Am Freitag, 7. März, gedenken Polizisten weltweit im Dienst verstorbener Kollegen. Der Gedenktag wurde von Interpol, der weltweit größten Polizeiorganisation, erstmalig im Jahr 2019 ins Leben gerufen (International Day of Remembrance for Fallen Officers). Dann wird auch das Gedenken an den Gebhardshainer Walter Pauli wachgehalten. Walter Pauli wurde am 16. Januar 1953 in Ochtendung im damaligen Kreis Mayen geboren, lebte in Gebhardshain (Kreis Altenkirchen) und starb nach nur sechs Wochen im Polizeidienst am 9. Mai 1975 in Köln. Ein Mann, der zur Terrorgruppe „Bewegung 2. Juni“ (Baader-Meinhof-Gruppe, R.A.F.) gehörte, erschoss Pauli im Einsatz in Humboldt/Gremberg. Auch ein Kollege von Walter Pauli wurde damals getroffen und schwer verletzt. Günter Pauli macht der tragische Tod seines Bruders Walter auch nach 50 Jahren noch betroffen, wie er uns im Gespräch schildert.
Das „Gremberger Feuergefecht“ rief Entsetzen und Empörung in der Bevölkerung hervor. Am Tag von Paulis Beerdigung am 14. März 1975 waren alle Geschäfte, Betriebe und Schulen in Gebhardshain bereits am Mittag anlässlich des Gedenkens geschlossen. An der Beerdigung nahmen laut einem damaligen Bericht unserer Zeitung an die 3000 Menschen teil, darunter 2000 Ehrengäste. Neben den damaligen Ministern Willi Weyer (NRW) und Heinz Schwarz (Rheinland-Pfalz) erwiesen 800 Polizeibeamte hauptsächlich aus Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz Pauli die letzte Ehre, aber auch aus anderen Teilen der Bundesrepublik sowie aus Holland waren Beamte angereist.

26 Jahre nach Paulis Tod, zur Einweihung des neuen Kölner Polizeipräsidiums am 25. Oktober 2001 – nur wenige Hundert Meter vom Tatort entfernt –, wurde in Deutschland zum ersten Mal ein Straßenname für einen im Dienst getöteten Polizisten umbenannt. Der Walter-Pauli-Ring erinnert noch heute an das Schicksal des damals 22-jährigen Polizei-Hauptwachtmeisters.
Bei der Einweihung waren sich Polizeipräsident Klaus Steffenhagen und der damalige Oberbürgermeister Fritz Schramma einig, wie es seitens der Polizei Köln heißt: „Der Name Walter Pauli steht stellvertretend für all die anderen im Dienst getöteten Polizeibeamtinnen und -beamten.“ „Die damalige Intention ist auch heute uneingeschränkt gültig. Die Bedeutung der Eigensicherung hat für Polizeibeamtinnen und Polizeibeamte heute mehr denn je einen sehr hohen Stellenwert. Das regelmäßige Gedenken und die Benennung der Straße an sich sind Trauer und Mahnung zugleich“, so Lutz Martschinke, Polizeihauptkommissar der Polizei Köln auf Nachfrage unserer Zeitung.

Der Bruder von Walter Pauli, Günter Pauli, erinnert sich noch an den Tag, als er vom Tod seines Bruders erfuhr, mit dem er ein gutes, inniges Verhältnis hatte. „Ich bin an diesem Tag mit dem Motorrad nach Hause gefahren“, sagt er. Zu Hause sei die Todesnachricht ein großer Schock für die ganze Familie gewesen, erst wenige Tage zuvor habe ihm sein Bruder geholfen, die neue Wohnung einzurichten. Vor allem seine Mutter habe sehr unter dem Tod ihres Sohnes gelitten. „Sie ging jeden Tag mindestens einmal zum Grab“, erzählt Günter Pauli – das Elternhaus lag auch nur wenige 100 Meter vom Friedhof entfernt.
Günter Pauli konnte nach der Todesnachricht bis heute sein Motorrad nicht mehr anfassen, die Verbindung zur Todesnachricht schmerzt ihn zu sehr. Er und seine Frau Annemie beschreiben Walter Pauli als lebenslustigen, frohen und reiselustigen Menschen, der einen großen Bekanntenkreis hatte. Pauli war vielseitig sportlich engagiert, als Fußballer, Leichtathlet oder in der Judo- und Karateabteilung der SG Westerwald.

Als Walter Pauli drei Jahre alt war, ließ sich sein Vater in Gebhardshain als Schornsteinfeger nieder. Walter Pauli erlernte nach dem Besuch der Hauptschule (damals Volksschule) das Schornsteinfegerhandwerk bei seinem Vater. Wie es in einem damaligen Bericht unserer Zeitung heißt, war er „als zuverlässig und sauber besonders im Daadener Raum bekannt und beliebt“. „Im Daadener Raum befand sich der Kehrbereich meines Vaters“, berichtet Günter Pauli. Aber der Beruf des Schornsteinfegers sagte seinem Bruder nicht zu, deshalb orientierte er sich in Richtung Polizei um. Pauli bewarb sich wegen der seiner Meinung nach besseren Aufstiegschancen bei der Polizei in Nordrhein-Westfalen, statt direkt in Rheinland-Pfalz.
Wie es seitens der Polizei Köln beschrieben wird, erlangte Walter Pauli in Koblenz die Fachhochschulreife und trat anschließend in die Polizeischule Münster (Landespolizeischule Carl Severing) am 1. Oktober 1973 ein. Seine Ausbildung konnte er aufgrund seines vorherigen Werdegangs auf 15 Monate verkürzen. Als Polizei-Oberwachtmeister (POW) setzte er an der Bereitschaftspolizei-Abteilung (BPA III) in Wuppertal seine Ausbildung fort und gehörte ab September 1974 dem in Stukenbrock abgehaltenen Lehrgang 74/X zur Vorbereitung auf die I. Fachprüfung an.

Nach einer sehr gut bestandenen Prüfung wurde Walter Pauli am 1. Februar 1975 als Polizei-Hauptwachtmeister (PHW) in den Schutzbereich Südost des Kölner Polizeipräsidiums versetzt. Der Dienst als Polizist machte ihm großen Spaß. Für ihn stand schon damals fest, dass er den Aufstieg in den gehobenen Dienst schaffen wollte und danach wieder ins heimatnahe Betzdorf zurückkehren würde. Doch tragische und dramatische Umstände führten an jenem Freitag, 9. Mai 1975, zu seinem gewaltsamen Tod.

In der Tatnacht fiel einer Anwohnerin ein grüner NSU-Prinz mit drei Männern auf dem Parkplatz eines Supermarktes auf. Ihr Anruf erreichte die Kölner Polizei am Freitag um 1.13 Uhr, zwei Hundeführer in Zivil fuhren in den betreffenden Stadtteil Humboldt/Gremberg. Wie es seitens der Polizei Köln zur Tatnacht heißt, sei der Streifenwagen mit Walter Pauli eingetroffen, nachdem die Kontrolle der verdächtigen Männer bereits begonnen hatte. Sie gingen zu den anderen Beamten, die sich am verdächtigen NSU-Prinz aufhielten.
Da die verdächtigen Männer durchsucht werden sollten, wurden sie aufgefordert, das Fahrzeug zu verlassen. Obwohl zwei Polizeibeamte mit gezogener und entsicherter Schusswaffe die Situation sicherten, riss plötzlich der Beifahrer des NSU die Tür auf, sprang aus dem Wagen und feuerte zwei Schüsse aus seiner Waffe auf Walter Pauli ab, der bereits in unmittelbarer Nähe des Fahrzeugs stand. Dieser erwiderte noch das Feuer.
„Man muss die Stärke der Stadt Köln und der Polizei hoch anrechnen, dass die sich so dafür eingesetzt haben, dass die Straße nach meinem Bruder benannt wurde. Das war eine noble Geste.“
Günter Pauli, Bruder des getöteten Polizisten und Gebhardshainer Walter Pauli
„Mein Bruder schoss damals seine Waffe leer“, erinnert sich auch Günter Pauli im Gespräch an die Schilderungen zurück. Sein Bruder brach zusammen und verstarb noch vor Ort infolge eines Durchschusses im Brustbereich, der das Herz getroffen hatte.
40 Jahre nach seinem Tod, im Jahr 2015, wurde eine zusätzliche Gedenktafel im Eingangsbereich des Kölner Polizeigebäudes angebracht und ein Zusatzschild unter dem bereits vorhandenen Straßenschild montiert.
Dieses Jahr jährt sich Walter Paulis Todestag am 9. Mai zum 50. Mal. Für Günter Pauli steht fest: „Man vergisst seinen Bruder nicht.“ Er wünsche sich natürlich, dass sein Bruder noch leben würde. Auch heute noch sei es sehr emotional für ihn, über Walter Pauli und dessen Todesumstände zu sprechen. „Man muss die Stärke der Stadt Köln und der Polizei hoch anrechnen, dass die sich so dafür eingesetzt haben, dass die Straße nach meinem Bruder benannt wurde. Das war eine noble Geste“, sagt er. Zwar mache dies seinen Bruder nicht wieder lebendig, es sei aber eine große Wertschätzung. Mittlerweile ist das Grab von Walter Pauli eingeebnet, eine Gedenktafel, die über dem Gedenkstein für die Opfer des Zweiten Weltkriegs angebracht ist, erinnert an das Schicksal des jungen Polizei-Hauptwachtmeisters.
Günter Pauli wünscht sich, dass Gewalttaten gegen Polizisten in Deutschland stärker geahndet werden und die Täter zur Rechenschaft gezogen werden. „Schließlich setzen sich diese Menschen für uns und unsere Sicherheit ein“, so Günter Pauli. Er findet, dass gerade die Herabsetzung der Polizei, Bundespolizei und Bundeswehr in den vergangenen Jahrzehnten schlimmer geworden sei und die Gewalt - gerade gegen Polizisten - massiv zugenommen habe. Am Todestag wird er wieder auf dem Friedhof in Gebhardshain sein und seines Bruders gedenken, den er viel zu früh verloren hat.