Mehrfach war das Dorf Ziel eines Vandalen geworden, der im vergangenen Herbst Hakenkreuz-Schmierereien auf Stromkästen, Gebäuden oder auch einer Bushaltestelle gesprüht hatte. Nachdem es den Winter über keine ähnlichen Taten im Ort gegeben hatte, stellte sich Ortsbürgermeister Harald Dohm darauf ein, dass „der Spuk ein Ende hat“, wie er unserer Zeitung gesagt hatte. Doch die Hoffnung sollte sich als bitterlicher Trugschluss herausstellen: Eine Bewohnerin entdeckte hinter ihrem Haus vergangene Woche eine zwei Meter hohe Hakenkreuz-Konstruktion.
Am Freitag fiel dem Dorf schließlich kollektiv eine unermessliche Last von der Seele. Die Polizei konnte einen Verdächtigen ausfindig machen, der mutmaßlich für die Serie an Hakenkreuz-Schmierereien und jüngst für die Metallkonstruktion, die dem Nazi-Symbol, nachempfunden gewesen war, verantwortlich gewesen sein könnte. „Die Nachricht hat sich wie ein Lauffeuer verbreitet im Dorf. Für die Bürger war das ein Segen. Die Leute atmen auf“, so Ortsbürgermeister Harald Dohm auf Anfrage unserer Zeitung. Das liegt nicht nur daran, dass die Behörden davon ausgehen, dass es sich um einen einzigen Täter handele und keine extremistische Gruppe verantwortlich sei.
Täter handelte offenbar ohne fremdenfeindliche Motivation
Offenbar seien die Taten also nicht politisch motiviert, so der Ortsbürgermeister. Vorbehaltlich weiterer Ermittlungsergebnisse geht die Kriminaldirektion Koblenz derzeit eher von einem Einzeltäter ohne verfestigte fremdenfeindliche Motivation aus, wie es in der entsprechenden Polizeimeldung heißt.
Nach der Serie an Schmierereien hatte es ernsthafte Überlegungen im Ort gegeben, eine Demonstration gegen Rechtsextremismus zu organisieren. Die Idee flammte nach der jüngsten Tat im Ortsgemeinderat wieder auf. Man hatte einen Termin nach den Osterferien im Blick. Laut Dohm zeichnet sich nun ab, dass man von dem Vorhaben abrücken könnte.
Hakenkreuz-Schmierereien im Herbst und jüngst eine Metallkonstruktion in Form des Nazi-Symbols – die Taten bislang Unbekannter haben Scheuerfeld in die überregionalen Schlagzeilen gebracht. Wie die Polizei nun mitteilt, dürfte ein 33-jähriger Mann aus dem Landkreis Altenkirchen verantwortlich sein.Hakenkreuz-Symbole in Scheuerfeld: Mutmaßlicher Täter ermittelt
Auf eine Veranstaltung nach den Zeiten der großen Verunsicherung und Fassungslosigkeit unter den Bürgern könnte es nun statt eines Protestsignals gegen Rechtsextremismus auf ein „Fest der Nächstenliebe“ hinauslaufen, so lautet zumindest eine der ersten Ideen von Dohm für ein mögliches Motto für das Event.
Gemeinderat entscheidet über Art einer Veranstaltung als Reaktion auf Taten
Ihm geht es auch darum, den Gemeinschaftssinn im Dorf anzusprechen. Der Sportverein und der Musikverein hätten bereits eine Beteiligung zugesagt. Der Ortsbürgermeister betont allerdings auch, dass die Entscheidung nicht „übers Knie gebrochen“ werden solle. Am heutigen Mittwoch werde der Ortsgemeinderat das Thema behandeln.
Dohm selbst hat in zahlreichen Gesprächen während der vergangenen Tage ausgemacht, dass die überwiegende Mehrheit seiner Gegenüber diesen Ansatz favorisiere. Und das ist seiner Empfindung nach auch darauf zurückzuführen, dass er unter den Bürgern, mit denen er sich über das Thema ausgetauscht hat, eine gewisse Angst ausmacht, dass eine Demonstration eine Gegenveranstaltung provoziere von „Leuten, die man nicht im Dorf haben will“. Stattdessen solle die Ausrichtung eine positive sein.
Die Menschen schüttelten die Ereignisse durch.
Ortsbürgermeister Harald Dohm
Die Stimmung, die ein solches Fest ausstrahlen würde, stünde tatsächlich in krassem Kontrast zu der aufgewühlten Gefühlslage in der Dorfgemeinschaft, die im Zuge der Hakenkreuz-Taten aufgekommen war. „Die Menschen schüttelten die Ereignisse durch“, so der Ortschef. Jeden Tag habe man damit rechnen müssen, am eigenen Haus Nazi-Symbole zu entdecken.
Dohm erinnert daran, dass sich die damalige Serie an Schmierereien über fünf Wochenenden hintereinander gezogen habe. Er selbst habe während dieser Zeit keinen Schlaf gefunden. Hinzu kam, dass Scheuerfeld zuletzt aufgrund der Hakenkreuz-Konstruktion deutschlandweit in die Negativ-Schlagzeilen geraten war – entgegen der politischen Einstellungen, die im Dorf Dohm zufolge vorherrschten.
Insbesondere ältere Mitbürger, die die Nazi-Herrschaft noch miterlebt haben, seien schockiert gewesen und hätten gefragt: „Was haben die Menschen überhaupt aus dieser Zeit gelernt?“