„Die Wochen der Ausnahmesituation und Stilllegung nahezu allen öffentlichen und gesellschaftlichen Lebens in der Corona-Krise haben mir einerseits aktuelle Missstände hautnah gezeigt, andererseits aber auch wertvolle Chancen vor Augen geführt, die wir jetzt endlich ergreifen müssen.
Was habe ich selbst erlebt: Von einem Tag auf den anderen war ich nicht ,nur Bundestagsabgeordnete' sondern auch ,Heim-Lehrerin' meiner beiden Töchter, 11 und 17 Jahre. Das digitale Angebot beim Home Schooling und der virtuelle Austausch haben bei uns gut funktioniert. Bei Freunden und Bekannten an anderen Schulen war dies allerdings leider oft nicht der Fall – hier gibt es an vielen Stellen noch Aufholbedarf. Die Arbeitsformate und Sitzungen der FDP-Fraktion im Deutschen Bundestag waren von heute auf morgen virtuell vollständig abgebildet. Der Wirtschaftsausschuss tagte auch im digitalen Format, hier allerdings leider mit einigen technischen Mängeln, die ich als Obfrau des Ausschusses beim Vorsitzenden angemahnt habe. Im Austausch mit der örtlichen Verwaltung erlebte ich wiederum viel Positives: Vorgänge konnten dank Homeoffice von Sachbearbeitern schneller außerhalb der regulären Arbeitszeiten bearbeitet werden und die Kommunikation war digital einfacher.
Unterm Strich: es gab Licht und Schatten. Staatliche Institutionen leisten in der Krise an vielen Stellen Enormes – aber es gibt auch noch viel zu tun. Und da ist die Bundesregierung nun besonders gefragt. Die digitale Verwaltung 4.0 und ihre Dienstleistungen müssen schnellstmöglich vorangebracht werden. Wir brauchen gleichzeitig einen spürbaren Abbau von bürokratischem Unsinn. Der Wirtschaftsmotor braucht nach den Corona-Lockerungen frischen Treibstoff, um durchstarten zu können. Nicht nur an den Tankstellen in Deutschland war der Zeitpunkt zum Auftanken lange nicht mehr so günstig wie heute. Der Abbau von überbordender Bürokratie wäre ein erster effektiver Schritt in die richtige Richtung.
Ich möchte unser Land fit für die Zukunft sehen. Dafür brauchen wir eine funktionierende digitale Verwaltung. Behördengänge und die Kommunikation mit dem Staat müssen vollständig online möglich sein. Es gibt genügend Möglichkeiten zur Identifikation auch im Internet. Private Unternehmen nutzen diese seit Jahren. Wer möchte, wird dann von den Behörden nur noch in den wichtigsten Fällen postalisch angeschrieben und muss allenfalls in Ausnahmesituationen persönlich erscheinen. Alles andere geht digital. Länder wie Finnland und Estland machen es in der europäischen Union vor.
Wir brauchen vernetzte und digitale Schulen, die unsere Kinder auf die Arbeitswelt der Zukunft vorbereiten. Laptops oder Tablets müssen zur Grundausstattung gehören. Lehrer müssen in den neuen Arbeitsweisen – digitalem Lehren und Lernen – weitergebildet werden. Die Corona-Zeit hat bereits wichtige Impulse für eine schnellere Digitalisierung der Bildung gegeben. Bei der Umsetzung ist aber die Politik im Schulterschluss mit der Verwaltung gefragt.
Jetzt, wo die Fitnessstudios wieder geöffnet haben, können nicht nur wir persönlich anfangen, wieder zu trainieren, sondern auch der Staat ist nun unbedingt aufgefordert, fitter zu werden. Je mehr Zeit wir verlieren, desto schwieriger wird es, den Rückstand aufzuholen. Wir brauchen eine Digitalisierungs- und Entbürokratisierungsoffensive – für unsere Zukunft und die unserer Kinder und Enkel.