Einen Flummi hat er an den Kopf gekriegt!“, schniefte Landratsgattin Annelie Peters. „Mein Mann, der André, stand draußen vor der Kreisverwaltung und hat mit dem Kirchener Bürgermeister gesprochen... Kinder haben gespielt mit diesem Gummiball... Ich wollte den André abholen und kam dazu...“ Sie schnäuzte sich geräuschvoll in ein beinah kopfkissengroßes Taschentuch mit einem Fußballmotiv drauf.
Das „é“ im Namen ihres Mannes zog sie jedes Mal zu einem Sirenenheulen auseinander. „Der André sagte was von Klimawandel, und der Hundhausen sprach von einem neuen Klimafolgenanpassungsmanagement für Kirchen, und der André antwortete, dass wir was gegen den Klimawandel machen müssten statt gegen die Folgen... – und dann flog ihm plötzlich dieser Flummiball an die Schläfe...“
Weisbier dachte nur: „Au weia!“, fragte aber sicherheitshalber nach: „Und dann ist der Herr Peters weggerannt?“ – „Jahaaa!“, heulte Annelie auf und vergrub ihren Kopf im Fußballtaschentuch, sodass ihre nächsten Sätze nicht nur tränenerstickt, sondern auch so muffig klangen wie die Ansprache des Bundestrainers nach dem Ausscheiden seiner WM-Elf: „Er rannte plötzlich in Richtung Wald, der Andreeee!“, rief sie, „und sagte lauter wirres Zeug...“ – „Liebe Frau!“, versuchte Weisbier sie zu beruhigen, „so wirr kann das doch nicht gewesen sein. Im Kreistag spricht der Landrat doch immer sehr bedächtig...“
Indes: Er wurde eines anderen belehrt: „Er schrie geradezu, der Andreeee, dass er jetzt mit Greta Thunfisch gegen den Klimawandel kämpfen will, dass er sein Auto abschafft, nur noch ökonomisch leben und in Wuppertal mit dem Papst eine große Demo organisieren will und dass er dann barfuß in den Bundestag nach Berlin geht und dass die ganzen Medien mitmachen würden und dass er dann dem Parlament und dem Bundeskanzler mit stolz gereckter Faust die Meinung sagen will... Ja, 'mit stolz gereckter Faust', hat der André gerufen... Und dass er die Greta Garbo mitnimmt und mit ihr und dem Papst das Klima rettet und dass er den Grünen beitritt und bei denen das Ruder übernimmt und dann Bundeskanzler wird und die ganze Welt rettet...!!“
Der Kommissar kratzte sich an seinem wulstigen Kinn und blickte ratlos in die noch ratloseren Augen seines Assistenten. „Kalle, mich laust der Affe!“, entfuhr es ihm. Im Stillen dachte er: „Was so ein Flummi alles anrichten kann! Der durchgeknallte Landrat, der barfuß nach Berlin geht und die Welt retten will – wenn das keine Story für unseren rasenden Reporter Anselm Neubart ist!“
Wieder schnäuzte die Landratsgattin in ihr Fußball-Taschentuch, so laut, dass man es auch im Nachbarbüro hörte. Weisbier winkte Kalle Schlimm heran und murmelte ihm zu: „Gehen Sie mit ihr in die Küche und geben Sie ihr einen Klaren, damit sie sich beruhigt. Aber passen Sie auf, dass die sich nicht noch zulötet! Wer weiß, was dann erst alles passieren würde ...“
Sonja Roos setzt die Geschichte in der nächsten Ausgabe fort. Ihre drei Stichwörter lauten: Regenwald, Gletscherschmelze und Erdbeerprosecco.