Welche Mengen des feuchten Goldes hier unter Tage liegen, das zeigte sich erst diesen März, als die „Grube Ecke“, wie man sie in der Gegend nennt, plötzlich bis zur Stollendecke voll Wasser lief. Wer auf dem Grubenwanderweg am Stolleneingang vorbeikam, sah das Wasser aus dem Berg in die Sieg sprudeln. Grund dafür war, erläutert Merzhäuser, dass das Regenwasser viel schneller in den Berg sickern konnte, weil die vom Borkenkäfer zerstörten Wälder einen Teil der Niederschläge nicht mehr aufsaugen konnten. Zudem seien bei den Holzfällarbeiten und beim Abtransport der Stämme einige Überlaufrohre vom Stollen in die Sieg verstopft oder beschädigt worden, vermutet Merzhäuser.
Inzwischen haben die VG-Werke Kirchen die Rohre wieder in Schuss gebracht, die Abflussleitungen funktionieren wieder. „Der Stollen läuft jetzt wieder leer“, sagt Merzhäuser. Bis in die 50er-Jahre hinein wurden aus der Grube Tag für Tag 1750 Kubikmeter bestes Trinkwasser für den Mudersbacher Ortsteil Niederschelderhütte und die Siedlung Kronacker entnommen – das entspricht fast 10.000 Badewannen zu je 180 Litern, jeden Tag. „An der Sieg stand ein kleines Wasserwerk, wo das Wasser aus dem Berg aufbereitet und von Schwebstoffen befreit wurde“, erzählt Merzhäuser.
Die Wasserversorgung lief von 1964 bis 1998, ab da lieferte die WKA (Wasserversorgung im Kreis Altenkirchen) das feuchte Nass in beide Ortsbereiche. Aus der Grube laufen seitdem täglich bis zu 2000 Kubikmeter Wasser ungenutzt in die Sieg – ein Kubikmeter sind 1000 Liter. Das sehen die Kommunalpolitiker in Mudersbach und Brachbach sowie der Werksausschuss der VG-Werke Kirchen in Zeiten des Klimawandels mit seinen immer trockener werdenden Sommern als eine ungenutzte Chance. Altgediente Ratsmitglieder wie Merzhäuser oder Bernhard Baumeister aus Brachbach pochen schon lange darauf, den Stollen für die Notversorgung zu nutzen: „Als Brauch- oder Löschwasser,“ so Merzhäuser, „ist das Wasser immer gut. Und mit wenig Reinigungsaufwand, den in Krisenzeiten schon das THW bewältigen kann, hätte man wieder bestes Trinkwasser.“
Deshalb hat der Werkausschuss der VG Kirchen am Donnerstag beschlossen, die Grube Ecke an die WKA abzutreten. Merzhäuser: „Der Kreis soll die Möglichkeit einer Notwasserversorgung durch die Grube Ecke erst mal prüfen und den Stollen bei einem positiven Ergebnis in das Notversorgungskonzept der WKA aufnehmen.“ Für den Hintergrund muss man wissen, dass es in Brachbach wie Mudersbach je einen Wasserverein gibt, mit dem die Orte ihre Bewohner schon lange mit Wasser aus ihren eigenen Stollen versorgen. Auch in Siegen werden die Gruben Henriette und Hohe Aussicht auf dem Giebelwald für Niederschelden und Eiserfeld für die Trinkwasserversorgung genutzt.
Die Grube Ecke gehört der Ortsgemeinde Mudersbach in Verbindung mit den VG-Werken – beide sind bereit, sie an den Kreis abzugeben. „Wenn es mal bei der Hauptversorgung der Verbandsgemeinde Kirchen Probleme gibt“, sagt der Erste Beigeordnete, „ist man sicher froh, wenn man die Grube Ecke noch in petto hat.“
Unabhängig davon soll demnächst ein fachkundiger Geologe, der sich insbesondere mit den Erzstollen der Region auskennt, die Grube Ecke unter die Lupe nehmen und feststellen, ob die Wasserbeschaffenheit noch dieselbe gute Qualität hat wie in den 1950er-Jahren. „Der Wasserstand im Stollen“, erklärt Merzhäuser, „dürfte jetzt wieder so niedrig sein, dass der Geologe nächste Woche da rein kann.“