Über digitale Trauerfeiern und das Einbetten in Schutzhüllen: Bestatter Fernando Müller schildert seinen Alltag
Digitale Trauerfeiern und Online-Beratungen: So sieht der Corona-Alltag von Bestatter Fernando Müller aus
Der Altenkirchener Bestatter Fernando Müller hat sich mit seinem Team auf die Veränderungen durch die Pandemie in seiner Branche eingestellt. Er sorgt sich allerdings um die vielen Trauernden, die sich nicht richtig von ihren verstorbenen Angehörigen verabschieden konnten.
Beate Christ

Nur eine kleine Trauergemeinde, wo sonst viele Menschen einem Verstorbenen das letzte Geleit geschenkt hätten und nur eine leise Zeremonie, die ohne Gesang für einen würdevollen Abschied reichen muss: Wenn der Altenkirchener Bestatter Fernando Müller das vergangene Jahr Revue passieren lässt, dann kommen ihm die Menschen in den Sinn, die an oder mit Covid-19 verstorben sind. Und er denkt an all jene, denen das Virus die Möglichkeit des Abschiednehmens genommen hat.

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Der Altenkirchener Bestatter Fernando Müller hat sich mit seinem Team auf die Veränderungen durch die Pandemie in seiner Branche eingestellt. Er sorgt sich allerdings um die vielen Trauernden, die sich nicht richtig von ihren verstorbenen Angehörigen verabschieden konnten.
Beate Christ

In der Branche von Fernando Müller ist seit Beginn der Pandemie viel im Wandel. Die Veränderungen beginnen mit dem eigenen Schutz vor Ansteckung, führen über die Versorgung von Infizierten und reichen bis hin zu der Corona-konformen Gestaltung von Trauerfeiern. Was den jungen Bestatter aber besonders bewegt in diesen Zeiten, ist das Schicksal der Trauernden, die meist nur unter erschwerten Bedingungen Abschied nehmen können. Und selbst das ist einigen Menschen nicht möglich, weiß er zu berichten.

Da war beispielsweise die Beerdigung eines an Corona verstorbenen Mannes. Wochenlang hatte er im Krankenhaus gelegen, ohne Besuch empfangen zu dürfen. Und selbst bei seiner Beerdigung konnte seine Frau nicht dabei sein, weil sich selbst mit dem Virus infiziert hatte. „Es hat einfach jemand gefehlt“ sagt Müller. Und er kann sich kaum vorstellen, wie schwer die Trauerbewältigung für die Witwe des Verstorbenen sein muss.

Fernando Müller versucht alles, dass die Abschiednahme irgendwie im Sinne der Angehörigen geschehen kann. Doch das ist gerade jetzt nicht so einfach. Verstirbt ein an Corona Erkrankter, ist oft ein letzter Besuch der Angehörigen im Krankenhaus oder Altenheim nicht mehr möglich.

Auch darf der Leichnam beispielsweise nicht mehr offen aufgebahrt werden. „Oft ermuntere ich die Angehörigen, mir etwas Persönliches mitzugeben, das ich dann für sie in den Sarg lege“, sagt Müller. Nicht selten ist er derjenige, der den Verstorbenen ein letztes Mal sieht. Und deshalb hört er noch genauer hin, um zu erfahren, was den Angehörigen in dieser schweren Situation gut tut. „Gerade die Kinder haben oft gute Ideen“, weiß er.

So versorgen, wie es sonst üblich ist, darf Müller den infizierten Leichnam übrigens nicht. Zum Schutz muss dieser in eine hygienische Hülle aus Kunststoff und der Sarg wird gründlich innen und außen desinfiziert. Müller ist im ständigen Austausch mit dem Altenkirchener Gesundheitsamt, um immer auf dem aktuellen Stand der Verordnungen zu sein.

„Viele hatten hatten sich zu Beginn der Pandemie vorgenommen, eine Abschiedsfeier nachzuholen. Das ist jetzt kein Thema mehr.“

Fernando Müller über den Wunsch der Menschen, später noch Abschied nehmen zu können.

Er und sein Team schützen sich selbst mit einer speziellen Schutzausrüstung und der Altenkirchener Bestatter ist froh, dass sein Berufsstand nun in die Impfgruppe III aufgenommen wurde. „Obwohl wir fast täglich in Krankenhäusern oder Pflegeheimen unterwegs sind, hatten wir lange keine Impfpriorisierung“, sagt Müller.

Die Abläufe in seinem Bestattungsunternehmen haben sich im Laufe der vergangenen Monate sehr verändert. „Hygiene steht bei uns sowieso an oberster Stelle. Aber nun ist die Desinfektionsrate noch höher geworden. Und in unseren Abschiedsräumen haben wir Luftreinigungsanlagen installiert.“

Auch die Digitalisierung hat im Unternehmen einen größeren Stellenwert als bisher eingenommen. Da finden unter anderem Beratungen online statt, wenn Angehörige sich etwa in Quarantäne befinden. „Sie können sich dann in unserem Kundenportal einloggen und so einen Sarg oder eine Urne aussuchen“, berichtet Müller. Und auch von den Trauerfeiern hat Müller hier und da gefilmt, damit Angehörige, denen eine Teilnahme nicht möglich war, wenigstens so an der Zeremonie teilhaben konnten. Doch auch die hat sich gewandelt.

„Gesang und Blasmusik sind aktuell untersagt und vor allem bei kirchlichen Trauerfeiern war das Singen bis dahin ein fester Bestandteil. Somit sind die Gottesdienste etwas kürzer und wirken für viele Menschen eher kühl.“ Generell, so hat es Müller festgestellt, reagieren die meisten seiner Kunden verständnisvoll auf die Vorschriften. Schwierig wird es für ihn, wenn vielleicht während einer Trauerfeier jemand keinen Mund-Nasenschutz trägt oder der Mindestabstand nicht eingehalten wird. Doch größeren Ärger habe es zum Glück noch nicht gegeben und auch keinen Coronaausbruch nach einer Beerdigung.

Fernando Müller sorgt sich allerdings, dass all diese Veränderungen Spätfolgen nach sich ziehen könnten. Denn nicht nur auf das Trauercafé und die Gemeinschaft im Anschluss an die Beerdigung müsse verzichtet werden. Auch im Nachhinein würden den Trauernden wegen der Kontaktbeschränkungen viele soziale Begegnungen fehlen, Hilfsangebote unterschiedlicher Institutionen konnten auch nicht stattfinden. „Ich hoffe, dass bald wieder mehr Normalität möglich ist, damit die Menschen nicht vereinsamen.“

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