Wissen – Am Samstag Akrobatik, Laser, Feuer, viel, viel Musik – und reichlich Regenschauer. Am Sonntag Eisenkunst, Gaumengunst, bunte Abwechslung auf der Showbühne – und (der Leser ahnt es schon) wieder reichlich Regenschauer. Die Verantwortlichen des Wissener Vereins „Eigenart“ hatten – großes Kompliment – ein tolles Programm geschmiedet, mit dem am Wochenende der 100. Geburtstag des Walzwerkes in der Siegstadt gefeiert wurde.
Das Walzwerk ist längst Geschichte. Daran erinnert wird im Kulturwerk, beheimatet in einem der Gebäude aus vergangener Eisenhüttenzeit. Die Besucher strömten am Wochenende in großer Zahl. Nur eine spielte nicht mit: Die Sonne zeigte den Organisatoren, bereits seit Monaten im Einsatz mit den Vorbereitungen für ein abwechslungsreiches Fest, die kalte Schulter. Sie machte den Wissenern einen dicken Strich durch das geplante Open Air-Festprogramm. Hatte bereits am Samstag ein schauerliches Gewitter das vorgesehene Jugendkonzert mit vier Bands zum Auftakt der „Nachtschicht“ im Kulturwerk regelrecht davongespült, so riskierte die Sonne am Sonntag wenigstens hin und wieder zwischen kräftigen Regengüssen zaghafte Blicke auf das abwechslungsreiche Treiben im und um das Kulturwerk der Siegstadt.
Bereits in der Nacht zum Sonntag hatten die Verantwortlichen eine weise Entscheidung getroffen: Für die Schmiede und die Mehrzahl der Verpflegungsstände gab es ein Plätzchen im Freien – alle anderen Mitwirkenden wurden regensicher im Kulturwerk untergebracht.
Berno Neuhoff, wie alle mehr als 30 ehrenamtlichen Helfer von „Eigenart“ gut zu erkennen am Vereinslogo auf Hemd oder Bluse, moderierte das Sonntagsprogramm. „Bei sonnigem Wetter wären sicher mehr als 10 000 Besucher gekommen“, überlegte er am späten Nachmittag im Gespräch mit unserer Zeitung. „Aber auch so sind es sicher mehrere Tausend“, ergänzte er, während draußen wieder ein Wolkenbruch niederging.
Die Gäste aus der Siegstadt und der (weiteren) Umgebung ließen sich vom Wetter nicht bremsen. Schließlich lockte bei kostenlosem Eintritt auch ein buntes Unterhaltungsprogramm. Schon zum Frühschoppen spielten „Die Geininger“. „Die offene Bühne im Kulturwerk ist neben der 'Nachtschicht' sowie 'Eisenkunst und Gaumenkunst' die dritte Säule im Festprogramm“, so Neuhoff. Für jeden Geschmack wurde etwas geboten. Schülermusikgruppen, das Querflötenorchester der Kreismusikschule, Tanzgruppen, Rock- und Coverbands traten auf. Rhönräder drehten sich elegant durch die Halle, und die Kleinen der Adolf-Kolping-Kindertagesstätte ernteten nicht nur einen Geldpreis sondern auch tosenden Beifall für die originellen Metallkostüme, bei deren Gestaltung die Mütter nicht nur reichlich Alufolie sondern auch Kronkorken, Schlüssel, Konservendosen, Deckel und sogar Gießkännchen verwendet hatten.
Den Themen Eisen und Kunst widmeten sich ein Schmied und ein Goldschmied, Keramik, Patchwork, Kerzen und individuelle Halsketten lockten zum Kauf, und die „Spinnradler“ (fünf muntere Damen) demonstrierten, dass man nicht nur Schaf- sondern auch Katzenwolle zu Garn spinnen kann. Mineralen sowie Bergbauartikel wurden gezeigt und begehrte und inzwischen selten gewordene Reklameschilder aus Blech erinnerten an vergangene Zeiten, als noch nicht rund um die Uhr Werbung über Fernseher und Computer flimmerte.
Auch zum Stichwort „Gaumengunst“ verlockten die Stände im Kulturwerk zu kulinarischen Entdeckungsreisen. So wurden unter anderem besondere Essig- und Ölsorten angeboten, es gab Wurst vom Biohof, die „Westerwälder Kartoffelbratwurst“ und leckeren Bienenhonig – begleitet von einem Schaukasten mit einem munteren Bienenvolk. In der Halle übten sich Kinder im Kistenstapeln, während draußen (Stichwort Metall) Traktoren aus den 50er- und 60er-Jahren neben aktuellen Schleppern wie Spielzeugfahrzeuge wirkten.
Auch ohne Walzwerk-Geburtstag soll es in zwei Jahren ein ähnlich großes Fest in der Siegstadt geben, verriet Berno Neuhoff der RZ. 2012 ist eine kleinere Ausgabe geplant. Weiter rief er die Besucher dazu auf, sich an der Unterschriftensammlung für den Bau der Fußgängerbrücke von der Innenstadt zum Kulturwerk zu beteiligen.