„Wir wollen unser Geld, wir wollen unser Geld!“ Während die Kunden draußen vor Wut durchdrehen, erreichen Marlies, Sophia und Jürgen außer Atem den Tresorraum des insolventen Bankhauses. Die drei Finanzexperten hoffen, hier erst einmal Schutz vor dem tobenden Mob zu finden. Doch sie haben nicht bedacht, dass der Geldbunker sowohl einbruchs- als auch ausbruchssicher ist. Als den Investmentbankern klar wird, dass sie sich in jeder Hinsicht „verzockt“ haben, wird die Luft nicht nur aus Sauerstoffmangel dünn – wie sich herausstellt, ist das abgebrühte Trio nicht alleine… Eine Situation, die Gänsehaut erzeugt, nicht wahr?
Das ist durchaus im Sinne des Ensembles „TheARTrale“. Mit diesem dramaturgischen Paukenschlag steigt die neu gegründete Formation in ihr Debüt-Stück „Die Zocker“ von Werner Bauknecht ein, das am 9. Mai Premiere im Programmkino „Wied Scala“ in Neitersen Premiere feiert. Unsere Zeitung ist mit Martina Müller-Greis, Silke Düngen, Martin Gerhards und Paul Gert Schmidt zur Hauptprobe im Roten Haus in Seelbach verabredet – eine ideale Gelegenheit, um einen umfänglichen Einblick in die Arbeit des Quartetts zu erhalten.

Bevor es losgeht, berichteten die Schauspieler, warum die Wahl gerade auf „Die Zocker“ gefallen ist. „Wir wollten ein Stück aussuchen, in dem wir alle vier gleichberechtigt sind. In der Vergangenheit haben wir häufiger als ’Pärchen’ zusammengespielt – zum Beispiel beim ’Gott des Gemetzels’. Diesmal sollte es aber nicht um diese Art von Beziehung gehen.“ Das Stück passe perfekt in die vom Kapitalismus geprägte Ellbogen-Gesellschaft der Gegenwart, in der zugunsten der Selbstverwirklichung alles andere eliminiert würde. Andererseits sei im Grunde auch niemand vor der Sogwirkung eines möglichen finanziellen Profits gefeit – weder als Kunde noch als Anlageprofi.
Dann nehmen die Vier ihre Positionen auf der Bühne ein, und nach wenigen Minuten gibt es keine Zweifel mehr, dass dieser Durchlauf bereits Premium-Qualität hat. Es wären auch nicht diese zielstrebigen, in der regionalen Theaterszene sehr bekannten „alten Hasen“, wenn sie ihren Rollen nicht längst Souveränität und Authentizität eingehaucht hätten. Silke Düngen ist in der Produktion zweifach gefordert, denn sie führt zugleich Regie. Ein weiteres Merkmal für die Dichte und die Unmittelbarkeit, denen sich das Ensemble verschrieben hat.

Im Tresorraum jedenfalls schieben sich die Zocker Marlies (Martina Müller-Greis), Sophia (Silke Düngen) und Jürgen (Martin Gerhards) auf niederträchtige Weise die Schuld für die Pleite zu. Schließlich möchte keiner das Gesicht verlieren. In einer Ecke entdecken sie plötzlich Andy (Paul Gert Schmidt), der sein Vermögen durch die Fehlinvestitionen der Investmentbanker verloren hat – und er hat gefährliche Absichten. Drei Schließstunden sind im System des Tresorraums voreingestellt, und die müssen unter diesen misslichen Umständen nun überstanden werden.
Drei Stunden, die ausreichen, um sich selbst und die anderen zu zerfleischen. Es ist faszinierend zu erleben, wie sich die vier Figuren umkreisen, belauern, verdächtigen, denunzieren und verhöhnen. Zum eigenen Vorteil entstehen aber auch ebenso brüchige wie fatale „Solidargemeinschaften“. Das Atmen fällt bald zunehmend schwerer. Werden es alle zusammen schaffen? Oder muss die Zwangsgemeinschaft „reduziert“ werden?
So viel darf verraten werden: Es bleibt bei diesem hochwertigen Kammerspiel spannend bis zum ungeheuerlichen Finale. Und das sollte sich kein Theaterfan entgehen lassen.
„Die Zocker“ wird an folgenden Terminen aufgeführt (Tickets über die Websites oder Mailadressen): Freitag, 9. Mai, und Freitag, 16. Mai, jeweils 20 Uhr, Wied-Scala Neitersen (info@wied-scala.de), Samstag, 10. Mai, 20 Uhr, Alter Bahnhof Puderbach (www.puderbach-kultur.de), Sonntag, 11. Mai, 18 Uhr, Kulturhaus Hamm (kulturhaus@hamm-sieg.de), Mittwoch, 14. Mai, 18 Uhr, Cinexx Hachenburg (www.cinexx.de) und Sonntag, 17. Mai, 20 Uhr, Rotes Haus Seelbach (nick.seelbach@web.de).