Weibliche Wehrführer sind eher noch die Ausnahme - Dabei sind sie in den Feuerwehren längst etabliert
Feuerwehr wird immer weiblicher: Wo Frauen im Einsatz das Kommando haben
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Hauptberuflich ist Lisanne Wüst Mitarbeiterin in der Stabsstelle Brandschutz und Rettungsdienst im Westerwaldkreis. Daneben steht sie im Löschzug Oberrod seit mehr als zwei Jahren an der Spitze.
Thomas Leurs

Dass bei der Feuerwehr auch Frauen dabei sind, das ist mittlerweile vollkommen normal. Trotzdem sind sie immer noch in der Minderheit. Und in Führungspositionen sind sie noch eher selten. Unsere Zeitung hat mit zwei Frauen in Wehrführerposition gesprochen: über ihren Weg in der Feuerwehr und warum dort Frauen auch besonders gut geeignet sind.

Frauen bei der Feuerwehr: Das ist mittlerweile eine Selbstverständlichkeit. Frauen in Wehrführerpositionen findet man bislang aber eher selten. Vor Kurzem wurde Jana Baldus eine der stellvertretenden Wehrführer im Löschzug Kirchen im Kreis Altenkirchen. Lisanne Wüst ist bereits seit Ende 2021 Wehrführerin in der Ortsgemeinde Oberrod im Westerwaldkreis. Unsere Zeitung hat mit beiden gesprochen über die Arbeit bei der Feuerwehr, ihren Werdegang und warum Frauen bei der Feuerwehr nichts Ungewöhnliches mehr sind.

Jana Baldus wurde kürzlich bei der Jahresdienstbesprechung der Verbandsgemeindefeuerwehr Kirchen eine der beiden stellvertretenden Wehrführer; damit ist zum ersten Mal eine Frau in einer Wehrführerposition in Kirchen tätig.

Frauen weiter unterrepräsentiert

Dass eine Frau heute bei der Feuerwehr mitmacht, ist vollkommen normal. Auch wenn das weibliche Geschlecht weiterhin unterrepräsentiert ist. In der Verbandsgemeindefeuerwehr Kirchen sind von 308 Wehrleuten 27 Frauen.

Dass Jana Baldus im Jahr 2001 zur Jugendfeuerwehr in Kirchen gestoßen ist, lag zum einen an ihrer Familie. Ihr Vater war schon länger dabei und sie dann irgendwie auch. Doch ein wenig ein Hemmnis war es aber doch schon. „Ich habe damals mit drei Freundinnen angefangen. Wenn sie nicht dabei gewesen wären, wäre ich vielleicht nicht bei der Feuerwehr gelandet“, sagt Baldus. 2006 ging es für sie dann mit 16 Jahren regulär in den aktiven Feuerwehrdienst.

Darauf folgten mehrere Lehrgänge, die Grundausbildung, die Ausbildung zum Sprechfunker und zum Truppführer. „Die drei Lehrgänge macht jeder“, sagt Baldus. In Koblenz musste sie dann noch mehrere Fachlehrgänge absolvieren. Darunter in der Feuerwehreinsatzzentrale, zu Unterstützungstätigkeiten für Einsatzleitung und technische Hilfeleistung. Zudem noch ein Lehrgang zum Jugendfeuerwehrwart und zur Brandschutzerzieherin. Bei Letzterem geht es vor allem darum, das Thema Brandschutz Kindern und Jugendlichen näherzubringen. 2020 wurde Baldus darauf angesprochen, ob sie sich vorstellen könne, den Lehrgang Gruppenführer zu absolvieren. Als Mutter von einem kleinen Kind ist das gar nicht so leicht, das unter einen Hut zu bringen. Doch die Corona-Pandemie kam da ein wenig zu Hilfe. Denn in Zeiten von Lockdowns und Abstandsregeln fand auf einmal viel online statt. „Ich musste nur drei, vier einzelne Tage nach Koblenz“, sagt Baldus.

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Jana Baldus ist seit Kurzem einer der beiden stellvertretenden Wehrführer im Löschzug Kirchen. Als Frau ist sie damit noch eine Ausnahme. Fotos: Thomas Leurs
Thomas Leurs

Das volle Leitungspaket

Zu den Aufgaben einer Wehrführerin zählen dann noch Dinge wie Personal- und Terminverwaltung, wie auch Ausbildungsveranstaltungen zu organisieren, etwa wer auf welchen Lehrgang geht. Zudem muss man sich mit dem VG-Wehrleiter abstimmen. Da die Aufgaben mit der Zeit immer gewachsen sind, gibt es zwei stellvertretende Wehrführer in Kirchen.

Als Jana Baldus damals der Feuerwehr beigetreten ist, war das als Mädchen eher noch etwas Besonderes. Mittlerweile ist das vollkommen normal geworden, auch wenn sie mit sechs von 40 Personen im Löschzug in Kirchen noch etwas unterrepräsentiert sind. In ein paar Dingen können Frauen laut Baldus sogar besser punkten als die Männer. „Frauen können gut koordinieren. Etwa beim Einsatz: Da klingelt das Telefon, dann muss mal parallel auf den Funk achten.“ Frauen seien sehr multitaskingfähig. Und gerade in der Kinder- und Jugendarbeit sind die Frauen gut geeignet. Bei der Bambinifeuerwehr seien sie vorherrschend. Bei der Jugendfeuerwehr dreht sich das dann aber auch wieder.

Für Neue, die sich für die Feuerwehr interessieren, gibt Baldus den Rat: Einfach mal trauen. Man müsse zwar schon ein technisches Interesse haben, aber man solle einfach mal vorbeikommen und es ausprobieren, ob es einem gefällt. Die Bambinigruppe trifft sich jeden zweiten Donnerstag, die Jugend jeden zweiten Dienstag.

In Oberrod ist der Altersdurchschnitt bei der Feuerwehr unter 30

Lisanne Wüst ist seit Ende 2021 Wehrführerin in Oberrod und war damals die Einzige im gesamten Westerwaldkreis. Wie bei Baldus war ihr Vater bereits in der Feuerwehr aktiv. So war es nur konsequent, dass sie dort auch angefangen hat. Los ging es 2012 mit der Gründung einer Jugendfeuerwehr in dem 635-Einwohner-Ort. 2017 verließ sie dann für ein Studium des Sicherheitsingenieurswesens für ein paar Jahre ihren Heimatort und kehrte im März 2021 zurück. Kein halbes Jahr später war sie die Wehrführerin im Ort. Die Truppe in Oberrod ist recht jung. „Der Altersdurchschnitt liegt bei um die 30“, sagt die 26-jährige Wüst.

Schon während des Studiums hatte sie den Gruppenführerlehrgang absolviert, und nach ihrer Rückkehr kam die Mannschaft sofort mit dem Wunsch auf sie zu, ob sie sich nicht den Wehrführerposten vorstellen könne. „Da dachte ich mir: Das mache ich“, sagt Wüst. Schon in ihren Anfangsjahren gab es viele Mädchen in der Jugendfeuerwehr. „Das war damals schon keine Besonderheit mehr“, so Wüst. Frauen und Männer machen dort den gleichen Job. „Wir haben auch Atemschutzgeräteträgerinnen.“ In der Feuerwehr wächst man schnell zu einer Gemeinschaft zusammen. Nicht umsonst heißt es auch oft: die Blaulichtfamilie. „Die Feuerwehr ist eine Stütze für die Gemeinschaft im Dorf“, sagt Wüst. Auch ist man bei vielen gesellschaftlichen Ereignissen aktiv, etwa bei Umzügen.

Sie hat das letzte Wort

Als Wehrführerin trägt sie die Verantwortung für ihre Mannschaft. „Ich muss entscheiden, wie wir einen Einsatz angehen“, sagt die 26-Jährige. Auf gut sieben bis neun Einsätze kommt die Oberroder Wehr im Jahr. Zum Ausrückbereich zählen noch die Nachbarorte Elsoff und Westernohe.

Das Thema Frauen in der Feuerwehr ist so normal geworden. Schade, so Wüst, dass man überhaupt noch darüber redet. Ein wenig unter Druck habe sie sich schon gefühlt, als erste Frau in einer Wehrführerposition zu sein. Als solche müsse sie nun mehr leisten, um sich zu beweisen. Es habe aber nie Probleme gegeben, so Wüst: „Meine Mannschaft steht hinter mir.“

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