Der Vorsitzende des Kreisimkerverbandes Altenkirchen, Dieter Wollenweber, ist überhaupt nicht begeistert von der erneuten Zulassung des Pflanzenschutzmittels. Er schließt sich voll und ganz der Meinung des Deutschen Imkerbundes an, der sich mit seinen 19 Mitgliedsverbänden auf Länderebene strikt gegen den Einsatz dieses Mittels ausgesprochen hat.
„Nach dem Hauptfeind der Biene, nämlich der Varroamilbe, tragen Insektizide und Herbizide (Unkrautbekämpfungsmittel) zum Bienensterben bei“, gibt Wollenweber zu verstehen. Bienen, die in Kontakt mit Herbiziden, wie etwa Glyphosat kommen, würden den Rückweg zum Bienenstock nicht mehr finden. „Der Orientierungssinn der Tiere wird gestört, das Erbgut geschädigt“, bringt es Wollenweber auf den Punkt. Und es trifft nicht nur die Bienen.
„Alle blütenbestäubenden Insekten sind davon betroffen, danach die Vögel und so weiter. Es ist eine Verkettung mit weit reichenden Folgen“, sagt der Imker. Da im Kreis Altenkirchen die Landwirtschaft nicht so sehr ausgeprägt sei, seien die Auswirkungen des Einsatzes von Pflanzenschutzmitteln noch nicht so drastisch wie vielleicht in anderen Regionen. „Aber wir leben ja nicht auf einer Insel“, mahnt Wollenweber. Zudem macht er darauf aufmerksam, dass ja auch Privatleute Glyphosat auf ihrem eigenen Grundstück anwenden.
Sonja Schütz ist die Vorsitzende der BUND-Kreisgruppe Altenkirchen. „Glyphosat zerstört die biologische Vielfalt. Wir sind eine Grünlandregion, im Grünland gibt es keinen berechtigten Grund für den Einsatz von Pestiziden, erst recht kein ,Totalherbizid' Glyphosat“, sagt Schütz. Denn dieses würde jede Pflanze auf der gespritzten Fläche abtöten. „Das Artensterben ist dramatisch, selbst in unseren hochwertigen Natura-2000-Gebieten drohen unsere Wiesenbrüter auszusterben“, fügt sie hinzu. Einen Teil würde auch Glyphosat dazu beitragen. Eine Gefahr sieht sie auch für den Gewässerschutz. „Besonders empfindlich reagieren Amphibien auf Glyphosat. Ihre Embryonalentwicklung wird gestört, viele Kaulquappen sterben.“ Die Naturschützerin ist sich sicher, dass eine moderne Landwirtschaft ohne Glyphosat auskommen kann. „Das beweisen Biobauern, aber auch immer mehr konventionelle Landwirte.“
Der Geschäftsführer des Bauern- und Winzerverbandes Rheinland-Nassau, Markus Mille, sieht das anders. Er gibt zu bedenken, dass die Frage des Einsatzes von Pflanzenschutzmitteln in erster Linie eine gesellschaftliche und dann erst eine landschaftliche sei. Denn die Nutzung von Pflanzenschutzmitteln in der Landwirtschaft trage wesentlich dazu bei, das Risiko von Ernteausfällen aufgrund von Pflanzenkrankheiten zu minimieren. „Mit dem Einsatz von wirksamen Schutzmitteln wurde insbesondere in den letzten Jahrzehnten eine mengenmäßig sichere und qualitativ hochwertige Ernährung der stetig wachsenden Bevölkerung zu niedrigen Preisen möglich. Wenn wir diese Errungenschaften als Gesellschaft nicht wieder preisgeben möchten, führt am verantwortungsbewussten Einsatz von Pflanzenschutzmitteln kein Weg vorbei“, konstatiert Mille. Und: „Ich vermag derzeit nicht zu erkennen, dass es jenseits einer emotionalisierten Meinungsdebatte, die sich an der Glyphosat-Zulassung in besonderem Maße entzündet hat, wirklich eine breite gesellschaftliche Bereitschaft gibt, erheblich steigende Lebensmittelpreise und gar Hunger als Folge eines Totalverbotes von Pflanzenschutzmitteln billigend in Kauf zu nehmen.“
Zu einer Minimierung von möglichen Risiken könne laut Mille die Landwirtschaft selbst beitragen, indem sie mit Glyphosat verantwortungsvoll und sparsam umgehe.