlechte dieser Welt, einige werben sogar für die Todesstrafe, einige für eine Exekution.

Der Hass, der sich gegen den Mann aus der Verbandsgemeinde Betzdorf richtet, kennt auf Facebook keine Grenzen mehr.

Klar ist also: Der Mann aus der Verbandsgemeinde Betzdorf tut gut daran, seine Wohnung im Augenblick nicht aufzusuchen. Wie er jemals wieder in ein normales Leben zurückfinden soll, ist fraglich. Rudolf Düber, Geschäftsführer des Caritasverbands Betzdorf, meint, in einem solchen Fall könne neben psychologischer Beratung auch die Hilfe eines Seelsorgers angebracht sein.

Wie Norbert Skalski auf RZ-Anfrage berichtet, hat die Polizei in den vergangenen Tagen tatsächlich einige Personen dabei beobachtet, wie sie um das Haus des Tatverdächtigen herumschlichen. Zu weiteren Sachbeschädigungen ist es glücklicherweise nicht gekommen.

Polizei sichert Beweise im Sozialen Netzwerk

Die Betzdorfer Polizei hat derweil alle Hände voll damit zu tun, Beweise im Internet zu sichern. Immerhin haben viele Tausend Facebook- und Youtube-Nutzer seit Donnerstag den Boden des Gesetzes verlassen und sind selbst straffällig geworden. So ist nach Paragraf 111 Strafgesetzbuch der öffentliche Aufruf dazu, eine Straftat zu begehen, verboten. Das Gesetz sieht in diesen Fällen eine Freiheitsstrafe von bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe vor. Skalski: „Wir sind gesetzlich dazu verpflichtet, in allen Fällen Ermittlungen aufzunehmen, in denen es einen Anfangsverdacht gibt.“

In welchem Umfang Strafverfahren eröffnet werden, klärt die Polizei derzeit mit der Staatsanwaltschaft Koblenz, die Herrin des Verfahrens ist. Oberstaatsanwalt Rolf Wissen teilte der RZ hierzu mit, dass jede einzelne Eintragung auf Facebook & Co. auf strafrechtliche Relevanz geprüft wird. Wissen: „Das wird im Hinblick auf die erhebliche Anzahl der Eintragungen wohl sehr lange dauern.“ Andere Delikte führen allerdings erst dann zu polizeilichen Ermittlungen, wenn entsprechende Strafanträge gestellt werden. So kann der 20-Jährige aus der VG Betzdorf alle diejenigen anzeigen, die ihn im Internet beleidigt oder verleumdet beziehungsweise sich der üblen Nachrede schuldig gemacht haben. Da sind in den zurückliegenden Tagen locker etliche Tausend Fälle zusammengekommen.

Landeskriminalamt eingeschaltet

Ob die Polizei in Betzdorf in der Lage sein wird, alle Ermittlungen selbst zu führen, ist noch unklar. Wie Norbert Skalski mitteilt, hat er bereits das Landeskriminalamt eingeschaltet. Dort, wie auch im Polizeipräsidium Koblenz, gibt es Internetspezialisten, die dabei helfen können, die möglicherweise vielen Hundert Strafverfahren abzuarbeiten. Eines hat der Leiter der PI Betzdorf aber bereits festgestellt: „Viele derjenigen, sich sich im Internet derzeit als Hüter des Tierschutzgesetzes aufspielen, haben selbst ein langes Vorstrafenregister.“ Skalski sind dabei einige aufgefallen, die schon mehr als 100 Straftaten auf dem Kerbholz haben. Ausgerechnet sie sind es, die dem Mann, der seinen Hund geschlagen hat, die Todesstrafe an den Hals wünschen.

Den Kommentar „Die hässliche Seite des Netzes“ lesen Sie hier

Einen Blogeintrag „Der Like verliert seine Unschuld: Stammtischparolen bei Facebook florieren“ von unserem Digital-Chef lesen Sie hier

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