Standort Scheuerfeld gefährdet
Faurecia-Mitarbeiter kämpfen für Zukunft ihrer Jobs
Mit Banner, Fahnen, Trillerpfeifen und Rauchfackeln machen die rund 200 Mitarbeiter von Faurecia ihrer Angst um ihre Arbeitsplätze in Scheuerfeld Luft.
Thomas Leurs

Die Beschäftigten des Faurecia-Werks in Scheuerfeld fordern Klarheit über die Zukunft ihrer Jobs nach 2028. Bei einer kämpferischen Versammlung der IG Metall hagelt es Kritik am Management. Am Abend kann die IG Metall erste Ergebnisse bekannt geben.

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Sich laut für ihre Arbeitsplätze einsetzen, das können sie. Die Mitarbeiter des Faurecia-Werks in Scheuerfeld haben am Freitagmittag ihren Unmut über die Unsicherheit ihrer Arbeitsplätze über das Jahr 2028 hinaus Luft gemacht. Aufgerufen zu dieser öffentlichen Mitgliederversammlung direkt von den Hallen der Scheuerfelder Firma hatte die IG Metall. Oliver Scheld, Erster Bevollmächtigter der IG Metall Herborn-Betzdorf, zeigt sich kämpferisch: „Die IG Metall und die Betriebsratsvorsitzenden stehen an eurer Seite. Die IG Metall kämpft für eure Zukunft.“

Vor etwas mehr als einem Jahr haben die Mitarbeiter sich schon einmal vor dem Firmengelände versammelt, um für ihren Standort zu kämpfen. Damals schwebte die Angst im Raum, der Standort könnte an einen Investor verkauft werden – zum Nachteil der Angestellten. In diesem Jahr geht es der IG Metall um den Zukunftstarifvertrag, der Ende 2028 ausläuft. Aktuell läuft noch ein Großauftrag für Mercedes-Benz. Doch bei der schwer gebeutelten Automobilbranche in Deutschland ist es der IG Metall und dem Betriebsrat zu unsicher, nur auf einen potenziellen Nachfolgeauftrag des Autoherstellers aus Stuttgart zu setzen.

„Am liebsten würden die diesen Standort schließen. Das wollen wir aber nicht.“
Yüksel Öztürk, Betriebsratvorsitzender

Für Yüksel Öztürk, Betriebsratsvorsitzender bei Faurecia, ist es wichtig, dass die Geschäftsleitung sich auch um Alternativen bemüht. „Da ist noch nichts passiert“, rüft Öztürk bei der Mitgliederversammlung den Arbeitern entgegen und macht dem Management schwere Vorwürfe: „Am liebsten würden die diesen Standort schließen. Das wollen wir aber nicht.“ Der Betriebsrat habe selbst ein Sparpaket vorgelegt, womit gut 34 Millionen Euro eingespart werden sollen. Doch darauf sei die Geschäftsleitung bislang nicht eingegangen. „Die haben keinen B-Plan in der Tasche.“

Yüksel Öztürk, erster Betriebsratsvorsitzender, findet deutliche Worte.
Thomas Leurs

Auch von politischer Seite erhalten die Faurecia-Arbeiter Unterstützung. Sabine Bätzing-Lichtenthäler, SPD-Politikerin und Fraktionsvorsitzende im Mainzer Landtag, ist gekommen und sagt: „Ihr seid hier nicht alleine. Wir stehen an eurer Seite.“ Sie sei nicht wegen ihrer engen Verbundenheit zur Region nach Scheuerfeld gekommen, sondern „weil der Standort nicht nur für den Kreis Altenkirchen oder Rheinland-Pfalz eine besondere Bedeutung hat“. Die Transformation, vor der die Industrie stehe, sei eine Herausforderung, sagt Bätzing-Lichtenthäler, doch sie  gelinge nicht gegen die Beschäftigten.

Auch Sabine Bätzing-Lichtenthäler (SPD) ist auf der öffentlichen Mitgliederversammlung in Scheuerfeld.
Thomas Leurs

Ortsbürgermeister Dohm spricht sich für den Standort Scheuerfeld aus

Harald Dohm, Bürgermeister von Scheuerfeld, stellt klar, dass Faurecia fest zu Scheuerfeld gehört. Auch der Ortsgemeinderat stehe an der Seite der Angestellten. „Wir wollen, dass Faurecia in Scheuerfeld bleibt.“

Uwe Wallenbrecher, ehemaliger Erster Bevollmächtigter der IG Metall Betzdorf und Schelds Vorgänger, sagt ebenfalls ein paar Worte auf der öffentlichen Mitgliederversammlung. Er habe bereits vor 13 Jahren, als es um die Zukunft des Standortes ging, dieselben Argumente der Geschäftsleitung gehört wie heute. Diese Argumente seien „verlogen“. Besonders lobt er die Faurecia-Angestellten für ihr Durchhaltevermögen.

Ehemaliger Betriebsratsvorsitzender mit mahnenden Worten an die Mitarbeiter

Auch der ehemalige erste Betriebsratsvorsitzende Volker Knautz spricht vor der Menge. „Es ist traurig, was der Arbeitgeber hier für eine Tour versucht“, sagt er. Knautz nimmt für die Zukunft des Standortes aber auch die Arbeitnehmer in die Pflicht. „Vor zwölf Jahren waren wir noch 500 bis 600 Leute. Da konnten wir auf den ein oder anderen Quertreiber verzichten“, sagt der ehemalige Betriebsratsvorsitzende. Doch heute – bei nur noch rund 200 Mitarbeitern – zähle jeder einzelne. „Ihr solltet alle schauen, dass ihr nach euren Möglichkeiten hinter Yüksel steht.“

"Zukunft oder Widerstand" ist die Losung der Faurecia-Angestellten bei dieser öffentlichen Mitgliederversammlung.
Thomas Leurs

Am Freitagabend kann Scheld Ergebnisse aus den Gesprächen mit der Geschäftsführung verkünden. Demnach habe diese sich klar dazu bekannt, sich ernsthafter um Alternativen neben Daimler zu bemühen. Bei anderen Konzernteilen solle geschaut werden, ob sie nach Scheuerfeld verlagert werden können. Zudem werde man sich nicht mehr auf die Automobilbranche beschränken. So werden die Faurecia-Mitarbeiter ab Montag wieder planmäßig zur Arbeit gehen, teilt Scheld mit.

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