Bauvorhaben in Wissen
Geplantes Mietshaus zwischen Kritik und Zustimmung
Auf diesem Grundstück zwischen Blumen- und Lenzstraße möchte ein Wissener Investor ein Zwillingsgebäude für sechs Mietparteien errichten.
Elmar Hering

Die Schaffung von Wohnraum seht mit dicken Lettern im Hausaufgabenheft der großen Politik. Aber nicht alles läuft reibungslos. Das zeigt sich auch im Kleinen, wie ein Beispiel aus der Stadt Wissen zeigt.

Ein Bauvorhaben an der Ecke Blumenstraße/Lenzstraße in Wissen sorgt derzeit bei vielen Nachbarn für Unmut. In großer Zahl nahmen sie daher an der jüngsten Sitzung des städtischen Ausschusses für Bauen, Infrastruktur und Umwelt teil, um ihrer Sichtweise Nachdruck zu verleihen. Allerdings traten sie schon nach relativ kurzer Zeit verärgert den Heimweg an.

Hauptgrund dafür war, dass kein Austausch zustande kam. Bürgermeister Berno Neuhoff verwies konsequent auf die Bestimmungen der Gemeindeordnung und die Kraft der gewählten Vertreter; zudem unterstrich er die Zuständigkeit der Kreisverwaltung als Baugenehmigungsbehörde. Mit deren Fachleuten hatte es außerdem im Vorfeld einen Ortstermin gegeben. Auch das Abstimmungsergebnis im Ausschuss war letztlich nicht im Sinne der versammelten Nachbarn, denn nach eingehender Besprechung kamen die Mitglieder einstimmig zu dem Schluss, dass sich der geplante Neubau (Sechs-Parteien-Mietshaus) in die Umgebungsbebauung einfüge. Dementsprechend wurde das Einvernehmen erteilt.

„Wir begrüßen es, wenn Baulücken geschlossen werden.“
Joachim Baldus, SPD-Fraktion im Ausschuss für Bauen, Infrastruktur und Umwelt

Wie Neuhoff ausführte, existiert für das Gebiet kein qualifizierter Bebauungsplan. Daher musste nach Paragraf 34 entschieden werden, der unter anderem Wert legt auf „die Eigenart der näheren Umgebung“ – in diesem Fall ein gewachsenes Wohngebiet mit überwiegend Ein- und Zweifamilienhäusern. Margit Broschk von der Verbandsgemeindeverwaltung stellte das Vorhaben eines Wissener Architekten vor. Dessen Plan sieht vor, auf dem familieneigenen Grundstück ein Gebäude aus zwei identischen Teilen zu errichten, welche in der Mitte durch ein offenes, trapezförmiges Treppenhaus verbunden sind. Jeder Gebäudeteil ist 10,24 Meter lang und 8,74 Meter breit (ohne Balkone) und beherbergt auf drei Wohnetagen jeweils eine abgeschlossene Wohneinheit (65 bis 70 Quadratmeter groß). Im Kellergeschoss sollen nach den bisherigen Plänen des Architekten sieben Pkw-Stellplätze entstehen (zur schmalen und abschüssigen Lenzstraße hin), ein achter Stellplatz soll von der Blumenstraße aus erreichbar sein. Erweiternd sprach sich der Bauausschuss dafür aus, die Stellplatz-Vorschrift bis zur Höchstgrenze auszureizen – demnach wären insgesamt neun statt acht Pkw-Stellplätze vorgeschrieben.

Nachbarn: „erdrückende Wirkung“

Laut Margit Broschk soll auf dem unteren Teil des Grundstücks eine Spielfläche für Kinder entstehen. An dem Gebäude selbst würden die First- und Traufhöhen nicht die der Nachbargebäude überragen. Demgegenüber hatten viele der Nachbarn im Vorfeld Einwände erhoben gegen diesen ihrer Meinung nach „städtebaulichen Fremdkörper“, der „das Ortsbild beeinträchtige“ und eine „erdrückende Wirkung“ entfalte (andere Nachbarn äußerten sich nach Angaben des Architekten derweil positiv beziehungsweise zustimmend).

Sämtliche Fraktionssprecher im Ausschuss betonten, wie wichtig es sei, Baulücken innerhalb der Stadt Wissen zu schließen und Wohnraum zu schaffen. Robert Leonards (CDU) äußerte Verständnis für die Bedenken der Nachbarn, aber nach objektiver Abwägung spreche nichts dagegen, das Einvernehmen zu erteilen. André Kraft (SPD) empfahl, den Gesprächsfaden zwischen den Bauwilligen und der Nachbarschaft nicht abreißen zu lassen.

Bauen mit Vollholzelementen

Nach Angaben des Architekten Andreas Becher handelt es sich bei dem Neubau um eine Gesamtinvestition von fast einer Million Euro. Mit den sechs Wohnungen sollen zusammen 435 Quadratmeter kostengünstiger Wohnraum geschaffen werden. Geplant ist ein Zwillingsgebäude mit einer architektonischen Besonderheit: Für die Holzbauweise soll ein noch relativ neues Verfahren mit recycelbaren Vollholzelementen (aus heimischem Rest- und Kalamitätsholz) verwendet werden, welche quasi wie Klemmbausteine verbaut werden können. Allenfalls das Kellergeschoss müsse gegebenenfalls massiv errichtet werden. Auch die Dachform ist nicht ganz gewöhnlich: Das Mansarddach ermöglicht die angenehme Bewohnbarkeit des obersten Geschosses. Darüber hinaus soll das Dach mit einer Fotovoltaikanlage ausgestattet werden.

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