Amtsgericht Betzdorf
Drogen sind nicht das einzige Problem des Angeklagten
Hat ein 22-Jähriger Drogen in ein Gefängnis geschmuggelt? Um diesen Tatvorwurf geht es derzeit unter anderem bei einer Verhandlung am Amtsgericht Betzdorf.
Thomas Leurs

Ein 22-Jähriger steht vor dem Betzdorfer Amtsgericht. Ihm werden unter anderem Drogenbesitz, Widerstand gegen Pfleger und Drogenschmuggel vorgeworfen. Doch weil ein wichtiger Zeuge fehlt, muss der Prozess vertagt werden.

Die Liste der Anklagepunkte ist lang, die Staatsanwältin Jessica Zimmermann im Schöffensaal des Betzdorfer Amtsgerichts verliest. Dem 22-jährige Andreas S. (Name geändert) wird vorgeworfen, im Februar 2022 im Jugendmaßregelvollzug in Klingenmünster – das ist eine kleine Ortsgemeinde im Süden von Rheinland-Pfalz, unweit der französischen Grenze – gegen Pfleger ausfällig geworden zu sein. Zudem ist er noch mehrfach wegen des Besitzes von Betäubungsmitteln angeklagt. Und zu guter Letzt soll Andreas S. im November 2023 Drogen in die Vollzugsanstalt Ravensburg geschmuggelt haben. Der Angeklagte bestreitet den letzten Vorwurf.

„Mein Leben war schon immer schwer“, beginnt Andreas S. Richterin Dedekind über sich zu erzählen. Er sei bei seinen Großeltern groß geworden. Und habe schon früh angefangen, „Scheiße zu bauen“. „Ich habe zum Beispiel mit Freunden geraucht, während die anderen in die Schule gegangen sind“, sagt der 22-Jährige. Zum Ende seiner Grundschulzeit sei er in eine Wohngruppe gekommen. Mit elf Jahren habe er den ersten Kontakt mit Drogen gehabt, erst Cannabis, dann ein Jahr später Amphetamin.

Schwieriger Start ins Leben

Die Schule habe er vor gut zehn Jahren ohne einen Abschluss verlassen und daraufhin auch keine Ausbildung begonnen. „Ich hätte schon Bock zu arbeiten“, sagt er der Richterin. Aber es gebe keine Stelle, die ihn fördere, die ihn so nehme, wie er sei. Von den Drogen will er nicht lassen, das gibt er offen im Gericht zu. Zumindest aktuell nicht. Der Konsum sei aber nicht mehr täglich, wie früher. Mit dem Amphetamin und Cannabis wolle er aufhören.

Zum Vorfall in Klingenmünster sagen zwei Pfleger, die an dem Tag anwesend waren, aus. Andreas S. sollte wegen der Übergabe kurz auf sein Zimmer, was dieser aber nicht wollte. „Es hat sich dann hochgeschaukelt“, sagt einer der Pfleger. Irgendwann habe man den Angeklagten dann in seinem Zimmer eingeschlossen. Das habe ihn aber nicht beruhigt. Er habe sich dann über die Sprechanlage weiter beleidigend und bedrohlich verhalten, so der andere Pfleger, der als Zeuge ausgesagt hat. Er soll auch angefangen haben, Dinge in seinem Zimmer zu zerstören und sich in einer Ecke versteckt haben, von der man ihn über die Überwachungskamera nicht sehen konnte.

Heimlich Drogen für einen Freund in Vollzugsanstalt geschmuggelt?

Als dann die Pfleger in den Raum gingen, um Andreas S. zu beruhigen, mussten sie ihn zu Boden bringen. Dabei hat sich der Angeklagte heftig gewehrt und soll einen Kollegen der Pfleger am Ellenbogen verletzt haben.

Und zuletzt geht es noch um den Vorwurf des Drogenschmuggels in die Justizvollzugsanstalt in Ravensburg, den der Angeklagte aber bestreitet. Die Anklage stützt sich dabei auf einen Brief eines Insassen der Anstalt. Dieser habe Andreas S. geschrieben und ihn darum gebeten, ihm Drogen und ein Handy in die Anstalt zu schmuggeln. Doch Andreas S. beteuert, es nicht getan zu haben. Es stehen hier Aussage gegen Aussage. Klarheit könnte der Briefeschreiber bringen. Der war auch offiziell geladen, doch nicht zur Verhandlung erschienen. So bleibt der Richterin nichts anderes übrig, als den Prozess zu verschieben. Er soll am Dienstag, 18. Februar, um 14 Uhr wieder aufgenommen werden.

Der Prozess soll auch Klarheit darüber bringen, ob der Angeklagte tatsächlich Drogen in die Justizvollzugsanstalt Ravensburg geschmuggelt hat.
Felix Kästle. picture alliance/dpa

Der Bewährungshelfer des Angeklagten beschreibt Andreas S. als eine Person, die nur wenige an sich ran lässt. „Die Erfahrungen mit staatlichen Institutionen war nicht so gut“, sagt er. Während die Kontaktaufnahme anfangs etwas schleppend verlaufen sei, habe Andreas S. das Instrument der Bewährungshilfe relativ gut genutzt. Der Bewährungshelfer attestiert dem Angeklagten „ein ausgeprägtes Suchtproblem“. Der Drogenkonsum sei das Bindeglied zu seiner sozialen Gruppe. Wenn er also keine Drogen mehr nimmt, ist er wieder allein. „Bleibt zu hoffen, dass er jemanden kennenlernt, der ihm hilft, da herauszukommen“, sagt der Bewährungshelfer. Sonst werde es bei ihm immer wieder zu Straftaten kommen.

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