Wäre nicht Corona, würde demnächst schon die Einweihung gefeiert - Verein hofft auf Zuschuss
Ein Bürgertreff für Brachbach: Das Heimathaus ist fertig
Drei der ehrenamtlichen Helfer, die hier in den vergangenen fünf Jahren regelmäßig aktiv waren (von links): Achim Müller, Zweiter Vorsitzender des Heimatvereins Brachbach; Christoph Bätzing, Geschäftsführer und Bauleiter am Heimathaus; und der stellvertretende Bauleiter Ansgar Köhler.
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Brachbach. Fünf Jahre sind vergangen, seit der Heimatverein Brachbach mit den Umbau- und Sanierungsarbeiten am früheren Haus Bender anfing. Das Fachwerkgebäude aus dem Jahr 1739, dem der Abriss gedroht hatte, sollte zum Heimathaus fürs ganze Dorf werden, zu einer Begegnungsstätte mit vielen geschichtlichen Bezügen. Jetzt darf man sagen: Das Werk ist so gut wie vollbracht – gäbe es nicht den Coronavirus, würde man dieser Tage an der Siegstraße ein Einweihungsfest feiern, mit einem Tag der offenen Tür und vielen Gästen. „Aber die Pandemie ist ja irgendwann vorbei“, sagt Christoph Bätzing, Geschäftsführer beim Heimatverein und Bauleiter des Projekts. Und der Vereinsvorsitzende Gerd Kaiser stimmt zu: „Und dann wird unser Heimathaus gefeiert. Das lassen wir uns nicht nehmen.“

Die Zeit bis dahin wissen die Leute vom Heimatverein noch bestens zu nutzen: Die Zimmer in Erdgeschoss und erster Etage erstrahlen zwar in neuem Glanz, doch es fehlt noch die meiste Einrichtung. Es sollen neben den Möbeln noch ein Computer samt Scanner sowie etliche Bildschirme und Funkkopfhörer herbei, auf denen man dann die Dorfgeschichte multimedial erleben kann. Dafür fehlt aber noch ein wenig Geld. Zwar hat der Verein fünf Jahre lang alljährlich 25.000 Euro für die Arbeit bekommen, aber jetzt hat man zusätzlich einen Antrag auf Fördermittel aus dem Leaderprogramm in Höhe von 35.000 Euro gestellt. „Dafür fehlt uns noch eine aktuelle Baugenehmigung“, sagt Bätzing, „in der eine Nutzungsänderung vom Wohn- zum Heimathaus dokumentiert ist. Unser Architekt ist dabei, Flächenberechnungen, Grundrisse, Schnitte zusammenzustellen...“

Bei einem Tag der offenen Tür werden sich die Gäste wundern, welch enorme Leistung der Heimatverein in den vergangenen fünf Jahren gestemmt hat: Man darf nicht vergessen, dass dies heute so schmucke Gebäude damals eine Ruine war – die nach eine Phase der Abrissarbeiten von Wänden, Decken und Fußböden sowie von zahllosen Containern voller Bauschutt so gut wie neu aufgebaut werden musste: Vom Dach, das geschiefert wurde, über Elektroleitungen, Heizung und Fenster bis in den Keller. Von den Decken, die herausgerissen und neu gezimmert und gemauert wurden, bis zu den Fußböden, die im oberen Stock aus Holz und unten aus Kopfsteinen oder Bruchsteinen sind. Zugleich wurde, wo immer möglich, sorgsam darauf geachtet, die historische Bausubstanz zu erhalten: Die Gefache zwischen den alten Holzbalken etwa stehen da, als hätte sie ein Häuslebauer des 18. Jahrhunderts gerade erst verfugt. Natürlich wurde auch alte Baumaterialien verwendet: Ziegel mit Tierhaar, Lehmputz, Holz unserer Region.

Eine eingeschworene Truppe aus etwa zehn Vereinsmitgliedern, kaum einer davon Fachmann, hat das alles ehrenamtlich gestemmt und so manchen Samstag Stunde um Stunde in Staub und Dreck gerackert und musste dabei auch manches bauliche Problem knacken. Ein Name muss dabei besonders hervorgehoben werden: Jürgen Zöller. Der heute 69-Jährige war nahezu jeden Tag an der Baustelle; Christoph Bätzing bringt es so auf den Punkt: „Er hat, grob geschätzt, mehr als 5000 Stunden in das Projekt gesteckt, hat alle Gefache ausgemauert, innen und außen verputzt, Steinboden und Mosaikplatten verlegt, den Hausbrunnen vom Keller bis oben ausgebessert und, und, und... Man kann sagen: Ohne ihn ständ' das Haus nicht.“ Doch Zöller lacht nur bescheiden: „Es hat einfach Spaß gemacht. Ich würde es sofort noch mal machen!“

Heute unterstreicht jedes Zimmer im Haus, dass dieses Gebäude vor allem einen Zweck hat: Eine Begegnungsstätte für die Dorfgemeinschaft zu sein und an die Ortsgeschichte zu erinnern. So mit dem Schriftsteller-Raum, der die verstorbenen Brachbacher Autoren Rudolf und Stefan Utsch oder den noch aktiven Ralf Kwiatkowski thematisiert; der Schreibtisch von Rudolf Utsch steht hier. Später sollen noch jede Menge Bücher in den Regalen stehen. Oder der Raum „Brachbacher Ansichten“ mit historischen Fotos, etwa von der alten Hütte oder Stichen von der Bannmühle aus dem 15. Jahrhundert. Oder der Künstler-Raum für kleine Wechselausstellungen zur Präsentation von Brachbacher Malern wie Rita Schuhen oder Dieter Link oder auch Bildhauern wie Josef Christ (1917-1995) und anderen.

Oder der Sportler-Raum – kommen doch echte Star-Athleten aus dem Dorf: Peter Hussing, unter anderem Boxeuropameister 1980 und Olympia-Bronzegewinner 1972, dessen Medaillen und Pokale im Heimathaus für die Ewigkeit ausgestellt werden könnten; Werner Klaas, der als Fußballnationalspieler unter Sepp Herberger kickte; Marcel Schuhen, der Torhüter in der Zweiten Bundesliga ist; Willi-Gerd Buhr, Weltmeister im Steinstoßen; Rennfahrer Luca Stolz; natürlich Skeleton-Ass Jacqueline Lölling und andere.

„Es ist eben ein Haus der Begegnung für alle Brachbacher“, erklärt Christoph Bätzing: „Die Bürger begegnen hier Künstlern, Sportlern, Kommunalpolitikern und unserer Dorfgeschichte.“ Und dies teils auch auf Bildschirmen: So soll man auf einem davon die Boxtriumphe von Hussing erleben, auf einem anderen einem Konzert des Kirchenchors von 1985 per Kopfhörer lauschen oder ortsgeschichtliche alte Fotos und Filme anschauen können. Das komplette Dorfarchiv findet im Heimathaus seinen Platz.

So wie das Erdgeschoss für die Öffentlichkeit bestimmt ist, ist die erste Etage für die Dorfgemeinschaft gedacht: Da darf im Bergbau-Raum Heimatgeschichte erforscht, sich im Spiele-Raum bei Schach oder Skat gemessen oder im Vereins-Raum zu Kaffeekränzchen, Stricken, Vorstands- oder Fraktionsberatung getroffen werden. Hier ist auch das Büro zur Verwaltung von Heimatverein und Heimathaus.

Abgerundet wird der Dorftreff durch einen Versammlungsplatz vorm Haus, den Jürgen Zöller gerade pflastert; sowie durch einen Grillplatz hinterm Haus, wo sich – nach der Pandemie – wieder Vereine und Bürger im Sommer zum fröhlichen Schmaus treffen können.

Kaiser, Zöller, Bätzing und all ihre Mitstreiter wissen sogar schon, wo die Biertischgarnituren im Winter gelagert werden: Das Heimathaus hat einen großen Speicher, der als Lagerfläche dient. Und in dem stilechten rundgemauerten Gewölbekeller unter dem Haus kann man sich auch im Winter prima zum Feiern und Klönen treffen...

Von unserem Redakteur Peter Seel

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