Betzdorf – Rhönräder rollen zur dramatischen Filmmusik von „Fluch der Karibik“ durch die Aula. Das Publikum hält den Atem an. Piraten entern die Bühne und verblüffen die Zuschauer mit Balanceübungen – die Schüler des Freiherr-vom-Stein-Gymnasiums Betzdorf-Kirchen haben fürs Varieté ein Programm auf die Beine gestellt, das keine Wünsche offen lässt.
„I like!“ (Ich mag!), lautet in Anlehnung an den Daumen-hoch-Button im Internet das Motto des 13. Varietés. Sechs Stunden Darbietungen: Musik, Gesang, Akrobatik, Tanz und Sketche – die Besucher in der proppenvollen Aula der Schule sind nach zwei Vorstellungen, am Freitag- und am Samstagabend, restlos begeistert. Und sie glauben den beiden Moderatoren Michelle Jung und Florian Weber bei der Premiere am Freitag aufs Wort, dass die Kinder und Jugendlichen sich seit Wochen und Monaten ins Zeug gelegt haben, um das Varieté auf die Beine zu stellen.
Die Leistungen der jungen Musiker, Sänger, Akrobaten, Tänzer und Schauspieler der Jahrgangsstufen 5 bis 13 nötigen großen Respekt ab. Um die 400 Aktive sind an den beiden Abenden auf und hinter der Bühne in Aktion. Sie sorgen für eine ausgezeichnete Tonqualität und Lichteffekte im großen Saal.
Auch die Lehrer machen mit. Selbst Direktor Manfred Weber ist kurz vor dem Ruhestand in einer Hauptrolle zu sehen – als Märchenfigur „Schneewitterich“. Der neidische König (Jens Wöllner) versucht den Stiefsohn mit einer vergifteten Pizza aus dem Weg zu räumen – vergeblich. Zumal der Spiegel kein Latein versteht. Sechs Zwerginnen aus dem Kollegium geben acht, und drei männliche „Freizeitfeen“ machen ihrem scheidenden Chef den Ruhestand im Sommer schmackhaft. Auch im Lehrerzimmer brütet der Lehrkörper, parodiert von der MSS 13, über der Abschiedsfeier für „Papa Weber“. Die Schüler beweisen viel Fantasie – zum Beispiel gleich mehrfach beim Schwarzlichttheater. Hierbei sind die dunkel gekleideten Darsteller so gut wie unsichtbar. Nur schwarzlichttaugliche Gegenstände und Kleidung sind zu sehen. Ausschließlich Bewegung und Requisite sowie begleitende Musik vermitteln Handlung und Emotionen. Nicht der Schauspieler steht im Rampenlicht, sondern das, was er tut – so tanzen verrückte Hühner zu Abba-Hits. Neben viel Spektakel bleibt auch Raum für romantische Momente, zum Beispiel beim anmutigen Schattentheater.
Die jungen Akteure gehen mit der Zeit. Sie präsentieren dem Pulikum Zumba und den angesagten Gangnam-Style – für die Älteren unter uns: so eine Art Rodeotanz. Die Jüngsten verraten, wie sich ein Schüler nicht verhalten sollte wenn er zum Direktor gerufen wird: Füße auf den Tisch und Pizza bestellen geht gar nicht. Ja, der Zeitgeist: Kinder betteln um das neueste Smartphone, und das TV-Programm wird dank der Geissens, Robert und Carmen, immer dümmlicher.
Doch wer braucht Fernsehen, wenn das Gymnasium zum Varieté einlädt: Bands und Sängerinnen geben Hits zum Besten. Und der Unterricht macht Spaß, wenn die Schüler den Zauberlehrling von Goethe in einer Rapversion vortragen dürfen. Den Ideen der Schüler sind wahrlich keine Grenzen gesetzt. Der Beitrag von Matthias Klemm sticht hervor. Der Oberstufenschüler (MSS 13) trägt sich in einem „Klavierkabarett“, im Duett mit Carolin Homberger, als Ehemann mit mordlüsternen Gedanken und endet doch als Papiertiger – einfach köstlich. Ob Schlaufuchs, Operation im Kirchener Krankenhaus oder Boys gegen Girls – Fußball kontra Tanzen –, alle Einfälle und Darbietungen der Schüler verdienen ein großes Lob. Der Daumen geht auch nach dem 13. Varieté des Freiherr-vom-Stein-Gymnasiums klar nach oben: I like! Claudia Geimer