Für Außenstehende ist das Maß an Trauer, Unverständnis und vielleicht auch Wut, mit dem die Schüler der Esther-Bejarano-Gesamtschule, die die Mädchen besuchten, umgehen mussten und immer noch müssen, unvorstellbar. Knapp eine Woche hatten sich Schüler und das Lehrerkollegium Zeit genommen, um gemeinsam zu trauern und den Tod von Luise in Gesprächen aufzuarbeiten. Anlässlich der Jährung der schrecklichen Tat sagte Bürgermeisterin Nicole Reschke: „Das Geschehene begleitet uns alle. Wir mussten einen Weg finden, damit umzugehen.“ Und das gilt insbesondere für die Gesamtschule.
Immer noch werde nach Bedarf das Erlebte in Gesprächen aufgearbeitet. „Das Entsetzen bleibt, aber auch die Gewissheit, dass wir uns gegenseitig Halt geben und füreinander da sind“, so Reschke, die auch die negativen Begleiterscheinungen nicht ausklammerte. Der Weg zurück in die Realität sei kein einfacher, so die Sozialdemokratin. „Er wurde aber gangbarer, als der Fokus von extern weniger wurde.“ Haften geblieben seien „unschöne Begleiterscheinungen“ in Sozialen Medien – aber auch „Vorkommnisse vor Ort, die manch einer erleben musste“. Reschke rief vor diesem Hintergrund in Erinnerung, dass Reporter Grundschulkinder befragt oder an Haustüren von Freudenbergern geklingelt hatten.
Anfangs schulpsychologische Unterstützung von extern
Nach der Tat wurde die Gesamtschule eng von Seelsorgern und den schulpsychologischen Beratern des Kreises Siegen-Wittgenstein sowie dem damals extra ins Leben gerufene Krisenteam der Bezirksregierung betreut. Bereits vor der schrecklichen Tat wurden Elternabende zur Mediennutzung von Kindern und Hilfestellungen zur Medienerziehung durchgeführt. Diese Angebote werden nun von weit mehr Eltern als zuvor angenommen. Darüber hinaus setzt die Schule weiterhin zum Beispiel auf das sogenannte Buddy-Programm, in dem Schüler zu Busbegleitern, Streitschlichtern oder Schülerpaten ausgebildet werden.
Daneben gab es Schulungen für Mitarbeiter und Jugendliche in den Jugendtreffs der Stadt, in denen sich mit Trauerbewältigung, aber auch mit Medienkonsum, Ausgrenzung und Verletzbarkeit auseinandergesetzt wurde.
Wie Reschke weiter berichtete, hätten die Jugendlichen in der Zwischenzeit einen Weg gefunden, mit dem Geschehenen – mit der Trauer, dem Entsetzen und der Wut – umzugehen. Weiterhin gebe es aber ein von der Schulpsychologin des Landkreises geschultes Krisenteam an der Gesamtschule, das situationsgerecht reagieren könne. Allerdings macht die Bürgermeisterin noch viel Unsicherheit bei den Eltern aus, insbesondere was den Medienkonsum ihrer Kinder angeht.
Der Blick von Reschke geht über die Einrichtungen in öffentlicher Hand hinaus. Sie nehme bei privaten Jugendtreffs, Vereinen, Feuerwehr und Kirchen wahr, dass sich die Menschen Zeit füreinander nähmen, um gemeinsam auf die schockierende Tat und ihre Folgen den Einzelnen wie die Gemeinschaft zurückzublicken, aber auch die Zukunft nicht außer Acht zu lassen.
Bürgermeisterin: Zusammenhalt in Stadt erstes Ziel
Am gestrigen Todestag wurde nun ein Trauerraum in der Schule geöffnet, um Luise zu gedenken. Darüber hinaus waren in Freudenberg keine Gedenkveranstaltungen geplant. Die Verantwortlichen wollten vermeiden, dass wie vor einem Jahr wieder Außenstehende in die Stadt im Siegerland pilgern. Denn das hat Reschke ebenfalls hervorgehoben: Die Aufrechterhaltung des Zusammenhalts in Freudenberg habe oberste Priorität für sie.