Was wird aus Kirchener Klinik?
DRK-Rückzug: Das Warten auf den Insolvenzverwalter
Um die Zukunft des Krankenhauses in Kirchen geht es am Montag auch in der Sitzung des Kreisausschusses in Altenkirchen.
Markus Kratzer

Herrscht in 14 Tagen Klarheit? Langsam läuft die Zeit ab für den Insolvenzverwalter, seine Pläne unter anderem für die bisherigen DRK-Standorte Kirchen, Altenkirchen und Hachenburg auf den Tisch zu legen. 

Wenn sich am Montagnachmittag der Kreisausschuss in Altenkirchen in nicht-öffentlicher Sitzung mit der Situation des Krankenhauses in Kirchen beschäftigt, dürfte es auch um die Ankündigung des DRK-Landesverbandes gehen, sich in Rheinland-Pfalz aus dem Krankenhausgeschäft zu verabschieden. Was bedeutet diese Entscheidung für die stationäre medizinische Versorgung im AK-Land? Was für den Neubau eines Westerwaldklinikums? Wir haben an Sieg und Wied Stimmen eingesammelt.

„Für uns als Landkreis ist die Situation zunächst unverändert. Aktuell liegt der Ball im Feld des Insolvenzverwalters“, betont Landrat Peter Enders auf Anfrage unserer Zeitung. „Und wenn sich eben kein Träger für das Krankenhaus Kirchen findet, ist der Kreis in der Pflicht“, stellt er mit Blick auf den Sicherstellungsauftrag fest. Gleiches gelte für die Kinder- und Jugendpsychiatrie in Altenkirchen, hier sei dann der Westerwaldkreis mit im Boot, ergänzt Enders. „Der Kreis steht Gewehr bei Fuß“, bringt es der Landrat auf einen knappen Nenner.„Natürlich führen wir viele Gespräche, aber eben nicht auf dem Marktplatz. Und man wird dann in absehbarer Zeit auch wissen, ob dem Insolvenzverwalter Angebote vorliegen“, so Enders. Nachgefragt, wann er damit rechnet, spricht der Landrat von „rund 14 Tagen“.

„Einen Träger für ein Westerwaldklinikum in Müschenbach kann ich nicht erkennen.“
Landrat Peter Enders

Was den Komplettrückzug des DRK aus der Krankenhauslandschaft in Rheinland-Pfalz angeht, zeigt das für den promovierten Mediziner die komplizierte Gesamtgemengelage des Gesundheitswesens. Für den Westerwald stelle sich dabei die Frage, ob man völlig neu nachdenken muss. „Einen Träger für ein Westerwaldklinikum in Müschenbach kann ich nicht erkennen. In meinen Augen macht es Sinn, über eine Neuaufteilung von Disziplinen nachzudenken, auch unter Einbeziehung der Kinder- und Jugendpsychiatrie am Standort Altenkirchen und das dort gut angelaufene MVZ“, argumentiert Enders. Die drei Westerwälder Landräte haben demnach ein weiteres Gespräch mit Gesundheitsminister Clemens Hoch vereinbart.

Hochs Vorgängerin im Amt, die heutige SPD-Landeschefin Sabine Bätzing-Lichtenthäler, nennt den Rückzug des DRK aus dem Krankenhausbetrieb im Gespräch mit unserer Zeitung eine „traurige und insbesondere mit Blick auf das DRK, das zuletzt mehrfach Ankündigungen nicht umsetzen konnte, eine enttäuschende Nachricht“. Wichtig für die Menschen in den betroffenen Regionen sei nun zunächst, dass die Patientenversorgung während der laufenden Insolvenz erhalten bleibt und laut Aussage des DRK auch die Gehälter der Beschäftigten vorerst gesichert seien.

„Ich bin hoffnungsvoll, dass am Ende dieses Prozesses positive Ergebnisse für die Menschen im Westerwald stehen können.“
SPD-Landechefin und Ex-Gesundheitsministerin Sabine Bätzing-Lichtenthäler

Für die Lage der Kliniklandschaft im Westerwald bedeute die neue Situation konkret, dass es weiter die Arbeit des Insolvenzverwalters abzuwarten gelte. „Ich bin hoffnungsvoll, dass am Ende dieses Prozesses positive Ergebnisse für die Menschen im Westerwald stehen können. Dies gilt explizit auch für die nun neu betroffene DRK Kamillus-Klinik in Asbach“, so Bätzing-Lichtenthäler weiter.

Sowohl auf Kreis- als auch auf Landesebene wolle sie sich dafür einsetzen, den betroffenen Standorten Unterstützung anzubieten und mit den Häusern und Menschen in der Region im engen Gespräch zur Gesundheitsversorgung zu bleiben, betont sie. „Es ist absolut nachvollziehbar, dass die Veränderungen Sorgen aufwerfen. Aber ich bin überzeugt, dass am Ende des Prozesses auch dank der Krankenhausreform des Bundes eine tragfähige und zukunftsfeste Lösung für den Westerwald steht“, so die heimische SPD-Politikerin.

„Der Schnitt kommt nicht unerwartet und ist letztlich konsequent.“
Andreas Hundhausen (SPD), Bürgermeister der VG und der Stadt Kirchen

Ausdrücklich begrüßt sie, dass das Ministerium für Wissenschaft und Gesundheit nicht nur mit dem Insolvenzverwalter in engem und kontinuierlichem Austausch stehe, sondern auch mit anderen Trägern intensive Gespräche über die nötige Neuaufstellung in der Kliniklandschaft generell führe.

Wenig überrascht über den Rückzug des DRK zeigt sich auch Andreas Hundhausen. „Der Schnitt kommt nicht unerwartet und ist letztlich konsequent“, so der Vorsitzende der SPD-Fraktionschef im Kreistag und Bürgermeister der Verbandsgemeinde und der Stadt Kirchen. Wie schon zuvor von ihm herausgestellt, sei ihm wichtig, dass die Mitarbeiter sowie Patienten in den Fokus gerückt werden müssten. „Wir brauchen eine gute stationäre Versorgung hier vor Ort“, so Hundhausen. Gerade am Standort Kirchen seien viele Arbeitsplätze unmittelbar, aber auch mittelbar, mit dem Krankenhaus verbunden, so der Sozialdemokrat, der Vorsitzender des Freundes- und Förderkreises für das Krankenhaus Kirchen ist.

„Wie müssen jetzt auf den Weißen Ritter warten.“
Der CDU-Landtagsabgeordnete und Gesundheitsexperte Michael Wäschenbach

Sein Stellvertreter, der CDU–Landtagsabgeordnete Michael Wäschenbach, sagt unserer Zeitung mit Blick auf einen möglichen neuen Träger: „Wir müssen jetzt auf den Weißen Ritter warten.“ Für den Christdemokraten ist der angekündigte DRK-Rückzug nachvollziehbar aufgrund vieler Managementfehler, die aus seiner Sicht in der Vergangenheit begangen worden seien. Vielleicht habe auch eine Rolle gespielt, dass man zu der Erkenntnis gekommen sei: „Wir haben nicht hinreichend genug Fachpersonal“. Zumindest perspektivisch zeigt sich Wäschenbach optimistisch. Die Krankenhausreform werde deutliche Verbesserungen in der Krankenhausversorgung bringen und sie lukrativer machen durch die Abkehr vom System der Fallpauschalen hin zu einer Vorhaltevergütung.

„In dieser kritischen Phase ist es entscheidend, dass Verantwortung übernommen wird und schnell tragfähige Lösungen gefunden werden, fordert der Mediziner Klaus Kohlhas, FDP-Fraktionschef im Kreistag und zudem stellvertretender Vorsitzender des DRK-Kreisverbandes. „Die Insolvenz der DRK-Trägergesellschaft Rheinland-Pfalz stellt Mitarbeitende, Patienten und die gesamte Region vor große Herausforderungen“ konstatiert er. Die im vergangenen Juli von ihm erhobene Rücktrittsforderung an die Geschäftsführung der DRK-Krankenhausträgergesellschaft sei Ausdruck des massiven Unmutes über das Krisenmanagement der zurückliegenden Monate gewesen. „Die anhaltende Ignoranz gegenüber den berechtigten Anliegen der Mitarbeitenden und das Fehlen einer klaren Strategie zur Zukunftssicherung der Einrichtungen hatten und haben zu erheblichem Vertrauensverlust geführt“, ist Kohlhas überzeugt.

„Es muss etwas mit Management zu tun haben, wenn das DRK hierzu nicht in der Lage ist.“
Kreistagsmitglied Ralf Käppele von der Bürgerinitiative „Gute Gesundheitsvorsorge im Raiffeisenland“

Gerade in einem Insolvenzverfahren, das maßgeblich über die Zukunft zahlreicher Arbeitsplätze und die medizinische Versorgung in der Region entscheide, seien Führungskompetenz, Transparenz und konstruktiver Dialog unerlässlich. „Jetzt gilt es, in enger Abstimmung mit dem Insolvenzverwalter rasch Lösungen zu entwickeln, die sowohl den Beschäftigten als auch den Patienten Sicherheit geben“, fordert er. Die medizinische Versorgung dürfe unter den wirtschaftlichen Schwierigkeiten nicht leiden. „Alle Beteiligten, und da spreche ich in erster Linie Gesundheitsminister Hoch an, aber auch die kommunalen Gremien in beiden betroffenen Landkreisen müssen an einem Strang ziehen, um tragfähige Konzepte für eine Fortführung oder eine sinnvolle Neustrukturierung zu erarbeiten“, so Kohlhas abschließend.

Mit Kritik am DRK spart auch nicht Ralf Käppele von der Bürgerinitiative „Gute Gesundheitsvorsorge im Raiffeisenland“. „Ein Blick in die nähere Umgebung zeigt, dass ein anderer Träger in der Lage ist, auch bei bundesweit angespannter Situation die Häuser in Dierdorf und Selters zu führen. Es muss etwas mit Management zu tun haben, wenn das DRK hierzu nicht in der Lage ist“, so das Kreistagsmitglied auf Anfrage. Anstatt über eigenes Versagen nachzudenken, versuche die Führung aus dem Präsidenten des DRK-Landesverbandes, Rainer Kaul, und dem Aufsichtsratsvorsitzenden der DRK-Trägergesellschaft Süd-West, Manuel Gonzalez, jetzt noch die Schuldigen bei der Rheinischen Zusatzversorgungskasse und dem Umstand zu suchen, dass die kommunalen Kliniken aus Steuermitteln bezuschusst würden, das DRK von dieser Geldquelle aber abgeschnitten sei, „Schon vergessen, dass die Bundesagentur für Arbeit in der ersten vorläufigen Insolvenz vom 8. August 2023 Gehälter in Höhe von rund 33 Millionen Euro aus Mitteln der Beitragszahler erbracht hat?“, rechnet Käppele vor. Auf der anderen Seite seien Millionenbeträge „offensichtlich für Beraterfirmen (BRL und Consilium) und sinnfreie Sanierungskonzepte (WMC Healthcare) ausgegeben worden“, so sein Vorwurf.

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