Was das gute Abschneiden der AfD für die Fraktionen im künftigen VG-Rat Altenkirchen-Flammersfeld bedeutet
Einzug der AfD in den VG-Rat Altenkirchen-Flammersfeld: Ziel ist konstruktive Arbeit ohne Krach
Im Altenkirchener Rathaus tagt der Rat der VG Altenkirchen-Flammersfeld. Nach dem Willen der Wähler wird er künftig aus sechs Fraktionen bestehen. Foto: Markus Kratzer
Markus Kratzer

Altenkirchen. Was für ein Erdbeben im Verbandsgemeinderat Altenkirchen-Flammersfeld: Aus dem Stand holt die AfD sieben Sitze. Ein Schock, den die etablierten Parteien erst einmal verdauen müssen. Zudem ist die VG Altenkirchen-Flammersfeld die einzige im ganzen Kreis, die nun eine AfD-Fraktion im Rat haben wird.

Die RZ hat mit Bürgermeister Fred Jüngerich und den Fraktionssprechern der Parteien gesprochen, die im VG-Rat sitzen (hier das vorläufige Ergebnis: CDU 13 Sitze, SPD 9, AfD 7, FWG 5, Grüne 4, FDP 2). Alle Fraktionssprecher danken den Wählern für das Vertrauen.

Bürgermeister analysiert

„Schaut man sich die Landkarte der Verbandsgemeinde bezogen auf das Ergebnis der Europawahl an, sieht man viele blaue Bereiche. Man sollte hieraus jedoch keine falschen Schlüsse ziehen, sondern sich die Frage stellen, aus welchen Beweggründen die Wähler so entschieden haben“, sagt Bürgermeister Fred Jüngerich. „Es wird gewiss Menschen geben, die aus Unzufriedenheit mit der Bundespolitik nun den Weg auf kommunaler Ebene in die AfD eingeschlagen haben,“ bilanziert er.

Die Frage bleibe, wie man jetzt mit dem Ergebnis umgehe. „Wir arbeiten im Verbandsgemeinderat und in den Ausschüssen stets sachorientiert, unpolitisch und natürlich basierend auf den demokratischen Grundsätzen unserer Verfassung. Die Gremien der Verbandsgemeinde bieten keine Bühne für bundespolitische Diskussionen. Das wird sich unter meiner Führung fortan auch nicht ändern. Alle neu gewählten Ratsmitglieder lade ich ein, sich sachlich und konstruktiv in die Ratsarbeit einzubringen.“

Was sagt die CDU?

Auch Torsten Löhr, Fraktionssprecher der CDU im VG-Rat Altenkirchen-Flammersfeld, schließt sich der Meinung des Bürgermeisters an: „In den kommenden fünf Jahren möchte die CDU weiterhin eine bürgernahe, pragmatische und lösungsorientierte Politik verfolgen. Auch wenn sich die Zusammensetzung im neuen Verbandsgemeinderat verändert hat, sind wir optimistisch, dass wir durch konstruktiven Dialog und Kooperation Mehrheiten finden und die Interessen unserer Bürger bestmöglich vertreten können“, ist Löhr sich sicher. Die CDU, die als stärkste Fraktion im Rat 13 sitze innehatte, freut sich, dass diese Zahl gehalten werden konnte. „Dies zeigt, dass unsere Arbeit aber vor allem unsere Kandidaten/innen von den Bürgerinnen und Bürgern geschätzt werden.“

Was sagt die SPD?

Nicht zuletzt auf die Sacharbeit verweist der SPD-Fraktionsvorsitzende Frank Bettgenhäuser: „Die SPD-Fraktion ist von dem Verlust von zwei Ratssitzen enttäuscht. Wir haben im VG-Rat gemeinsam daran gearbeitet, die Sportstätten und das Angebot an Kitaplätzen zu verbessern (etwa Neubau Hallenbad, Neubau Kita Güllesheim; verschiedene Erweiterungen). Der Grundstein für eine sichere Energieversorgung wurde auch mit unserem Einsatz gelegt. Es gibt bei all diesen Themen eine gute Zusammenarbeit im Rat. Dennoch haben fast alle bisherigen Parteien Sitze verloren und keine der bisherigen Fraktionen konnte einen Sitz dazu gewinnen. Das ist enttäuschend und frustrierend.“

Ob eine gute Zusammenarbeit im neuen VG-Rat möglich sei, hängt für Bettgenhäuser von den Personen ab: „Von der neu hinzugekommenen AfD sind mir keine kommunalpolitischen Ziele bekannt. Das, was von dieser Partei bisher in Bund und Land zu sehen ist, erschreckt mich. Für die anstehenden Aufgaben werden wir weiterhin gemeinsam im Rat Lösungen finden. Wie sich die neu hinzugekommene Partei hier einbringen kann und möchte, bleibt abzuwarten.“

Was sagt die AfD?

Stephanie Bärhausen, Listenführerin der AfD und mit den meisten Stimmen ihrer Partei in den VG-Rat gewählt, macht deutlich, dass auch sie und ihre künftigen Fraktionskollegen an einem konstruktiven Miteinander interessiert seien. „Wir haben den Ruf weg, Querulanten zu sein, aber so sehe ich mich überhaupt nicht“, betont sie. Vom Wahlergebnis für ihre Liste zeigt die Eichelhardterin sich „überwältigt“. „Damit hätten wir nicht gerechnet“, erklärt Bärhausen. Das starke Abschneiden aus dem Stand schreibt sie nicht nur der bundespolitischen Stimmung zu, sondern auch dem Wahlkampf vor Ort. „Wir haben viele Infostände organisiert und sind mit den Bürgern in einen guten Dialog gekommen“, berichtet sie. Ein Einzelthema, das der AfD Wählerstimmen beschert habe, seien sicherlich die – zwischenzeitlich aufgegebenen – Pläne des Kreises für eine Flüchtlingsunterbringung in Isert gewesen. „Die Menschen hatten einfach Angst“, so Bärhausen.

Was sagt die FWG?

„Auf Stadtratsebene konnten wir einen Zuwachs an Stimmen verzeichnen, während es für den Verbandsgemeinderat leider nicht so positiv aussah und wir einen Platz verloren haben“, sagt der neue FWG-Fraktionssprecher Dirk Euteneuer. „Hier stand die übergeordnete Politik auf Europa-, Bundes- und Landesebene im Mittelpunkt. Wir analysieren derzeit die Gründe für unser weniger erfolgreiches Abschneiden und haben uns das Schärfen unseres Profils als erstes Ziel gesetzt. Unsere kommunalpolitischen Ziele müssen wir klarer und besser darstellen“, lautet seine Bilanz. „Trotz der veränderten Zusammensetzung möchten wir im Rat eine konstruktive und respektvolle Zusammenarbeit mit allen demokratischen Parteien und Organisationen. Unser oberstes Ziel bleibt das Interesse und Wohl der Bürgerinnen und Bürger unserer Verbandsgemeinde, für das wir uns mit vollem Einsatz einbringen werden.“

Was sagen die Grünen?

Jürgen Salowsky (Fraktionssprecher von Bündnis'90/Die Grünen) schreibt: „Die erheblichen Stimmenverluste für Bündnis'90/ Die Grünen gegenüber der letzten VG-Ratswahl gehen über das hinaus, was wir aufgrund der Stimmungslage auf bundespolitischer Ebene erwartet haben. Da ist es auch kein Trost, dass wir im kreisweiten Vergleich das beste Grüne Wahlergebnis hatten. Es spiegelt aber die Anerkennung für die von uns ehrenamtlich geleistete Ratsarbeit wider. Zum Wahlergebnis über Parteigrenzen hinweg sollten sich alle, die sich für Demokratie starkmachen, aber auch Sorgen machen. Wir werden uns auch in kleinerer Besetzung zusammen mit den demokratischen Kräften des VG-Rates für die Menschen in der Verbandsgemeinde einsetzten.“

Und er fügt hinzu: "Wir Grüne stehen für eine gute Ausstattung von Kindertagesstätten und Grundschulen, für Erneuerbare Energien und Klimaschutz und nicht zuletzt für einen sowohl ökologisch als auch ökonomisch ausgeglichenen neu zu erstellenden Flächennutzungsplan. Es wird ein Ansporn sein, die geleistete Arbeit und die Erfolge in Zukunft transparenter und öffentlichkeitswirksamer darzustellen.“

Was sagt die FDP?

Der Sprecher der kleinsten Fraktion im Rat, nämlich der FDP, Christian Chahem sagt: „Zunächst freue ich mich, dass es uns als FDP erneut gelungen ist, in Fraktionsstärke in den Verbandsgemeinderat Altenkirchen-Flammersfeld einzuziehen, wenngleich wir einen Sitz abgeben mussten. Das Gremium hat sich in den letzten Jahren und Jahrzehnten immer durch eine enorme Überparteilichkeit und konstruktive Zusammenarbeit ausgezeichnet. Kampfabstimmungen blieben die absolute Ausnahme. In diesem „Spirit“ gehen wir als FDP auch in die neue Legislaturperiode. Zum Wohle der Bevölkerung möchten wir weiter – möglichst geräuschlos und ohne Krach – für ein gutes Miteinander in der Verbandsgemeinde wie auch im Rat arbeiten. Ich gehe davon aus, dass auch die Vertreterinnen und Vertreter der AfD – die wir noch nicht persönlich kennen – daran ein Interesse haben werden.“

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