Die Krankenhauslandschaft befindet sich auch im Westerwald und Siegerland in einem tiefen Umbruch. Zuletzt stand der Fortbestand der DRK-Kinderklinik in Siegen auf der Kippe. Das Krankenhaus ist auch für die Versorgung in den benachbarten Kreisen auf rheinland-pfälzischer Seite von großer Bedeutung. Laut Medienberichten ist die Zukunft der Siegener Kinderklinik nun gesichert. Der Stadtrat Siegen hatte erst am Mittwoch einstimmig eine Resolution pro Fortbestand der Kinderklinik verabschiedet, die den Druck auf die Entscheidungsträger noch einmal verschärft haben dürfte.
Auslöser für die Ängste waren die derzeitigen Pläne für eine Krankenhausreform in Nordrhein-Westfalen. Das Landesgesundheitsministerium hatte darauf bestanden, dass die Kinderklinik die Neonatologie aufgibt, eine medizinische Fachrichtung, die sich mit der Betreuung und Behandlung von Neugeborenen beschäftigt, insbesondere von frühgeborenen, kranken oder besonders kleinen Babys. Ein Aus hätte den Wegfall eines Großteils der Patienten für die Intensivstation bedeutet. Sie wäre unwirtschaftlich geworden und hätte wahrscheinlich geschlossen werden müssen.
Wegfall der Neonatologie hätte das Aus für Kinderklinik bedeutet
Zudem wäre ein Dominoeffekt auf andere Abteilungen der Kinderklinik angestoßen worden. So wären komplexe Operationen oder die Behandlung von Notfällen ohne eine funktionsfähige Intensivstation nicht mehr möglich gewesen. Laut Geschäftsführer Carsten Jochum handelt es bei der Kinderklinik um die einzige Anlaufstelle für rund 120.000 Kinder und Jugendliche in Südwestfalen. Die Neonatologie spielt dabei eine entscheidende Rolle für die Versorgung von Frühgeborenen und kranken Neugeborenen. Ihr Wegfall hätte eine massive Lücke in der medizinischen Versorgung der Region hinterlassen.
Erst im Spätsommer machten Gerüchte die Runde, wonach die beiden Kinderstationen des DRK-Krankenhauses Kirchen geschlossen werden sollen. Der Träger reagierte schließlich mit einem Dementi und kündigte sogar an, das Angebot zu verbessern. Unter anderem will die DRK-Trägergesellschaft Süd-West die Kooperation mit der Kinderklinik im benachbarten Siegen ausbauen, um die Pädiatrie in Kirchen langfristig zu sichern. Mit dem Aus für die Siegener Kinderklinik wäre auch diese Option vom Tisch gewesen.
„Eine eigenständige Kinderklinik ist ein unverzichtbarer Bestandteil unserer regionalen Gesundheitsversorgung und darf durch strukturelle Planungen nicht gefährdet werden.“
Aus der einstimmig im Siegener Stadtrat verabschiedeten Resolution
Kinder- und Jugendmedizin ist in Deutschland generell unterfinanziert. Die Behandlung ist im Vergleich zur Erwachsenen oft komplexer und personalintensiver, wird aber nicht ausreichend refinanziert. Der Wegfall der Neonatologie, einer Abteilung mit besonders hohen Kosten, hätte die finanzielle Situation der DRK-Kinderklinik weiter verschlechtert und ihre Existenz zusätzlich gefährdet. Wie sehr das Thema auch der Kommunalpolitik unter den Nägeln brennt, wurde in der am Mittwoch verabschiedeten Resolution deutlich, die von den Fraktionen der SPD, Grünen, UWG, FDP, Linke und Volt eingebracht worden war.
Darin wurde die besondere Bedeutung der Einrichtung auf dem Wellersberg hervorgehoben, die eine der wenigen dieser Art in Nordrhein-Westfalen sei und eine umfassende und hochwertige Versorgung für Kinder und Jugendliche biete. So heißt es etwa: „Eine eigenständige Kinderklinik ist ein unverzichtbarer Bestandteil unserer regionalen Gesundheitsversorgung und darf durch strukturelle Planungen nicht gefährdet werden.“
Stadtrat: Interdiszipliäre Versorgung bringt Vorteile
Darüber hinaus wird in der Resolution hervorgehoben, dass Fachabteilungen wie Kinderdiabetologie oder Neuroorthopädie spezialisierte Behandlungen anböten, die andernorts nur mit langen Anfahrtswegen erreichbar wären. Diese interdiszipliäre Versorgung ermögliche eine systematische und differenzierte Behandlung, die auf die Bedürfnisse der jungen Patienten abgestimmt sei. Besonders in Notfällen garantiere das große Team, insbesondere in Bereichen wie der Allgemeinpädiatrie und Kinderchirurgie, eine schnelle und zielgerichtete Versorgung. Darüber hinaus leiste die Klinik einen wichtigen Beitrag zur langfristigen Versorgung mit niedergelassenen Kinderärzten, indem sie die Möglichkeit zur Facharztausbildung in Kinder-und Jugendmedizin bietet.