Mit sieben Geschwistern in Lautzert in einer Arbeiterfamilie aufgewachsen, wird Pauline Leicher 1937 zur „Verhütung erbkranken Nachwuchses“ zwangssterilisiert und 1940 in die Anstalt Andernach eingewiesen. Gemäß einem Hitler-Erlass bei Kriegsbeginn, wonach „unheilbar Kranken der Gnadentod gewährt werden könne“, wird die 37-Jährige am 6. Mai 1941 nach Hadamar „verlegt“ und noch am selben Tag vergast.
Trotz des traurigen Themas freue er sich, sagte Feldhoff, dass Buch und Lesung einen nicht unwichtigen Beitrag der Erinnerungskultur im Westerwald leisten könnten. Das Thema der NS-Euthanasie sei über viele Jahre verdrängt und vergessen worden. „In Lautzert gibt es jetzt eine Gedenktafel, und hier hat kürzlich auch die erste Veranstaltung zur Erinnerung an Pauline Leicher stattgefunden“, so der Autor, der deutlich machte, dass ihn das Thema stark herausgefordert habe. Allein das Wort Gaskammer habe ihn anfangs abgeschreckt. Überdies hätten ihm nur wenige Quellen und Dokumente vorgelegen, und von Pauline gebe es keine einzige Fotografie.
Doch die Vorlesung habe ihr ein Gesicht gegeben, so eine Rückmeldung aus den Reihen der Zuhörer, die insgesamt spürbar emotional berührt waren und sich intensiv an dem sich an die Lesung anschließenden Gespräch beteiligten. Für musikalische Besinnungspausen sorgten Gitarrenstücke, gespielt von Edith Jüssen-Lehmann. Wie Hans Röhrig, der Organisator des Abends, erläuterte, diente die Veranstaltung auch der Vorbereitung einer Fahrt zur Gedenkstätte Hadamar mit Führung und Workshop.
Das Buch von Heiner Feldhoff “Pauline Leicher oder Die Vernichtung des Lebens" ist im Rhein-Mosel-Verlag 2023 erschienen. 158 Seiten, mit Fotos.