Serienabschluss: Wie die Hallenbäder im AK-Land den Spagat zwischen Energiesparen und Badebetrieb hinbekommen
Energiesparen im Hallenbad: Wenn plötzlich das Wasser im Becken kälter ist
Unterschiedlich gehen die heimischen Hallenbäder mit den zum Teil drastisch gestiegenen Energiekosten um. Einige haben die Wassertemperatur gesenkt, andere haben die Eintrittspreise erhöht oder denken darüber nach. Wieder andere wollen weder an der Preisschraube noch am Thermostat drehen, wie eine exemplarische Umfrage unserer Zeitung ergab. Symbolfoto: dpa
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Die Kosten für Gas, Heizöl und Strom sind so hoch wie nie. Energiesparen ist nicht nur im eigenen Haushalt das Gebot der Stunde, auch die öffentlichen Einrichtungen stehen vor der Aufgabe, den Energieverbrauch möglichst zu reduzieren. Doch wie passt das mit dem Betrieb in den Hallenbädern zusammen? Müssen die Badegäste nun frieren oder ganz aufs Schwimmen verzichten?

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Die RZ hat zum Abschluss der Serie „Frostige Zeiten“ nachgehört, wie in den Hallenbädern der Betrieb trotz widriger Umstände aufrechterhalten bleiben kann.

„Die Erleichterungen im Umgang mit der Corona-Krise, ließen Anlass zur Hoffnung auf eine normale Bädersaison. Der Ukrainekrieg lässt jedoch hieran zweifeln. Durch die drohenden Ausfälle bei der Energieversorgung entsteht der Bedarf, sich auf eine mögliche Krisenlage vorzubereiten. Ob Energielieferungen an Schwimmbäder reduziert werden müssen oder der Betriebsrahmen künftig vorgeschrieben wird, ist noch unklar. Möglich ist auch, dass Schwimmbäder aufgrund des hohen Energiebedarfs vom 'Netz' gehen müssen“, schreibt die Geschäftsführung der Stadtwerke Wissen auf der Homepage des Siegtalbades.

Als Sofortmaßnahme habe man die Beckentemperatur um 2 Grad gesenkt. „Wir versuchen, den Betrieb so lange wie möglich aufrechtzuerhalten“, sagt Michael Weber von den Stadtwerken. Und: „Ab 2023 werden wir an den Preisen feilen müssen.“ Dadurch müsse man in Kauf nehmen, dass möglicherweise Kunden auf den Besuch des Bades verzichten.

Besucherzahlen sinken bereits

Schon jetzt gebe es den ein oder anderen, der wegbleibt. Dies hänge womöglich auch wegen der allgemein gestiegenen Lebenshaltungskosten zusammen. „Für die nächsten zwei Jahre werden wir wohl noch mit den Auswirkungen dieser Krise zu tun haben“, befürchtet Weber. Und das, wo der Betrieb unter anderem auch unter Personalmangel zu leiden hat und die Öffnungszeiten kürzen musste. Die sollen übrigens jetzt wieder zum 21. November etwas erweitert werden.

„Wir haben in unserem Hallenbad in Altenkirchen weder die Wassertemperatur noch die Raumtemperatur gedrosselt – und werden dies auch nicht machen“, so Bürgermeister Fred Jüngerich. Als Grund dafür führt der Rathauschef die vielen Kinder und Jugendlichen an, die über den DLRG, die ASG-Schwimmabteilung oder auch die Schulen das Bad nutzen. „Wir können nicht auf der einen Seite für das Schwimmenlernen bei Kindern und Jugendlichen werben, und auf der anderen Seite dann die Raum- oder Wassertemperatur herunterfahren“, argumentiert Jüngerich, der mit Blick auf den Hallenbadneubau in solchen Maßnahmen ein völlig falsches Signal sieht.

Lieber Beleuchtung an Straßen zeitweise ausschalten statt Preise erhöhen

Auch höhere Eintrittspreise lehnt er ab. „Die gestiegenen Kosten muss die Solidargemeinschaft bei uns in der Verbandsgemeinde aushalten. Das heißt, das zahlen wir aus der Umlage. Jüngerich könnte sich andere „Stellschrauben“ als Schwimmbäder und Turnhallen vorstellen, um Energie zu sparen: „Man könnte darüber nachdenken, ob wir in Ortschaften ohne große Durchgangsstraßen die Beleuchtung beispielsweise zwischen 1 und 5 Uhr nachts ausschalten.“

Dagegen hat das Molzbergbad in Kirchen mit dem Absenken der Wassertemperaturen auf die Energiepreisentwicklung reagiert, wie Geschäftsführer Christoph Weber RZ-Gespräch bestätigt. In den Sport- und Mehrzweckbecken wurden die Temperaturen jeweils um 2 Grad Celsius auf 26 beziehungsweise 28 Grad gesenkt. Allerdings gibt es eine Ausnahme in der Woche: Das Mehrzweckbecken wird freitags auf 30 Grad Celsius hochgeheizt, weil an dem Tag Babyschwimmkurse stattfinden.

Preise fürs Molzbergbad bleiben erstmal wie sie sind

Die Eintrittspreise für den Hallenbadbesuch blieben laut Weber zumindest aktuell auf dem derzeitigem Niveau. Das sei mit dem Aufsichtsrat der Freizeitbad Molzberg GmbH abgestimmt. Der Geschäftsführer rechnet Ende November damit, dass die Preisblätter vom Energielieferanten vorliegen. Ab dann könne der Aufsichtsrat des Molzbergbads erst beraten, wie man mit einem möglichen Planverlust umgehe. Weber sagt, dass das Gremium möglicherweise in diesem Jahr noch beginne, den Wirtschaftsplan für das kommende Jahr zu besprechen.

Weber stellt vorab klipp und klar fest: Die Schließung des Bads stehe nicht zur Debatte. Und zumindest ist das Molzbergbad nicht vollends der Gaspreisentwicklung ausgeliefert: Eine Pelletheizung sorgt für die Grundlast, mit Gas wird die Spitzenlast abgesichert.

Eine gemeinsame Hackschnitzelanlage sorgt für die Grundlast

Besucher des Hallenbads in Daaden müssen ebenfalls kurzfristig nicht mit einem erhöhten Eintrittspreis rechnen, wie die RZ von Helmut Stühn, Bürgermeister der Verbandsgemeinde Daaden-Herdorf, erfuhr. Hier spielt eine Entscheidung hinein, die bereits vor Jahren umgesetzt wurde und sich nun als Glücksfall erweist: Es besteht ein Wärmeverbund mit der anliegenden Realschule plus. Dabei setzt man grob auf ein ähnliches Modell wie auf dem Molzberg in Kirchen: Eine gemeinsame Hackschnitzelanlage sorgt für die Grundlast. „Das macht uns ein bisschen unabhängiger von fossilen Energieträgern“, erklärt Stühn.

Nur die Spitzenlast wird wie in Betzdorf durch Gas abgedeckt. Damit sei man unabhängiger von fossilen Energieträgern und potenziellen Preissteigerungen in dem Segment, so Stühn. Perspektivisch würde die Energiepreisentwicklung aber auch das Hallenbad in Daaden betreffen, sagt Stühn. Dass Besucher mehr für den Eintritt bezahlen müssen, ließe sich wahrscheinlich nicht vermeiden.

Im Hachenburger Löwenbad wurde die Wassertemperatur um 1 Grad gesenkt

Badegäste aus dem AK-Land nutzen auch das Löwenbad in Hachenburg, wo wir uns abschließend erkundigt haben: „Wie auch die meisten unserer benachbarten Bäder haben wir die Wassertemperatur um 1 Grad auf 28,5 Grad Celsius verringert und entsprechen somit den Empfehlungen für Kombibecken, unsere eigentlich vormals zu hoch eingestellte Temperatur auf das normale Maß zu reduzieren“, sagt Werkleiter Matthias Hombach von der Verbandsgemeine Hachenburg.

Zur reduzierten Wassertemperatur meint er: „Nur sehr wenige Badegäste empfinden dies zu unangenehm und bleiben fern. Die meisten Besucher des Löwenbades bemerken zwar die etwas kühlere Wassertemperatur, aber haben kein Problem damit. Der Gedanke der Energieeinsparung wird im Allgemeinen sehr positiv angenommen und stellt kein Problem dar.“

Dennoch sei in Hachenburg ein Rückgang der Anzahl der Besucher zu verspüren, was Hombach jedoch eher auf die insgesamt gestiegenen Lebenshaltungskosten zurückführt. „Viele müssen ans Sparen denken und oftmals wird bei den Freizeitaktivitäten damit begonnen“, sagt er. Mit Blick auf die allgemeinen Preissteigerungen, von denen eben auch das Löwenbad betroffen ist, habe man über eine Erhöhung der Eintrittspreise oder gar eine Schließung des Schwimmbades derzeit noch nicht diskutiert.

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