Altenkirchen. Für den Leiter der kommunalen Kindertagesstätte Glockenspitze in Altenkirchen, Tobias Heidelbach, war der 1. April alles andere als ein Tag zum Scherzen. Bis spät am Abend saßen er und sein Team nämlich am Telefon, um die Familien der 85 Kita-Kinder darüber zu informieren, dass es in der Einrichtung einen Fall von ansteckender Hepatitis A (infektiöse Gelbsucht) gibt. Die Nachricht erreichte die Kita am Dienstagnachmittag, nachdem das Altenkirchener Gesundheitsamt von der Erkrankung des Kindes Kenntnis bekommen hatte.
„Wir haben die Eltern der betroffenen Kinder angesprochen. Bei rund 70 Kindern, die möglicherweise Kontakt hatten, mussten wir ein Betretungsverbot aussprechen“, so Heidelbach. Die Familien haben nun die Möglichkeit, ihr Kind gegen Hepatitis A impfen zu lassen. Wenn es geimpft ist, muss es dann aber trotzdem noch zwei Wochen zu Hause bleiben. „Wenn sich die Familien gegen eine Impfung entscheiden, darf das Kind die Kita vier Wochen lang nicht besuchen“, erklärt Heidelbach. Über das Gesundheitsamt werden den betroffenen Kindern und Erzieherinnen, die als Kontaktpersonen des infizierten Kindes gelten, Impfungen angeboten, heißt es vonseiten des Kreises. Es werde eine Notgruppe geben, die für die nicht betroffenen Kinder Betreuung anbiete, so Heidelbach weiter.
Hiobsbotschaft für berufstätige Eltern
Für die betroffenen Eltern kam diese Nachricht am 1. April wirklich wie ein schlechter Scherz. „Ich habe mindestens 60 Mal beim Gesundheitsamt durchgeklingelt, bis ich endlich durchgekommen bin“, sagt eine Mutter. Zum Glück hätte sie für Donnerstag gleich einen Termin bekommen. Ihr fünfjähriger Sohn gehört zu den Kindern, die möglicherweise Kontakt hatten, und darf jetzt bis auf Weiteres nicht mehr in die Kita. Für die berufstätige Frau ein Kraftakt. „Heute hatte die große Schwester zum Glück ab der dritten Stunde schulfrei und konnte aufpassen. Morgen helfen die Großeltern aus, Freitag habe ich frei. Wie wir die Betreuung nächste Woche hinbekommen, das weiß ich noch nicht“, sagt sie.
„Wir haben uns ein bisschen zurückversetzt gefühlt in die Coronazeit“, sagt Sascha Koch, der bei der Verbandsgemeinde (als Träger der Einrichtung) für den Bereich Kindertagesstätten zuständig ist. „Da sind wir ja quasi noch geübt“, ergänzt er im Hinblick auf die reibungslose Informationskette, die am späten Dienstag angelaufen sei. Das Gesundheitsamt hatte die Kita auch gleich mit einem Merkblatt versorgt, welches den Eltern in einem ersten Schritt zusammen mit der Info über den Ausbruch der Krankheit per Kita-App geschickt wurde. Dann erfolgten die persönlichen Gespräche.
„Wir haben uns ein bisschen zurückversetzt gefühlt in die Coronazeit.“
Sascha Koch von der Verbandsgemeindeverwaltung
„Das Gesundheitsamt hat sich am Mittwoch noch einmal mit dem Landesuntersuchungsamt abgestimmt, weil es zunächst hieß, dass auch die Erzieherinnen vom Betretungsverbot betroffen sind. Diese Info hat sich aber überholt. Die Erzieherinnen dürfen weiter arbeiten, weil davon auszugehen ist, dass sie, anders als die Kinder, die Hygieneregeln einhalten“, so Koch. Insgesamt seien es 13 Kinder, die die Einrichtung noch besuchen dürften, weil kein Kontakt stattgefunden habe. Für diese Kinder sei eine normale Betreuung gewährleistet. Geschwisterkinder seien nicht betroffen, ebenso die Eltern nicht. Es gebe keinen Grund für Quarantänemaßnahmen, erläutert Koch und fügt an: „Ich mache den Bereich jetzt schon seit 2013, aber das ist auch der erste Hepatitisfall in einer unserer Einrichtungen, der mir bekannt ist.“
Auch bei der Kreisverwaltung ist dieser Fall kein alltäglicher. „Wenn, dann gab es bislang immer nur vereinzelt Fälle und dann auch nur im privaten Bereich. Dass das eine ganze Einrichtung betrifft, hat auch für uns Seltenheitswert“, so der Pressesprecher des Kreises, Andreas Schultheis. Die Information habe das Gesundheitsamt vermutlich über einen Kinderarzt am Nachmittag des 1. April erhalten, da die Krankheit meldepflichtig ist. Seitdem stehe man mit der Einrichtung und den Eltern in Kontakt und habe die erforderlichen Maßnahmen ergriffen. „Die Eltern haben umgehend ausführliche schriftliche Informationen erhalten und werden nach und nach auch telefonisch informiert. Nicht vermeiden lassen sich Betretungsverbote für enge Kontaktpersonen.“
Hepatitis A
Die Hepatitis A ist eine durch das Hepatitis-A-Virus verursachte Infektionskrankheit. Hauptsymptom ist eine akute Entzündung der Leber (Hepatitis). Die Hepatitis A verläuft niemals chronisch und heilt meist ohne Komplikationen spontan aus. Sie wird durch verunreinigtes Trinkwasser, kontaminierte Lebensmittel (zum Beispiel Muscheln) oder als Schmierinfektion übertragen und tritt in gemäßigten Breiten meist als importierte Erkrankung nach einem Aufenthalt in Risikogebieten auf. Eine Impfung bietet einen sicheren Schutz gegen die Hepatitis A. Die Hepatitis A kann akut über mehrere Wochen bis Monate verlaufen. Verglichen mit anderen Hepatitiden ist diese Erkrankung aber relativ milde. Besonders bei Kindern verläuft sie in der Regel harmlos, oft ganz asymptomatisch. Sie wird niemals chronisch und führt deshalb auch nicht zu einer dauerhaften Schädigung der Leber. Zu Beginn der Erkrankung können uneindeutige Beschwerden des Verdauungstraktes, allgemeines Krankheitsgefühl und Fieber auftreten. Dieses Krankheitsbild geht dann in eine Phase der Leberentzündung mit Gelbfärbung der Haut und Skleren, Entfärbung des Stuhls und Dunkelfärbung des Urins über. Oft kommt es begleitend zu einem schweren Juckreiz. Durch Vergrößerung der Leber und gegebenenfalls noch der Milz kann es zu Schmerzen im Oberbauch kommen. Die Krankheit ist meldepflichtig. sr