Es gibt immer wieder Situationen, in denen Eltern nicht für ihre Kinder entscheiden können. Das kann wegen Krankheit sein, wegen Suchtproblemen, aber auch allgemein, weil sie nicht in der Lage dazu sind. Dann muss ein Vormund bestimmt werden, der für das Wohl des Kindes Entscheidungen trifft. „Eigentlich sieht der Gesetzgeber vor, dass das ein ehrenamtlicher Vormund sein soll, doch die Verantwortung ist groß, und es hat sich gezeigt, dass das nicht so funktioniert, wie es sollte“, sagt Holger Ließfeld vom Betreuungsverein der AWO.
Ließfeld weiß, wovon der spricht, denn er ist schon fast seit Gründung des Vereins im Jahr 1992 dabei. 1994 stieg er ein, in das damals noch junge Projekt. Heute gibt es in Rheinland-Pfalz etwa 100 solcher anerkannter und geförderter Vereine – und Bedarf ist da.
Erwachsene werden betreut, Kinder bekommen einen Vormund
Doch was genau machen die Mitarbeiter beim Betreuungsverein eigentlich? Elena Strunk und Barbara Wolf können da Auskunft geben. „Wenn Erwachsene wegen Krankheit, Sucht oder anderer Probleme nicht für sich entscheiden können, wird ein Betreuer eingesetzt, bei Kindern nennt man das Vormund“, erklärt Elena Strunk den grundlegenden Unterschied.
Der Betreuungsverein der AWO hatte in den 1990ern zunächst nur die gesetzliche Betreuung Erwachsener übernommen. Doch in den frühen 2000ern, als auch Barbara Wolf zum Verein hinzustieß, kamen außerdem Vormundschaften dazu. „Barbara Wolf hatte eigene Pflegekinder, der Bedarf für hauptamtliche Vormundschaften war da – da lag es nahe, dass wir das Thema aufgreifen“, so Holger Ließfeld.
„Viele Kinder sind traumatisiert, sie haben erlebt, dass Bindungen keinen Bestand haben, dass es keine Verlässlichkeit gibt.“
Barbara Wolf vom Betreuungsverein der AWO Altenkirchen
Wichtig ist dem Verein, zu betonen, wie gut die Zusammenarbeit mit anderen Stellen im Kreis läuft, sei es das Jugendamt, das Gericht oder auch freie Träger, die Kinder und Jugendliche in Wohngruppen oder kleinen, familiären Einheiten betreuen.
Als Vormund, erklärt Barbara Wolf, habe man nicht nur die Pflicht, rechtliche, schulische oder medizinische Dinge für das Kind oder den Jugendlichen zu regeln, sondern man habe auch eine Art Erziehungsauftrag. „Viele Kinder sind traumatisiert, sie haben erlebt, dass Bindungen keinen Bestand haben, dass es keine Verlässlichkeit gibt“, weiß Barbara Wolf aus eigener Erfahrung zu berichten. Neben ihren eigenen Pflegekindern hat sie in den vergangenen Jahren rund 40 Kinder betreut.
Ein Vormund wird ein bisschen Teil der Familie
Ein Vormund sollte also eine verlässliche Größe im Leben des Kindes sein, Absprachen und Termine einhalten und das Kind bis ins Erwachsenenalter – oder gerne auch darüber hinaus – begleiten. „Das ist eine große Verantwortung“, sagt Wolf.
Auch muss ein Vormund gut mit allen Beteiligten zusammenarbeiten, sei es die Ursprungsfamilie, Ärzte, das Jugendamt, das Gericht – auch mit Kita, Schule oder den Trägern von Wohngruppen, wie Elena Strunk ergänzt. Kein Wunder, dass ehrenamtliche Vormünder meist nur ein bis zwei Fälle übernehmen können, auch wenn sie mehr machen dürften. Hauptamtliche hingegen können bis zu 50 Fälle betreuen.
Ein Kind zu begleiten, ist eine erfüllende Aufgabe
Obwohl dringend ehrenamtliche Vormünder gesucht werden, sei es schwer, unter diesen Bedingungen jemanden für diese anspruchsvolle Aufgabe zu bekommen. „Oft stehen Jüngere noch im Berufsleben, haben kleine Kinder oder pflegen die Eltern. Wenn sie dann im Rentenalter sind, ist da die Sorge, dass man so einer aufwendigen Betreuung nicht mehr gerecht werden kann“, erklärt Barbara Wolf.
Deshalb seien die meisten Vormundschaften auch Pflegeeltern oder Familienangehörige, die diese Aufgabe übernehmen, wenn die Kinder ohnehin bei ihnen leben. „Jetzt klingt das alles so negativ, dabei ist es ein großes Geschenk, ein Kind so intensiv begleiten zu dürfen“, sagt Barbara Wolf.
Nicht zu hohe Erwartungen mitbringen
„Es ist eine sehr schöne und erfüllende Arbeit. Viele Kinder entwickeln sich trotz schwieriger Ausgangslage hervorragend, beenden die Schule, machen eine Ausbildung. Sie haben durch die Vormundschaft eine Chance bekommen, die sie sonst nicht gehabt hätten“, betont Wolf. Oftmals sei es jedoch eher Schadensbegrenzung. Wunder könne man nicht erwarten, wenn ein Kind über Jahre Vernachlässigung, Gewalt oder andere Traumata erlebt habe.
Vormund werden?
Wer nun Interesse an einer ehrenamtlichen Vormundschaft hat, sollte dazu noch ein paar Dinge wissen: Ein Vormund sollte volljährig sein und natürlich nicht selbst unter Betreuung stehen. Ein gutes, polizeiliches Führungszeugnis ist ebenfalls Voraussetzung. Man sollte Zeit mitbringen und flexibel sein. Eine Mitgliedschaft im Betreuungsverein ist jederzeit möglich, aber keine Voraussetzung. Der Verein hilft jedem Betreuer oder Vormund, steht mit Rat und Hilfen zur Seite und kann auch individuelle Einzelberatung machen. Weitere Infos unter www.awo-ak.org