Von unserem Redakteur Marcelo Peerenboom
Sein rettender Gedanke: Jeder steht für jeden ein. Die Hilfe zur Selbsthilfe sollte im Vordergrund stehen. Es war die Geburtsstunde der Genossenschaftsidee. Raiffeisen, der spätere Bürgermeister von Heddesdorf, gründete genau in diesem Raum 1849 den ersten Darlehnskassenverein: den „Flammersfelder Hülfsverein zur Unterstützung unbemittelter Landwirthe“.
Seine Idee ist auch 164 Jahre später noch aktuell, sagt Josef Zolk, der Bürgermeister der Verbandsgemeinde Flammersfeld, während er sich im renovierten Raiffeisenhaus umschaut. Dass die Verbandsgemeinde das Gebäude, das einst die Bürgermeisterei beherbergte, 2011 erwerben und damit vor dem Verfall retten konnte, bezeichnet Zolk als Glücksfall. Umfangreiche Sanierungsarbeiten waren fällig, und dank der großzügigen Unterstützung vieler Spender gelang es, aus dem Fachwerkhaus ein Museum zu machen, das im Frühjahr 2012 seine Pforten geöffnet hat und ganz dem Leben und Wirken Friedrich Wilhelm Raiffeisens gewidmet ist.
Josef Zolk und seine Mitstreiter können seitdem Gäste aus aller Herren Länder in Flammersfeld begrüßen, die sich für die Genossenschaftsidee interessieren. Rund 2500 Besucher weist die akribisch geführte Liste bereits aus. Neulich war eine Gruppe Brasilianer zu Gast, die in Montabaur an einer Genossenschaftsschulung teilnahm und dabei auch ein wenig historische Luft schnuppern wollte.
Weil aus dem, was Raiffeisen aus einer Not heraus ins Leben rief, inzwischen ein weltumspannendes Netz an Genossenschaften geworden ist, hält es Zolk auch für angemessen, diese Idee unter den Schutz der Unesco zu stellen (siehe Bericht auf Seite 3). Das wäre, sagt er, „eine großartige Fortsetzung der Würdigung der Genossenschaften durch die internationale Gemeinschaft, nachdem die UNO das Jahr 2012 zum ,Jahr der Genossenschaften' ausgerufen hatte“.
Doch das Wirken Raiffeisens wird nicht nur in Flammersfeld hochgehalten. Auch in Weyerbusch und Neuwied-Heddesdorf, wo er jeweils einige Jahre Bürgermeister war, bewahrt man sein Erbe. Und in seinem Geburtsort Hamm haben die Heimatfreunde im Hammer Land das Geburtshaus in ein Museum verwandelt, das seit 2000 einen Einblick in das Leben Raiffeisens gewährt.
In Weyerbusch gründete sich zudem vor etwas mehr als einem Jahr die Deutsche Friedrich-Raiffeisen-Gesellschaft, deren stellvertretender Vorsitzender Josef Zolk ist. Im Lauf der Jahre beschäftigte sich der Bürgermeister immer intensiver mit Friedrich Wilhelm Raiffeisen und kümmert sich heute auch ehrenamtlich darum, Erbe und Auftrag des Genossenschaftsgründers zu bewahren. Das will er übrigens auch weiter tun, wenn er Ende nächsten Jahres in den Ruhestand tritt. Dann wird man Josef Zolk weiterhin als Museumsführer im Raiffeisenhaus erleben können. Und spätestens wenn er dann den Raum vorstellt, in dem die lebensgroße Raiffeisenfigur hinter dem Schreibpult steht, erkennt auch der Letzte, dass es zwischen Friedrich Wilhelm Raiffeisen und Josef Zolk sogar eine frappierende optische Ähnlichkeit gibt.