Drei Semester fast nur online: RZ-Mitarbeiterin Lina Sophie Schmidt beschreibt ihren studentischen Alltag in Corona-Zeiten
Drei Semester fast nur online: RZ-Mitarbeiterin Lina Sophie Schmidt beschreibt ihren studentischen Alltag in Corona-Zeiten
Auch für Lina Sophie Schmidt hat sich der Studienalltag in den zurückliegenden drei Semestern massiv verändert.
privat

Corona hat so gut wie alle Bereiche des gesellschaftlichen Lebens mehr oder weniger auf den Kopf gestellt. Kontaktverbote und Ausgangsbeschränkungen, um nur zwei Auswirkungen zu nennen, haben das Berufs- wie Privatleben vieler beeinflusst. Da bilden auch Studierende keine Ausnahme. Unsere Mitarbeiterin Lina Sophie Schmidt, selbst Studentin, beschreibt heute ganz persönlich, wie sich ihr Alltag seit Ausbruch der Pandemie verändert hat.

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Auch für Lina Sophie Schmidt hat sich der Studienalltag in den zurückliegenden drei Semestern massiv verändert.
privat

„Unter ,normalen' Bedingungen ist das Studium eine Zeit, die geprägt ist durch Freiheit, neue Eindrücke, das Kennenlernen fremder Menschen und Städte und die Weiterentwicklung und Formung des eigenen Charakters. Wer dieser Tage ein Universitätsgebäude betritt, erlebt das Gegenteil.

Statt vollen Gängen und einem stetigen Menschenstrom aus verschiedenen Gruppen von Studierenden prägen seit über einem Jahr leer gefegte Hörsäle und verschlossene Nebentüren das Wahrnehmungsbild. Ich studiere mittlerweile im vierten Mastersemester Komparatistik (Vergleichende Literatur- und Kulturwissenschaften) an der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn.

Ohne meinen Nebenjob als wissenschaftliche Hilfskraft bestünde für mich gar kein Grund für die spärlichen Besuche des Hauptgebäudes. Die vergangenen drei Semester habe ich fast nur im Onlinemodus erlebt.

Für viele Studierende ist ihre aktuelle Situation in der Corona-Pandemie sehr belastend. Und das bedeutet nicht, dass sich die jungen Leute nur nach Partys, Discos und Festivals sehnen. Nach einem Jahr Pandemie sind es vor allem die finanzielle Ungewissheit, die studientechnische Perspektivlosigkeit und der fehlende soziale Austausch, die vielen zu schaffen machen. Eine gute Freundin schrieb mir, dass sie sich unter den jetzigen Bedingungen deutlich mehr Druck ausgesetzt fühlt, da eine ständige Ungewissheit in Bezug auf die Zukunft herrscht.

Mit Kontaktbeschränkungen und Onlinelehre ist es besonders für Erstsemester äußerst schwer, Kommilitonen kennenzulernen und sozialen Anschluss zu finden. Dabei ist es egal, ob man für sein Studium in eine fremde Stadt gezogen ist oder sich der Auszug durch den Onlineunterricht verzögert: So haben sich die meisten ihr Studium, die eigentlich schönste Zeit des Lebens, nicht vorgestellt.

Um den Neulingen unter die Arme zu greifen, haben wir im vergangenen Wintersemester das institutsinterne Study-Buddy-Programm ins Leben gerufen. Über Zoom haben wir uns über die Hürden zu Beginn des Studiums und die nicht existenten Möglichkeiten unterhalten, neue Leute kennenzulernen.

Zu diesen Sorgen der ,Erstis' kamen die fehlende Perspektive für Öffnungsschritte an den Universitäten sowie das Gefühl, die Situation für Studierende werde im öffentlichen Diskurs nicht repräsentiert. So wird oft über Schulkonzepte, Teststrategien für Unternehmen und Beschränkungen zum Schutz älterer Menschen diskutiert, die Lage der Studierenden wird jedoch völlig außenvorgelassen.

Dabei wird oft unterschätzt, dass auch Universitäten Strategien erarbeiten können, um auf sichere Weise schrittweise in den Präsenzunterricht zurückzukehren oder Hybridlehre anzubieten. Denn obwohl sich die Dozenten viel Mühe mit der Planung und Umsetzung der Onlinelehre geben, können solche Formate nicht an die Vorteile einer Präsenzlehre heranreichen.

Der Austausch unter Studierenden zwischen Seminaren und spontane Treffen nach Vorlesungen waren in Präsenz stets wertvoll. Auf diese Weise konnte man das angeeignete Wissen vertiefen, neue Blickwinkel einnehmen und den sozialen Austausch stärken. All das kann unter den aktuellen Voraussetzungen nicht geleistet werden.

Während der Onlineseminare sind die Teilnehmer in den kleinen Kacheln stets stumm geschaltet, manche lassen zusätzlich die Videofunktion ausgeschaltet. So kann keine fruchtbare Diskussion entstehen. Hinzu kommen oftmals technische Verbindungsprobleme.

Ich wohne mit zwei weiteren Mitbewohnern in einer WG, wir teilen uns einen Netzwerkanschluss. Wenn wir gleichzeitig Zoom-Seminare haben, kommt es öfters vor, dass die Übertragung stockt. Nach drei Semestern Onlinelehre habe ich gemerkt, dass mir das Studium auf diese Weise deutlich weniger Spaß macht als zuvor. Ohne Austausch mit Kommilitonen, ohne sozialen und sportlichen Ausgleich und ohne Repräsentation der Studierenden in den Medien macht einen die Situation ganz schön mürbe.

Eine Rückkehr in die Präsenzlehre werde ich persönlich nicht mehr mitbekommen. Trotzdem wünsche ich mir für alle Studierenden, dass eine Rückkehr zur Normalität im Unibetrieb ab dem kommenden Wintersemester wieder möglich ist. Die Hoffnung liegt in der Hinsicht ganz klar auf den Impfstoffen.“

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