Auto Auch im AK-Landblickt man gespanntauf die Entwicklung
Dieselskandal: Die Verunsicherung fährt mit
Andreas Walz

Kreis Altenkirchen. Auch auf die gebeutelten Dieselfahrer im AK-Land prasseln andauernd neue Hiobsbotschaften herab. Audi hat beim A6 gemogelt, Mercedes wohl mindestens beim Vito. Audi-Chef Rupert Stadler sitzt in Untersuchungshaft, Ex-VW-Chef Martin Winterkorn wird in den USA angeklagt. Zwar kostet die Hardwarenachrüstung von Dieselautos weniger als befürchtet, doch aus Berlin kommen keine Informationen, die Bundesregierung ist im Dieselskandal so gut wie abgetaucht. Und Dieselfahrverbote drohen nach Hamburg zumindest in München und Stuttgart ganz akut. Was ist jetzt zu tun? Dazu geben heimische Experten aus Handel und Dienstleistung Auskunft, mit teils überraschenden Erkenntnissen.

1 Was schlägt der Autohandel jetzt vor?

Hans Werner Norren will angesichts der Krise, dass die Politik einen relativ einfachen Weg einschlägt. „Merkel und Scheuer sollen sich ans Mikrofon stellen und im Bundestag verkünden, dass die Bundesregierung alles dafür tut, dass die Menschen unbesorgt fahren können“, sagt der Präsident des rheinland-pfälzischen Autohandels. Norren angesäuert: „Bei uns ist eine Hysterie angefacht worden, die total überflüssig ist.“ Nach seinen Infos sind die Strecken, an denen die Feinstaubbelastung zu hoch ist, gerade mal 50 Kilometer lang.

Norren hält das Vorgehen der Deutschen Umwelthilfe, die die Gerichtsverfahren angezettelt hat, „für unsinnige Klagerei, ideologisch bedingt“. Eine flächendeckende Nachrüstung der Dieselautos schätzt der Weißenthurmer Händler als schwer realisierbar ein. „Das würde zwei bis drei Jahre dauern, bis dahin hat sich alles erledigt.“ Erledigt, das heißt: Die Großstädte haben ihre Luftreinhaltepläne, denen sie sich verpflichtet haben, umweltverträglich in die Tat umgesetzt.

2 Kann ein Dieselfahrverbot den öffentlichen Personennahverkehr betreffen?

Ein Dieselfahrverbot würde zu großen Problemen beim Personennahverkehr führen, so Geschäftsführer Ralf Haas von „Haas Busreisen“ in Weyerbusch, da viele Personen eben davon auch im Job abhängig sind. In diesem Fall müssten sie auf den Pkw-Verkehr umsteigen. Dies würde den Abgasausstoß im Endeffekt sogar vergrößern. Als logische Konsequenz würde das nach Ansicht des Experten natürlich auch den Busunternehmen selbst schaden. Allzu große Sorgen darüber, zukünftig selbst von dem Dieselfahrverbot betroffen zu sein, hat Ralf Haas jedoch nicht, da er dessen Einführung im ländlichen Raum, wo der Schadstoffausstoß noch nicht die Ausmaße wie in städtischen Gebieten erreicht hat, für eher unwahrscheinlich hält.

3 Gibt es Alternativen zum üblichen Dieselkraftstoff?

Thomas Bellersheim (Neitersen) ist davon überzeugt, dass die Politik „andere Lösungsansätze finden muss“. Es sei infrage zu stellen, ob Diesel ein Problemfall ist. Vor allem vor dem Hintergrund, dass, so Bellersheim, „nur 14 Prozent der Feinstaubbelastung vom Straßenverkehr emittiert wird, darunter 7 Prozent vom Verbrennungsmotor“, sagt der Geschäftsführer einer Kette von Tankstellen im nördlichen Rheinland-Pfalz und in Nordrhein-Westfalen. Sogar im Dieselsegment selbst gebe es umweltfreundliche Alternativen. Dazu zählt Shell GTL, ein innovativer synthetischer Dieselkraftstoff, der aus Gas hergestellt wird. Seine Firma hat den Stoff, aus dem die Anbieterträume sind, bereits städtischen Verkehrsbetrieben angeboten. Der Liter kostet allerdings rund 5 Cent mehr als herkömmlicher Diesel. Bellersheim stellt jedoch noch eine grundsätzliche Frage, auf die er bislang noch keine Antwort erhalten hat: „Zu fragen ist generell, wie der Tagesgrenzwert von 40 Mikrogramm pro Kubikmeter Stickstoffoxid zustande gekommen ist, wenn allein die Sonneneinstrahlung durch die Erwärmung des Bodens schon so viel Feinstaub verursachen kann.“ Von möglichen Fahrverboten in den Großstädten wären viele betroffen: Lkw, der Lieferverkehr, Handwerker sowie Pendler und Familien. Die Industrie muss sich nach Auffassung Bellersheims bei der Umrüstung der Euro-5-Diesel beteiligen und stärker in die Pflicht genommen werden. „Sie hat die Sache verbockt.“

4 Was ist der Königsweg, und gehen alle mit?

Nachdem jetzt durchgesickert ist, dass die Nachrüstung mit einem neuen Mechanismus, der den Feinstaubausstoß minimiert, lediglich 3000 statt 5000 Euro kostet, richtet sich die Aufmerksamkeit auf die Akteure. Übernimmt die Industrie einen Teil der Kosten im Bedarfsfall? Hans-Werner Norren kann sich dies schlecht vorstellen. Der Präsident des rheinland-pfälzischen Autohandels meint: „Man kann sie nicht per Gesetz verpflichten, zumal staatliche Behörden die Testserien immer gutgeheißen haben.“ Ausnahme: VW, der Konzern, der die meisten Negativschlagzeilen im Dieselskandal schrieb. Und wie sehen es die Dieselfahrer? Da gehen die Meinungen stark auseinander. In dieser Debatte ist das Ende der Fahnenstange noch nicht zu sehen.

Von Thomas Brost und Sebastian Pixberg

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