„Es ist ein erster Teilerfolg in der langwierigen Aufarbeitung der Greensill-Insolvenz“, heißt es in einer Pressemitteilung aus dem Kreishaus: Der Landkreis Altenkirchen hat sich vor dem Landgericht Koblenz mit der Klage aus der Vermögenseigenschadensversicherung gegen die GVV Kommunalversicherung (GVV) vollumfänglich in Höhe von einer halben Millionen Euro plus rund 90.000 Euro Zinsen durchgesetzt. Doch eine Rückerstattung steht noch auf wackeligen Beinen. Denn juristisch ist das letzte Wort noch nicht gesprochen.
Werfen wir einen Blick zurück: Seit 2015 hatte der Abfallwirtschaftsbetrieb Landkreis Altenkirchen (AWB) geschäftliche Beziehungen zur Greensill-Bank AG unterhalten und dort Termingelder angelegt. Durch die Insolvenz des Bremer Kreditinstituts im Jahr 2021 hat der AWB einen Verlust in Höhe von 3,6 Millionen Euro erlitten. Verwaltung und Politik haben seitdem laut Presseinfo umfangreich die näheren Umstände der Geldanlage aufgearbeitet, in der Folge trat der damals zuständige Kreisbeigeordnete Gerd Dittmann (Grüne) zurück, an seine Stelle rückte auf Vorschlag der Grünen der parteilose Fred Jüngerich. Zuvor hatte es heftige politische Auseinandersetzungen in den Gremien gegeben, bei denen auch AWB-Werkleiter Werner Schumacher in den Fokus der Kritiker geraten war. Konkret ging es hierbei auch um eine Dienstanweisung, wonach Geldanlagen bei der Greensill-Bank seit 2017 nicht mehr vom Einlagensicherungsfonds abgedeckt waren und damit als vorschriftswidrig weil risikobehaftet eingestuft worden waren. Im Fachjargon spricht man hier von nicht „mündelsicher“.
Kreistag beschloss Klage einstimmig
In einem umfangreichen rechtlichen Gutachten empfahl die Zentralabteilung der Kreisverwaltung im Dezember 2021 eine Klage aus der Vermögenseigenschadens- und Vermögenshaftpflichtversicherung, da die Erfolgsaussichten – trotz der komplexen rechtlichen Situation – als vielversprechend eingeschätzt wurden. Der Kreistag folgte dieser Empfehlung und beschloss einstimmig, Klage gegen die GVV zu erheben.
Vergleichsverhandlungen mit der GVV blieben ohne Erfolg, da durch die Versicherung jegliche Vergleichsbereitschaft abgelehnt wurde, so die Einschätzung aus dem Kreishaus. Obgleich der Schaden bei 3,6 Millionen Euro liegt, wurde durch den Landkreis zur Reduzierung des Kostenrisikos nur ein Teilbetrag in Höhe von 700.000 Euro eingeklagt (sogenannte Teilklage), mit der Option, bei Erfolg auch die weitergehende Summe einzuklagen, heißt es weiter. Zwar habe sich der Landkreis mit den Ansprüchen aus der Vermögenshaftpflichtversicherung nicht durchsetzen können, die Klage aus der Vermögenseigenschadensversicherung habe aber kürzlich zum Erfolg geführt. „Ich weiß natürlich“, so Landrat Peter Enders, „dass das Urteil noch nicht rechtskräftig ist, bin aber erleichtert, dass sich unser Aufwand und unsere Entschlossenheit ausgezahlt haben. Selbst für uns als Kreisverwaltung ist es nicht leicht, sich gegen eine große Versicherung durchzusetzen“, so Enders weiter.

Rücktritt zum 31. August: Kreisbeigeordneter Dittmann zieht Konsequenz aus Greensill-Debakel
Gut 15 Monate nach Bekanntwerden des Greensill-Debakels für den Abfallwirtschaftsbetrieb (AWB) des Kreises Altenkirchen folgen personelle Konsequenzen aus der umstrittenen Anlage von 3,6 Millionen Euro bei der insolventen Privatbank.
Über den Zaun ist der Kreis mit seinem Erfolg also noch nicht. Die GVV Kommunalversicherung hat gegen das Urteil Berufung eingelegt. Es gehe nicht nur darum, dass die Versicherungsgesellschaft die hohe Summe nicht zahlen will, heißt es aus dem Kreishaus. Sie habe zudem einen Präzedenzfall zu fürchten hat. Soweit ersichtlich und auch von der GVV mehr oder weniger bestätigt, gebe es rund 25 von der Greensill-Insolvenz betroffene Kommunen, die über eine Vermögenseigenschadensversicherung verfügen. Lediglich die Kreisverwaltung Altenkirchen habe die Zahlungsverweigerung der Versicherung nicht akzeptiert und als einzige Kommune geklagt – was wiederum andere Kommunen hellhörig gemacht habe.
Die Kreisverwaltung ihrerseits hat ebenfalls Berufung eingelegt, um auch weiterhin aus der zweiten Versicherung Leistungen zu erstreiten. Darüber hinaus ist man im Kreishaus optimistisch, dass der Schaden aufgrund des laufenden, allerdings langwierigen Insolvenzverfahrens gegen die Greensill weiter minimiert werden kann.