Kein einhelliges Meinungsbild
Ein AfD-Verbot spaltet die Parteien im AK-Land
Welche Chancen hat ein AfD-Verbot, wie es auch von gesellschaftlichen Gruppen gefordert wird. Die Meinungen im AK-Land gehen hier auseinander.
Fabian Sommer/dpa-Bildfunk

Mehr als eine Sommerlochdebatte: Soll die AfD verboten werden? Die SPD hat auf ihrem Bundesparteitag ein klares Votum in diese Richtung abgegeben. Wie stehen die Parteien im AK-Land zu einem solchen Verfahren? Die Meinungen gehen auseinander.

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Als „gesichert rechtsextremistische Bestrebung“ hat das Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) die AfD Anfang Mai hochgestuft. Auch wenn der Nachrichtendienst seine Einschätzung kurz danach bis zu einer Gerichtsentscheidung ausgesetzt hat, hat sie die Debatte um ein Verbot der Partei angeheizt: jüngst durch einen einstimmigen Beschluss auf dem SPD-Parteitag, sich für ein solches Verfahren im Bundestag starkzumachen. Wie stehen Politiker im Kreis Altenkirchen zu einem solchen Vorstoß? Wir haben bei Vertretern der im Kreistag vertretenen Fraktionen und Parteien nachgefragt.

Das sagt die CDU: Der Kreisvorsitzende Matthias Reuber sieht ein AfD-Verbot persönlich kritisch. „Ich zweifle nicht an der Radikalität der Partei, doch ein Verbotsverfahren dauert vermutlich Jahre und lenkt vom Wesentlichen ab: Die AfD ist auch deshalb stark geworden, weil viele Menschen sich politisch nicht mehr vertreten fühlen und berechtigte Sorgen in den vergangenen Jahren nicht ernst genommen wurden“, so der Landtagsabgeordnete. Darauf müsse man reagieren. Seine Empfehlung: „Wir brauchen wieder Wirtschaftswachstum und spürbare Verbesserungen für die Bevölkerung. Die neue Regierung ist auf einem guten Weg.“ Es brauche allerdings neben Ergebnissen auch Zeit, um verloren gegangenes Vertrauen dauerhaft zurückzugewinnen. „Die politische Auseinandersetzung mit der AfD dürfen wir keinesfalls aufgeben“, so Reuber.

„Ich zweifle nicht an der Radikalität der Partei, doch ein Verbotsverfahren dauert vermutlich Jahre und lenkt vom Wesentlichen ab.“
Matthias Reuber (CDU) sieht ein Verbotsverfahren skeptisch.

Das sagt die SPD: Jan Hellinghausen, Co-Vorsitzender der Partei im AK-Land, weist darauf hin, dass ein Parteiverbotsverfahren das schärfste Schwert ist, das die Demokratie gegen ihre Feinde einsetzen kann. „Auch wenn ich der festen Überzeugung bin, dass Politik durch sinnvolle Lösungen Menschen von sich überzeugen muss: Es kann nicht zum Begriff der Demokratie gehören, dass sie selbst die Voraussetzungen für ihre Beseitigung schafft – um Carlo Schmid, einen der Väter des Grundgesetzes, zu zitieren“, argumentiert das Kreistagsmitglied. Er habe sich bereits im Bundestagswahlkampf für ein Verbot der AfD ausgesprochen, sollte die „gesichert rechtsextreme Bestrebung“ durch das BfV festgestellt werden. „Diese Einstufung ist zwischenzeitlich erfolgt und wird nun gerichtlich überprüft. Insofern begrüße ich den Parteitagsbeschluss, da die Zeit nun genutzt werden könnte, ein Verfahren zumindest vorzubereiten“, so Hellinghausen abschließend.

Das sagt die FWG: „Die FWG Kreis Altenkirchen bewertet den Vorstoß der SPD für ein AfD-Verbotsverfahren als Ausdruck demokratischer Verantwortung und des Willens, unsere Grundwerte zu schützen“, sagt der Kreisvorsitzende Klaus-Dieter Adrian. Ein solches Verbot erfordere jedoch belastbare verfassungsrechtliche Nachweise extremistischer Tendenzen sowie eine unabhängige gerichtliche Prüfung. Adrian räumt ein, dass es innerhalb der FWG hierzu unterschiedliche Einschätzungen gibt: „Einige Mitglieder begrüßen das Verfahren als klares Signal gegen Rechtsradikalismus, andere sehen darin die Gefahr einer Einschränkung der Meinungsfreiheit“, fasst er die interne Diskussion zusammen. Maßgeblich bleibe das ausgewogene Zusammenspiel von Grundrechtsschutz und Rechtsstaatlichkeit. Die Auseinandersetzung mit der AfD müsse auf sachlicher Ebene erfolgen, ist Adrian überzeugt.

„Es kann nicht zum Begriff der Demokratie gehören, dass sie selbst die Voraussetzungen für ihre Beseitigung schafft.“
Jan Hellinghausen (SPD) steht hinter der Einleitung eines AfD-Verbotsverfahrens.

Das sagen Bündnis 90/Die Grünen: Für Anna Neuhof ändert sich trotz einer „Stillhaltezusage“ bis zu einer gerichtlichen Klärung nichts an der grundsätzlichen inhaltlichen Feststellung des Bundesamtes für Verfassungsschutzes. „Die Grünen fordern eine effektiv arbeitende Bund-Länder-Arbeitsgruppe, um ein Verbotsverfahren vorzubereiten und einzuleiten. Entscheidend ist, beweiskräftig, belastbar und in einem ambitionierten Zeitrahmen die Voraussetzungen des Artikels 21 des Grundgesetzes zu erfüllen“, wird die Fraktionsvorsitzende der Partei im Kreistag deutlich. Dieser besage kurzgefasst: Verfassungswidrig ist, was die freiheitlich demokratische Grundordnung beeinträchtigt oder beseitigt. „In diesem Sinn ist der Beschluss des SPD-Parteitages zu unterstützen“, so Neuhof.

Das sagt die FDP: Eine konträre Meinung vertritt der Kreisvorsitzende der Liberalen, Christian Chahem. „Wir als FDP im Kreis Altenkirchen halten nichts von einem möglichen AfD-Verbotsverfahren. Ich bin davon überzeugt, dass man die AfD nur durch gute politische Arbeit wieder klein bekommt“, so seine Einschätzung. Die größte Oppositionspartei könne man mal nicht so eben „verbieten“. „Ich befürchte, dass ein Verbotsverfahren am Ende nur den ,Opfermythos’ der AfD verstärkt und deren Stammklientel weiter mobilisiert. Obendrauf kommen noch die hohen juristischen Hürden und die lange Dauer eines solchen Verfahrens“, führt er aus. Die Probleme und Sorgen der Menschen müssten aus der Mitte der Gesellschaft heraus gelöst werden – dann werde die AfD ganz von selbst wieder klein, so Chahem.

Das sagen die Linken: „Wir bewerten den Beschluss der SPD auf ihrem Bundesparteitag bezüglich der Einleitung eines AfD-Verbotsverfahrens als einen Schritt in die richtige Richtung“, sagt der Kreisvorsitzende Udo Quarz. Der AfD gehe es nicht darum, mit den besseren Argumenten und Lösungsvorschlägen die Lebens- und Arbeitsbedingungen der Menschen zu verbessern, sondern ihr gehe es um die Zerstörung der freiheitlich-demokratischen Grundordnung, so seine Überzeugung. Quarz macht bei der AfD ein autokratisches Gesellschaftsbild sowie eine unsoziale, menschenverachtende und unwissenschaftliche Politik aus. „Es muss klar sein, die Demokratie überlebt eine Machtbeteiligung von Rechtsextremen wie der AfD nicht“, legt er nach. Es könne nicht akzeptiert werden, dass eine vom BfV als gesichert rechtsextremistisch eingestufte Partei „unsere Demokratie von innen bekämpft und zerstört“.

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